2024-04-25T14:35:39.956Z

Spielbericht
– Foto: Gunter Appel

Schönes Haar, blaues Auge, weiße Weste

Elf Freunde sollt ihr sein: Selten trifft dieser Phrasen-Evergreen auf Landesebene derart zu wie am Sonnabend auf die Blau-Weißen aus Büßleben.

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Ohne Wechselspieler war der Erste der Landesklasse-Staffel 2 gen Spitzenspiel zum bis dato Zweiten Mühlhausen gefahren, mit vollem Punktekonto und bester Stimmung ging es dafür nach dem 2:1 zurück in die Landeshauptstadt.

BERICHT von Stephan Klaus

Dabei schienen die Voraussetzung zu Tagesbeginn denkbar schlechte zu sein. Coach Mario Wisocki standen trotz sprichwörtlich pausenlosen Telefonierens unter der Woche am Vormittag gerade zehn Mann seines Kaders zur Verfügung. Also ran ans Handy, Justin Häußler von der ebenso knapp besetzten zweiten Mannschaft angerufen, um zumindest vollzählig beim FC Union zu erscheinen.

Häußler selbst nahm den Anruf entgegen, als er gerade auf besonders chic gestylt wurde – beim Friseur. „Er hat sich aber gefreut und sofort zugesagt. Natürlich gab es schon einige Lacher, als er mit seinem schönen Haar dann bei der Mannschaft auftauchte“, plaudert Wisocki aus dem Kabinen-Nähkästchen. Vielleicht gestaltete sich diese allgemeine Erheiterung inmitten des Personalmangels gerade als Initialzündung für die Moral der elf Mohikaner. Denn was sie in den folgenden 90 Spielminuten im Stadion an der Aue zurechtkämpften, -rannten und -spielten, ließ ihren Trainer vor Entzückung eine Lobeshymne nach der anderen anstimmen.

Die nüchterne Zusammenfassung: „Wir haben das Spiel noch nicht mal glücklich gewonnen.“ Und das, obwohl auch der Beginn der Partie ähnlich besorgniserregend daherkam wie der Start in den Tag. Nico Damm erzielte bereits nach sieben Minuten das 1:0 für die Hausherren. „Da hat uns Mühlhausen schön auseinandergenommen“, gesteht Wisocki, der fortan zusah, wie seine hoch anlaufenden Jungs den Nordthüringern etliche Probleme bereiteten.

Sie erzwangen etliche Fehler, schwärmten nach traditioneller Blau-Weiß-Manier über die schnellen Flügel aus und kreierten verheißungsvolle Situationen. Zwar fehlte oft noch der entscheidende letzte Pass, doch bahnte sich allmählich an, was nach der Partie in großem Jubel in kleiner Runde mündete.

Matchwinner war schließlich Alexander Appel. Aufgrund seines wochentäglichen Daseins in Essen kann er mit dem Team nicht mittrainieren und muss des Öfteren mit der Jokerrolle zurechtkommen. Offensichtlich war für den ehrgeizigen Blondschopf in Mühlhausen die Bewährungschance gekommen – und er nutzte sie nicht nur ein Bisschen (1:1), sondern voll und ganz (2:1).

Von seiner rechten Flanke aus war er nach einer guten halben Stunde via Diagonalsprint in die linke Union-Strafraumhälfte unterwegs gewesen, hatte den Pass vom nimmermüden Rackerer Adrian Heymel erhalten und zog für Keeper Sebastian Arnold unhaltbar und mit Hilfe des Innenpfostens ins lange Eck ab (35.). Quasi mit dem Pausenpfiff netzte Appel nach einem Freistoß Steven Brauns aus fünf Metern per Kopf wuchtig ein.

Wermutstropfen gab es für Wisocki auch nach der Pause kaum – am ehesten vielleicht noch den, dass der als Stratege überragende Lucas Weis im Mittelfeld mit seinem technisch starken Schlenzer aus 25 Metern den glänzend parierenden Arnold nicht überwinden konnte. „Trotzdem denke ich, dass Lucas mit diesem hervorragenden Spiel endgültig in Büßleben angekommen ist.“

Auf der Gegenseite wurde es zweimal eng. Erst war Sven Bernsdorf am aufmerksam seine Fäuste einsetzenden Keeper Hagen Apitius gescheitert, dann ließ er sich sieben Meter vor dem Tor via Ballannahme mehr Zeit, als diese zur Verfügung stand. „Trotzdem hätten wir im Umkehrspiel auch nachlegen können“, ordnet Wisocki die Dinge aus seiner Sicht ein.

Und stellte überdies den Wert des gesamten Teams heraus, das dann eben auch an diesem Tag keineswegs nur aus elf Spielern bestanden hatte. Dr. Anke Simon und Physio Karsten Willsch hatten alle Hände voll zu tun. Simon vor allem beim Elften der Büßlebener, Justin Häußler. Der frisch Frisierte hatte sich ein Cut am Auge zugezogen. „Unter normalen Umständen hätten wir ihn auswechseln müssen“, so Wisocki. „Aber das ging ja diesmal nicht. Umso wichtiger ist dieses Team rund um das Team, zu dem ja auch unsere Betreuer Katrin Mickoleit und Gunter Appel zählen.“

Das üppig sprühende Glücksgefühl beim Trainer könnte durchaus noch ein paar Tage anhalten. Denn beim Blick auf die Tabelle wird er nach wie vor feststellen, dass Büßleben eben auch trotz der Auswärtsspiele in Altengottern und Mühlhausen weiterhin eine weiße Weste besitzt – und folglich die Konkurrenz von Platz eins aus grüßt.

Aufrufe: 011.10.2020, 12:38 Uhr
André HofmannAutor