2024-03-18T14:48:53.228Z

Querpass

Lets talk about Sex, Baby

Wie erotisch ist Fußball wirklich?

Im allgemeinen Volksmund ist aus sehr fragwürdigen Gründen immer noch die mittelalterliche Ansicht vertreten, dass Fußball ein „Männersport“ sei. Auch wenn mittlerweile die Auffassung überwunden wurde, dass eine Sportart genuin einem Geschlecht zuzuordnen sei, hält sich diese Interpretation in vielen Klein-Hirnen. Auch der DFB hatte am 30. Juli 1955 auf seinem Bundestag in Berlin den Frauenfußball verboten - aus Sorge um das weibliche Wohl und die Aufrechterhaltung der Moral.

„Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut, Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden, und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand", begründete der Sportverband seine Entscheidung.

„Das war schon eine schwere Sünde, dass die Mädchen da mit einem wackeligen Busen übers Feld liefen und dann auch noch gegen den Ball traten oder sich gegenseitig foulten", erinnerte sich der DFB-Funktionär Hubert Claessen in den Neunzigerjahren an die damalige Stimmung.

Wim Thoelke, der damalige Moderator des "Aktuellen Sportstudios“, demonstrierte durch ein sehr unglückliches verbales Betragen bei der Zusammenfassung eines Spiels deutscher Fußballfrauen (28. März 1970) den vorliegenden Konflikt: Seine praktischen Ratschläge „Decken, decken! Nicht Tisch decken! Richtig, Mann decken! So ist's recht!" handelten ihm gerade unter den weiblichen Fußballspielern den Ruf eines Machos ein. Dabei weist diese Episode auf einen ganz anderen spannenden Neben-Kriegs-Schauplatz hin: nämlich wie explosiv bzw. hocherotisch eigentlich die Fußballersprache ist und daher für das vermeintlich zarte Geschlecht so wenig passend. Doch weit gefehlt! Lieben doch Frauen bekanntlich mit den Ohren. Und wenn man einen Blick auf die gängigen Phrasen wirft, wird man schnell jenseits von gegenderten-Sportvorstellungen den (Frauen-)Fußball mit neuen, ja geradezu leuchtend glühenden Augen betrachten. Und wenn man(n) dann unter dieser verbalerotischen Brille diese Volkssportart betrachtet, bin ich mir sicher, dass sich auch Nichtfußballer dafür erwärmen bzw. begeistern können. Aber überzeugt euch selbst: Fußball kann herrlich eindeutig zweideutig sein.

Allein schon, wenn sich die beiden Teams am Mittelkreis zum Anstoß treffen und die Reihenfolge, wer als erster diesen ausführen darf, nach dem Zufallsprinzip entschieden wird, ahnt bereits der letzte prüde Fan, dass ein heißer Tanz erwartet wird. Doch wie es bei allen zwischenmenschlichen Begegnungen der Fall ist, tasten sich die Mannschaften zunächst vorsichtig ab, da keiner zu viel am Anfang riskieren will oder gar offen wie ein Scheunentor sein will. Wie lange aber diese Blockade aufrecht erhalten bleibt, ist ganz von der individuellen Spiel-Taktik abhängig. So gibt es Mannschaften, die gerne der Devise Angriff ist die beste Verteidigung frönen bzw. mit der Tür ins Haus fallen. Nicht selten fangen sie sich dabei einen schmerzhaften Korb ähh Konter. Vorsichtigere, abwartendere Mannschaften machen die Räume im Mittelfeld eng, damit dort kein Durchkommen ist. Wirklich(e) Bewegung kommt erst dann ins Spiel, wenn einer die Initiative ergreift und sich zum Beispiel engagiert das runde Leder schnappt, um es ins Eckige zu befördern. Damit das bunte Treiben, in den gegnerischen Strafraum einzudringen, nicht ausartet und in geregelten Bahnen verläuft, gibt es einen neutralen Spielbeobachter, den Schiedsrichter: Dieser gibt beispielsweise den Ball frei oder sanktioniert ein besonders hartes Einsteigen. Wie im echten Leben hat vermeintlich der Akteur die besten Karten, der sich am wenigsten anmerken lässt oder die Nerven behält, obwohl er innerlich brodelt. Die Party(ie) gewinnt an Spannung und Dramatik, solange jeder seine Kiste sauber hält. Läuft aber einmal jemand beherzt an, tritt die Ecke und verwandelt sie sogar direkt, klingelts mächtig im Gehäuse. Und da kann es schon mal vorkommen, dass der Gegenspieler bei dieser Szene nicht gut aussieht. Doch viel Zeit, Trübsal zu blasen, bleibt nicht, denn die Zeit rennt nun auf der Zielgeraden davon Also wird sich der ein oder andere Zuhörer an die Trilogie Shades of Grey erinnert fühlen, wenn zum Gegenschlag ausgeholt wird. Da die beteiligten Akteure sich gegenseitig oft keinen Raum lassen und aneinander kleben, kann nur ein geschickt gespielter Pass in die Tiefe für die ersehnte Befreiung sorgen. Eine blitzschnelle Annahme wird nur dann abgepfiffen, wenn z.B. eine Hand im Spiel war. Dieser Regel-Verstoß ermöglicht dem Gegenspieler, sich dann in Position vor dem Tor zu bringen, und das Ding reinzuhauen. Besondere Bewunderung erntet der Schütze, wenn er ihn dann gnadenlos unter die Torlatte nagelt oder wahlweise hämmert. Nach einer gehörigen Standpauke wird die Abwehrkette geschickt verschoben und gibt keine Lücke mehr frei. In der spannenden und sehr intensiven Nachspielzeit wird alles nach vorne geworfen. Man beackert unermüdlich die Seiten und leistet Schwerstarbeit, nur um die Pille zu versenken. Der Strafraum brennt phasenweise lichterloh. Alles wird in die Waagschale geworfen. Von hinten wird ein Angriff nach dem anderen aufgezogen. Doch vergebens. Das Spiel ist aus! Was nun folgt ist Ekstase. Freude pur. Nichts geht mehr. Wohingegen die Verlierer enttäuscht die Köpfe hängen lassen. Darin liegt der einzige Unterschied zum assoziierten Liebesspiel. Dort gibt es nur Gewinner und meist verlässt nur selten einer der Akteure geknickt das Feld. Und wenn doch, sollte er sich schleunigst zum Arzt begeben oder den/die Spielpartner wechseln!

Aufrufe: 019.5.2016, 00:07 Uhr
Romina BurgheimAutor