2024-04-25T14:35:39.956Z

WM 2014

"Man kann Herrn Rodriguez keinen Vorwurf machen"

INTERVIEW: Kreislehrwart Martin Reitz im Gespräch

GIESSEN - (srd). Die Leistungen der Schiedsrichter sind während dieser Weltmeisterschaft ein größeres Thema. Zuletzt ließen die Unparteiischen des Viertelfinalduells zwischen Brasilien und Kolumbien eine sehr ruppige Gangart zu, der Superstar Neymar zum Opfer fiel. Im Gespräch mit dem Gießener Anzeiger äußert sich Kreislehrwart Martin Reitz unter anderem zum Niveau der WM-Schiedsrichter und erklärt, warum Deutschland Weltmeister wird.

Die WM-Euphorie in Deutschland könnte derzeit kaum größer sein. Ist Deutschland für Sie heute Abend Favorit?

Martin Reitz: Nach den bisherigen Leistungen würde ich das nicht unbedingt sagen. Man darf auch den Heimvorteil von Brasilien nicht unterschätzen. Und vielleicht gibt es der Mannschaft ja sogar einen zusätzlichen Motivationsschub, dass Neymar nicht mehr dabei ist. Mit einem Spiel auf hohem Niveau rechne ich allerdings nicht.

Apropos Niveau: Brasilien fehlt es derzeit augenscheinlich an Qualität in der Offensive. Rechnen Sie daher mit einer destruktiven Spielweise bei den Brasilianern?

Reitz: Ich glaube, die werden vorsichtig spielen, aber nicht destruktiv. Sicherlich zeigt Brasilien derzeit nicht jenen Ballzauber, der sie jahrzehntelang ausgezeichnet hatte. Aber die haben beispielsweise sehr starke Außenverteidiger, die auch in der Offensive wichtige Impulse setzen können. Auch ohne die absoluten Stürmerstars kann uns Brasilien gefährlich werden.

Rechnen Sie mit einem kleinen Vorteil für Brasilien bei den Schiedsrichtern?

Reitz: Man muss sich doch mal in die Lage eines Schiedsrichters bei einem solchen Spiel hineinversetzen: Wenn 60 000 oder mehr Menschen unaufhörlich aufs Spielfeld brüllen, dann lässt das einen Schiedsrichter nicht kalt. Zudem ist ja bekannt, dass die Brasilianer im Strafraum schon mal gerne fallen. Vor diesem Hintergrund kann es natürlich zu kritischen Entscheidungen kommen.

Schiedsrichter der Partie ist Marco Rodriguez, der die Beißattacke von Uruguays Luis Suarez übersehen hat ...

Reitz: Was heißt denn übersehen? Die Aktion hat sich doch abseits des Spielgeschehens ereignet. Das heißt, dass der Schiedsrichter seinen Fokus woanders haben musste. Solche Situationen sind blöd, aber sie können passieren. Da kann man Herrn Rodriguez keinen Vorwurf machen.

Hat es Sie erschrocken, dass es in der Vorrunde so viele kapitale Fehlentscheidungen gab?

Reitz: Erschrocken nicht, aber es hat mir natürlich wehgetan. Teilweise hängt das sicher damit zusammen, dass einige Länder bei der Weltmeisterschaft vertreten sind, deren Schiedsrichter so ein hohes Spielniveau überhaupt nicht gewohnt sind. Es wäre aber die falsche Schlussfolgerung, dass dann eben manche Länder künftig nicht mehr mit Schiedsrichtern vertreten sein dürfen. Nichtsdestotrotz kann ich es nicht nachvollziehen, dass unser Schiedsrichter Felix Brych bislang erst zweimal pfeifen durfte. Der ist super ausgebildet, pfeift in einer der stärksten Ligen der Welt und hat mehr Einsätze verdient.

Was hat Sie während dieser Weltmeisterschaft am meisten überrascht?

Reitz: Viele dachten ja, dass die südamerikanischen Teams einen Vorteil haben, weil sie mit dem Klima besser zurechtkommen würden. Das scheint aber nicht der Fall zu sein – auch die Brasilianer haben mit den Bedingungen sehr zu kämpfen. Das ist für mich überraschend.

Wer wird Weltmeister und warum?

Reitz: Deutschland! Weil wir ein stabiles Team haben, das klassische deutsche Tugenden an den Tag legt und insbesondere im läuferischen Bereich einen sehr guten Eindruck macht.
Aufrufe: 08.7.2014, 10:00 Uhr
Daniel SeehuberAutor