2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Lucas Semmlinger (in blau) zieht die Strippen im TBJ-Mittelfeld. F: Zink
Lucas Semmlinger (in blau) zieht die Strippen im TBJ-Mittelfeld. F: Zink

Lucas Semmlinger: Vom Keeper zum Regisseur zum Psychologen

"10er" des TB Johannis 88 gilt als großes Talent +++ Akpinar-Geschichte längst vergessen

Ein echtes Eigengewächs des TB Johannis 88 ist Lucas Semmlinger, den nicht wenige für eines der größten Vereinstalente nach Vorstandssohn Peter Höfler junior halten. Semmlinger, der trotz seines jungen Alters schon zu den absoluten Leistungsträgern im Team zählt, stammt aus einer echten Fußballer-Familie, wie die Verwandtschaftsverhältnisse aufzeigen.

Bereits mit sechs Jahren streifte sich Lucas Semmlinger das TBJ-Trikot über und zog es seither nicht mehr aus. Dass er seine Stärken in der Spielgestaltung hat, davon war in seinem ersten Spiel für die „88er“ noch nicht viel zu sehen. „Da bin ich als Letzter gekommen und musste deswegen gleich mal ins Tor“, erinnert sich Semmlinger an die erste Partie seines Lebens, jedoch nicht mehr an das Ergebnis. Auch in der Folge blieb sein Talent zunächst verborgen, denn „ich stand eigentlich immer da, wo der Ball nicht war“, bemerkt er mit einem Schuss Selbstironie.

Sein Vater Bernhard, der ihn über viele Jahre trainiert und ihm „sehr viel beigebracht“ hat, musste sich also in Geduld üben, bis der Junior sich an den Vereinsfußball gewöhnt hatte und sein verborgenes Talent sichtbar wurde. „Inzwischen hat es sich grundlegend geändert. Heute will ich die ganze Zeit den Ball.“ Noch als A-Jugendlicher durfte er zusammen mit Yannick Brunner unter dem Trainerduo Thomas Gahlert/Peter Wagner sein Debüt in der ersten Mannschaft feiern. Gegen die SpVgg Nürnberg gewann man mit 3:2 und Semmlinger gab zu allen drei Treffern die Vorlage.

Nichts gegen Akpinar, Dogan und Güngör

Schnell wurden freilich auch andere Vereine auf den technisch beschlagenen Offensivmann aufmerksam, vor allem zu der Zeit, als er im Zusammenhang mit der "Akpinar und Co.-Geschichte" eine Auszeit nahm. „Da wurde ich oft angesprochen, für einen Wechsel war es in der Winterpause aber zu kurzfristig.“ Gerade noch rechtzeitig meldete sich dann sein Coach Thomas Foth und teilte ihm die Trennung von dem in Ungnade gefallenen Trio mit. „Eins möchte ich klarstellen. Das Thema ist längst gegessen und persönlich habe ich nichts gegen die Drei. Das wissen sie auch.“

Die Hallenrunde bestritt Semmlinger dann wieder im TBJ-Trikot und flog erst gegen den späteren Sieger Dergahspor (mit Yavuz Akpinar) im Halbfinale aus dem Wettbewerb. „Obwohl ich relativ groß bin, gefällt mir die Halle fast besser als draußen“, sagt Semmlinger, der vor allem mit Edmond Smakaj sehr gut harmonierte. Auch wenn der Start aus dem Winter mit zwei Niederlagen nicht nach Wunsch verlief, ist er von der Leistungsstärke der Truppe überzeugt. „Die Neuen bringen uns weiter. Da sind richtig gute Fußballer dabei.“ An der Abstimmung fehlte es noch, jedes Rädchen schien noch nicht zu greifen, doch am vergangenen Wochenende fuhr die Foth-Elf den ersten Sieg nach dem Winter ein. Wie wichtig Semmlinger für das Team ist, zeigte er mit seinem Treffer zum 1:0 - Endstand 2:0 im Kellerduell gegen den FC Stein.

Fußballerfamilie Semmlinger und Nachtrab

Nicht nur Vater Bernhard hat das Fußballer-Gen in sich, nein fast die komplette Familie ist infiziert. Seine drei Cousins Max, Jörg und Simon Nachtrab sind Säulen beim SV Ornbau, wo deren Vater Michael als Co-Trainer tätig ist. Ebenfalls ein Verwandtschaftsverhältnis besteht zu den ehemaligen Ansbachern Jan und Felix Semmlinger. Die Zwillinge sind Leistungsträger beim Frankenhöhe-Kreisligisten SV Arberg. Zwar steht er mit diesen nicht wirklich in Kontakt, aber eines ist allen gleich. „Unsere Statur liegt uns offensichtlich in den Genen“, sagt der feine Techniker mit einem Augenzwinkern, der am liebsten auf der „10“ oder auf der Außenbahn agiert. Deshalb will er sich in puncto Robustheit und Zweikampfhärte verbessern. „Ich war schon immer sehr, sehr dünn. Deswegen geh ich im Moment drei Mal in der Woche ins Fitnessstudio.“ Verbesserungswürdig hält der schussstarke Offensivmann auch seinen linken Fuß und „das Kopfballspiel – trotz meiner 1,88 Meter.“

Der ehrgeizige Regisseur könnte es sich gut vorstellen auch einmal höherklassig anzugreifen. „Ich würde es mir beweisen wollen. Fußball macht mir total Spaß und ich will mich ständig verbessern.“ Bestens in Erinnerung hat er mit Jonas Raum, der damals über die Jugendabteilung der SpVgg Greuther Fürth inzwischen beim ASN Pfeil/Phönix gelandet ist, und Fabian Schreiner, der es ihm vorgemacht hat und vom Turnerbund in die Landesliga zum TSV Buch gewechselt ist, zwei Spieler, mit denen er besonders gut auf dem Platz harmoniert hat.

Sportpsychologe in den Startlöchern

Semmlinger studiert Psychologie und macht derzeit ein Praktikum am Institut für Sportpsychologie in Köln. Als „sehr spannend“ bezeichnet er das Thema, das für ihn ein kleiner Traum wäre, wenn sein beruflicher Weg in diese Richtung ginge. Der Bereich der Sportpsychologie ist stark im Kommen, denn viele Proficlubs setzen im Gegensatz zu früheren Zeiten auf die ganzheitliche Betreuung ihrer Akteure. Und dazu gehört nun mal nicht nur der Körper, sondern auch der Geist. „Die Bundesligisten setzen auf diese Karte, es ist aber ganz schwer dort hineinzukommen.“

Ein Anfang könnte ja ein Engagement beim TBJ sein, wenn man schon einen angehenden Psychologen in den eigenen Reihen hat. Vielleicht könnte er noch ein paar Prozent herauskitzeln, die letztlich über den Klassenerhalt entscheiden.

Aufrufe: 023.3.2016, 13:12 Uhr
Matthias JanouschAutor