Das alles ist an sich erst einmal nicht verwerflich. Wenn sich aber ein DFB-Präsident bei seinem Amtsantritt mehr Transparenz und Offenheit auf die Fahnen schreibt, dann macht er sich unglaubwürdig, wenn er Nebeneinkünfte verschweigt. Da kann er wie so oft zurückrudern und beteuern, zum Zeitpunkt seiner Wahl zum DFB-Präsidenten noch nicht Vorsitzender des Aufsichtsrats gewesen zu sein. Lippenbekenntnisse gab es in den vergangenen drei Jahren wahrlich genug. Und die jüngsten Vorwürfe sind letztlich nur die Spitze des Eisbergs einer langen Liste von Peinlichkeiten in der Ära Grindel.
Nicht nur, dass der frühere CDU-Politiker eigentlich nur eine Notlösung nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach gewesen war. Seine spröde Art und sein Auftreten machten ihn früh zu einem der wohl unbeliebtesten DFB-Präsidenten. Sein Herumeiern in der Causa Özil/Gündogan, sein inkonsequenter Umgang mit der Aufarbeitung des WM-Desasters in Russland, zahlreiche Kommunikationsfehler, ein peinliches, abgebrochenes Interview mit der Deutschen Welle und nicht zuletzt die verbale Blutgrätsche gegen den Bundestrainer nach dessen Ausbootung der drei Nationalspieler Mats Hummels, Jeróme Boateng und Thomas Müller. An der Basis hatte Grindel ohnehin einen schweren Stand, vorangebracht hat er den Fußball auf keiner Ebene - weder im Profi- noch im Amateurbereich.
Doch was kommt jetzt? Auf keinen Fall der nächste angestaubte Funktionär, der wie Grindel keinen Bezug zur Basis hat. Der größte Sportverband der Welt braucht endlich eine Frischzellenkur. Keine Angst darf man vor einem unverbrauchten Name haben. Es muss ein Mann (oder eine Frau) sein, der/die ernsthaft auch die Interessen der Amateure vertritt. Grindels Nachfolger muss es schaffen, den deutschen Fußball insgesamt wieder zu einer Einheit zu formen und eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Der Rücktritt von Reinhard Grindel ist eine große Chance für den DFB - vielleicht für lange Zeit die letzte. Versemmeln darf man sie diesmal auf keinen Fall.