2024-04-25T10:27:22.981Z

Allgemeines
Der Ehrenvorsitzende und sein Nachfolger: Michael Reichert (rechts) folgt im Amt des Vorsitzenden des Fußballkreises Oberhavel/Barnim auf Wilfried Riemer. © Foto: Stefan Zwahr
Der Ehrenvorsitzende und sein Nachfolger: Michael Reichert (rechts) folgt im Amt des Vorsitzenden des Fußballkreises Oberhavel/Barnim auf Wilfried Riemer. © Foto: Stefan Zwahr

"Es muss hinterfragt werden, ob alles noch zeitgemäß ist"

Michael Reichert ist neuer Chef des Fußball-Kreises Oberhavel-Barnim - er will den Dialog mit den Vereinen aktiver suchen, als das bisher geschehen ist.

Der Machtwechsel ist vollzogen. Michael Reichert ist neuer Vorsitzender des Fußballkreises Oberhavel/Barnim. Der 54-Jährige wurde am Sonnabend beim Kreistag in Bernau mit 59,57 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Wilfried Riemer gewählt. Er verspricht einige Änderungen.
„Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis. Es ist eine ehrliche Wahl gewesen, weil sie geheim war.“ Von den 97 Stimmberechtigten traten 94 an die Wahlurne. Bei zehn Enthaltungen und 28 Nein-Stimmen sprachen sich 56 Delegierte für Reichert aus.

Dieser freute sich darüber, „dass es von der Disziplin und Atmosphäre ein sehr gelungener Kreistag war“. Nach dem geplatzten Schiedsrichter-Kreistag in Oranienburg, wo Mitte Mai aufgrund zu geringer Teilnahme nicht gewählt werden konnte, hatte es Kritik gegeben. Schiedsrichter Karl-Heinz Eberwein brachte vor wenigen Tagen in einem weiteren Schreiben an alle Vereine und Funktionäre des Fußballkreises seinen Unmut zum Ausdruck. Die Veranstaltung in Bernau verlief aber ruhig.

„Das hat mich schon überrascht“, räumte Wilfried Riemer ein. „Gerade in Bezug auf den Schiedsrichter-Kreistag habe ich mit was anderem gerechnet. Aber es war alles rechtlich sauber, das haben wir durch Vereinsjuristen geprüft.“ Reichert, der zuletzt als Vorsitzender des Schiedsrichter-Ausschusses fungierte: „Ich war darauf eingestellt, dass Sachen zum Tragen kommen, die im Vorfeld lanciert wurden. Darauf wäre ich vorbereitet gewesen. Dass es nicht so kam, freut mich schon.“

Der neue Vorsitzende, der auch Stadtverordneter von Hohen Neuendorf ist, hob lobend hervor, dass viele Vereinsvertreter bei der dreistündigen Veranstaltung in Bernau konstruktiv mitdiskutiert hätten. „Es ist angeklungen, dass wir das Problem der Fun-Gesellschaft haben, was kein Problem von Oberhavel ist.“ Auch daraus würden sich Aufgaben für ihn und sein Team ergeben. „Auf der einen Seite sind immer weniger Leute bereit, Verantwortung übernehmen. Auf der anderen Seite wollen immer weniger in irgendeiner Weise leistungsorientiert Sport treiben.“ Zuletzt habe es viele Spielausfälle gegeben, weil Mannschaften nicht antraten. „Ein Verein begründete die Absage damit, dass die Spieler keinen Bock gehabt hätten. Da müssen wir überlegen, wie wir reagieren wollen.“

Möglicherweise, „und da müssen wir mit den Vereinen in die Diskussion gehen“, könnten aus Sicht von Reichert die Staffelstärken verringert werden. „An 40 von 52 Wochenenden sind wir mit Fußball beschäftigt. Das will nicht jeder. Es ist halt schwer, den Familienvater 40 Mal im Jahr zu zwingen, Fußball zu spielen.“ Der Fußballkreis müsse nun entsprechend reagieren und „die Problematik zur Saison 2019/20 so frühzeitig wie möglich aufnehmen, um die Qualitätssicherung des Spielbetriebes weiter zu gewährleisten“.

In Redebeiträgen wurden Spielgemeinschaften, veränderte Rahmenterminpläne mit längerer Winterpause, kleinere Staffeln und ein neuer Kreispokal-Modus thematisiert. „Es muss hinterfragt werden, ob alles noch zeitgemäß ist“, sagt auch Reichert. „Da müssen wir mit den Vereinen zusammen gemeinsame Antworten finden.“ Er könne sich vorstellen, „dass wir eine Reduzierung der Staffeln machen“. Das sei nicht unbedingt ein Modell für die Kreisoberliga, aber zumindest für die 2. Kreisklassen, wo die Teams nicht ganz so leistungsorientiert würden spielen wollen.

Bleibt Michael Reichert trotz seines neuen Amtes Vorsitzender des FSV Forst Borgsdorf? „Ich bin bis zum Frühjahr kommenden Jahres gewählt.“ Wie es sich dann entwickelt, müsse man sehen. „Für mich steht außer Frage, dass Beides miteinander vereinbar ist. Satzung und Ordnungen schließen es nicht aus.“ Fakt sei: „Sollte es zu Dingen im Vorstand kommen, die Borgsdorf betreffen, melde ich Befangenheit an. Ich sehe da keine Probleme.“

Der Pensionär freut sich auf seine neue Aufgabe. „Mir ist bewusst, dass mir die Verantwortung für 12000 Sportler übertragen wurde und ich sehr große Fußstapfen vorfinden werde. Aber ich bin mir sicher und strebe an, mit der Erfahrung der anderen Mitglieder eine gute Arbeit leisten kann.“ Der Fußballkreis Oberhavel/Barnim sei seit seiner Gründung im Mai 2014 gut zusammengewachsen. „Das ist ein großer Verdienst der Vereine. Das gilt es fortsetzen, um die Qualität des Spielbetriebes auf allen Ebenen zu erhalten. Besonders am Herzen ist mir die Jugendarbeit, weil das die Zukunft ist.“

Hat Wilfried Riemer einen Tipp für seinen Nachfolger? „Er sollte auf alle Fälle eine Nacht schlafen und bei einigen Dingen nicht spontan reagieren. Denn am nächsten Tag siehst vieles oft anders aus. Das würde ich ihm mit auf den Weg geben“, so der gebürtige Usedomer, der aufgrund seiner Verdienste einstimming zum Ehrenvorsitzenden des Fußballkreises gewählt wurde. „Ichfreue mich darüber, dass meine Leistung anerkannt wurde. Mit dieser Ehrung hatte ich nicht unbedingt gerechnet. Ich bin froh darüber, dass meine Arbeit wohl nicht schlecht war.“

Das passierte noch

Ehrungen: Helmut Ploch (FC Kremmen) wurde zum Ehrenschiedsrichter des Fußballkreises Oberhavel/Barnim ernannt. Der 83-Jährige fungiert seit gut sechs Jahrzehnten als Unparteiischer. Die Delegierten stimmten der Einstimmung einstimmig zu.

Versprecher des Tages: Bevor André Stahl für seine Grußworte an das Rednerpult trat, wurde er von Wilfried Riemer angekündigt – als „Bürgermeister von Berlin“. Die Delegierten jubelten. Und das Stadtoberhaupt von Bernau suchte nach den richtigen Worten. „Wir werden Berlin nicht so schnell eingemeinden“, kündigte er an. Riemer klärte schnell auf. „Ich weiß, dass hier viel wert darauf gelegt wird, dass es ,Bernau bei Berlin’ heißt. So kam es zum Versprecher.“

Ordnungspartnerschaft: Polizeioberrat Jens Starigk, zuständig für den Bereich Barnim, sprach über die Kooperation zwischen seiner Behörde und dem Fußballkreis. Diese sei wichtig, schließlich würde es Bereiche geben, „wo es Spannungen in den unteren Liegen gibt“. Die Partnerschaft sei für beide Seiten gewinnbringend. „ich wünsche mir auch mit dem neuen Vorstand eine gute Zusammenarbeit. Wir sollten im Frühherbst zusammentreffen, um Ziele zu formulieren.“

Lobende Worte: Ronald Kühn, Vorsitzender des Kreissportbundes Barnim, richtete Grußworte an die Delegierten. Er betonte, dass der Fußballkreis Oberhavel/Barnim trotz der Reibungspunkte und Schwierigkeiten, die eine Fusion mit sich bringen würde, „einen Grad der Organisation und Professionalität erreicht, der beispielhaft ist“.

Aufrufe: 04.6.2018, 15:00 Uhr
MOZ.de / Stefan ZwahrAutor