2024-04-25T10:27:22.981Z

Ligavorschau
Die Sportfreunde Burkhardsfelden, im Bild Spielertrainer Marco Volllhardt (2.v.r.), wollen bei der Vergabe der ersten Plätze ein gewichtiges Wort mitsprechen. 	Foto: Wereschinski
Die Sportfreunde Burkhardsfelden, im Bild Spielertrainer Marco Volllhardt (2.v.r.), wollen bei der Vergabe der ersten Plätze ein gewichtiges Wort mitsprechen. Foto: Wereschinski

Wettenberg und Burkhardsfelden hoch gewettet

KLA GIESSEN: +++ Bessingen/Ettingshausen/Langsdorf will wieder hoch +++ Prickelnde Begegnungen zum Auftakt +++ Vier Gießener Vereine am Start +++ Viele Teams setzen auf Jugend +++

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GIESSEN. Die Kreisliga A Gießen ist am Dientag mit einer Partie in die neue Saison gestartet – mit alljährlichen Hoffnungen und Ängsten der 17 Mannschaften. Im Dickicht an Teams, die dieses Jahr um Aufstieg und Nicht-Abstieg kämpfen, ist es mitunter nicht leicht, den Überblick zu behalten. Wer will hoch? Wer möchte die Klasse halten? Und wen sehen die Teams als Favoriten? Gibt es überhaupt einen absoluten Favoriten? Fragen über Fragen.

Die Saison-Ouvertüre startet diesmal mit einigen prickelnden Begegnungen. Sie versprechen Spannung, garantierten Freude und Frust. Unter anderem steigen morgen zwei Derbys zwischen der FTSG Gießen und dem ASV Gießen sowie dem Kurdischen FC Gießen und dem FC Besa Gießen (beide 15 Uhr): Zwei hochexplosive Duelle zum Start in einer ausgeglichenen Liga, wie vielerorts vermutet wird.

Trotz einer großen Dichte kristallisieren sich mit der FSG Wettenberg und den Sportfreunden Burkhardsfelden zwei absolute Aufstiegsaspiranten heraus. Zumindest, wenn es nach den Einschätzungen der Konkurrenz geht. Während sich Wettenberg nach einer sehr starken Rückrunde in kalkuliertem Unterstatement übt, setzt sich die FSG Bessingen/Ettingshausen/Langsdorf hehre Ziele. Die beiden Aufsteiger Lang-Göns II und TSV Rödgen peilen eine sorgenfreie Saison an. Interessant auch die Marschroute der Vereine, die allesamt auf junge, talentierte Spieler setzen. Mit einem kleinen Unterschied: Während die zweite Garde der SG Trohe/Alten-Buseck faktisch fast noch eine A-Jugend stellen könnte, wurden die anderen Vereine eher punktuell mit Nachwuchskräften verstärkt.

Der Fußballkosmos ist sicherlich nicht der ehrlichste und offenste. Zumeist drucksen die Verantwortlichen herum – egal ob Profigeschäft oder Amateurliga, ob Bundesliga oder Kreisklasse. Gerade dann, wenn es um die Ziele geht. Umso bemerkenswerter muten die Äußerungen von Dieter Geisler an, Verantwortlicher des Kreisoberliga-Absteigers FSG Bessingen/Ettingshausen/Langsdorf. „Der Wiederaufstieg ist unser Ziel“, gibt Geisler unumwunden zu, allerdings fiel der vorgezogene Start mit dem 2:2 gegen die Freie TSG Gießen etwas mickrig aus. „Uns hat letzte Saison der ruhende Pol gefehlt“, sagt Geisler. Den hätte die FSG eine Klasse tiefer in Giovanni Gentile gefunden. Mit offensivem Fußball will Bessingen für Furore sorgen. Basierend auf einer „stabilen Defensive. Diesen Fußball sind wir seit jeher gewohnt“, betont Geisler.

Auf die Frage nach den Aufstiegsfavoriten erklingt immer wieder ein Name: Sportfreunde Burkhardsfelden. Für Trainer Marco Vollhardt keinesfalls ein Grund, in die Lobeshymnen miteinzustimmen. „Die ersten vier bis fünf Plätze sind unser Ziel“, sagt Spielertrainer Vollhardt, mit einer relativierenden Anmerkung. „Von den Namen, die wir haben, sind wir mit Sicherheit Favorit“, gibt er zu. Als Mitfavoriten sieht er „vom Gefühl Wettenberg, weil sie eine junge und talentierte Mannschaft haben“. Die Grundlage wurde mit einer guten Vorbereitung und ein darin integriertes zweitägiges Trainingslager im Westerland gelegt. „Das Trainerteam und die Mannschaft sind super zufrieden“, zieht Vollhardt ein erstes Resümee.

Von einem grauen Mäuschen zu einem Rockstar der A-Liga. So oder so ähnlich kann die Entwicklung der FSG Wettenberg zusammengefasst werden. Erster in der Rückrunde-Tabelle, Vierter im Abschluss-Klassement der vergangenen Saison. Und nun? „Wir sehen uns selbst nicht als Aufstiegsfavorit“, sagt Trainer Bastian Panz. Konkreter: „Wir wollen einen Platz gutmachen und unter die ersten drei kommen“, betont Panz. Fast die gesamte Konkurrenz sieht in Wettenberg den ersten Aufstiegsfavoriten. „Wir haben durch die Bank weg gute Fußballer“, weiß Panz um die Qualität seiner Mannschaft.

Ob das reicht? Am Samstag empfängt Wettenberg um 16 Uhr die SG Trohe/Alten-Buseck II. Eine Mannschaft, bei der sich der ein oder andere Schiedsrichter beim Blick auf den Spielberichtsbogen die Augen reiben könnte. „Im letzten Testspiel (gegen den MTV Gießen II, Anm. d. Red.) lag der Altersdurschnitt bei 21 Jahren“, sagt Abteilungsleiter Sven Scheer. „Es ist mir bewusst, dass es für die junge Mannschaft nur um den Klassenerhalt gehen kann“, betont Scheer, der in Wettenberg und Burkhardsfelden die Aufstiegsfavoriten sieht. Vor sechs Wochen trommelte Trainer Thomas Heinisch die Seinen zum ersten Mal zusammen. Fortan wurde „die Priorität auf Kondition und Fitness gelegt“.

Ein halbes Dutzend an Jugendspielern zog die FSG Villingen/Nonnenroth/Hungen hoch. Nico Trauden und Co. kamen allesamt von der JSG Hungen. „Wir haben sie schon letztes Jahr eingliedern können. Sie haben sich toll integriert und sind sehr engagiert“, resümiert Trainer Christopher Melius. Eine junge Truppe gemischt mit Arrivierten – eine vielversprechende Mischung. Auch erfolgsversprechend? „Es gibt viele Favoriten. Wir wollen den Hut in den Ring werfen“, traut er seinem Team einiges zu. Um das Ziel zu realisieren, wurde intensiv am Angriffspressing im 3-4-3-System gefeilt.

Nach dem Abstieg aus der Kreisoberliga folgt nun die Konsolidierungsphase bei der zweiten Garnitur der SG Kinzenbach II. Ein Platz im Mittelfeld wurde als Saisonziel ausgegeben. Steven Hassler sieht seine Mannschaft gut präpariert für den Saisonstart. „Wir haben Ende Juni mit der Vorbereitung angefangen. Die Beteiligung war sehr gut“, hebt Hassler den Daumen. Mit Cedric Peldzius von Blau-Weiß Gießen fand Kinzenbach einen Abwehrmann, der für Stabilität sorgt. Hasslers Spielidee basiert auf einem geradlinigen Spielaufbau und einer stabilen Abwehr. „Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt unser Kapitän Patrick Balser“, sagt Hassler.

Von einer Konsolidierung kann der ASV Gießen gegenwärtig nur träumen. Letztes Jahr spukte bis kurz vor Schluss das Abstiegsgespenst auf dem Vereinsgelände herum. Ein schlechter Horrorstreifen, den sich die Verantwortlichen dieses Jahr nicht mehr so lange ansehen möchten. Die Vorbereitung stimmt optimistisch. „Ende Juni haben wir losgelegt, der Zuspruch war relativ hoch“, sagt Dennis Geissler, Co-Trainer des ASV. Das Hauptaugenmerk des Trainergespanns um Björn Watzke lag auf der Integration der neuen Spieler. Seit Winter kamen 27 Neuzugänge. Eine horrende Zahl. „Das sind alles sehr, sehr gute Jungs“, stellt Geissler klar. Zum Angriff auf die vorderen Plätze sieht er das Team indes noch nicht bereit. Neben den üblichen Verdächtigen aus Wettenberg und Burkhardsfelden, attestiert Geissler auch dem TSV Rödgen eine enorme Qualität. „Ich habe sie zweimal spielen sehen und sie haben einen sehr guten Eindruck gemacht“, zeigt er sich beeindruckt. Morgen steigt das Derby gegen die Freie TSG Gießen.

Beim Aufsteiger von der Liebigshöhe sind eher ruhige Töne angesagt. „Wir wollen die Klasse halten“, sagt Willi Klein, Verantwortlicher der FTSG. Nach der 1:5-Pokalwatschen gegen Kreisoberligist VfR Lich käme ein Derbyfolg gerade recht. Qualität besitze das Team zweifelsohne. „15, 16 Spieler können erste Mannschaft spielen“, sagt Klein. Ein weiteres Plus sieht der Vereinsverantwortliche im Teamspirit und in der Konzeption des Trainers Robel Ambaye. „Das Training ist hervorragend“, lobt Klein den Trainer in höchsten Tönen.

Das Quartett der Gießener Vereine komplettieren der Kurdische FC Gießen und der FC Besa Gießen. Schon am Sonntag steigt das Derby zwischen beiden Teams. Nicola Brudaglio, Trainer des Kurdischen FC, weilte bis heute im Urlaub in Italien. Aufgrund der feststehenden Abwesenheit Brudaglios wurde die Vorbereitung auf den 21. Juni vorgezogen. „Unser Ziel ist es, so schnell wie möglich die Klasse zu halten“, sagt Brudaglio, ein Italiener mit Leib und Seele. Das wirkt sich auch auf seine taktische Marschroute aus. „Ich bin Italiener. Wir wollen erstmal abwarten und dann reagieren“, erklärt er. Auf die Frage, ob er Catenaccio spielen lasse, winkt er aber entschieden ab.

Der FC Besa Gießen spricht ebenfalls vom Klassenerhalt als oberstes Ziel. Ganz so glücklich war Trainer Jeton Gashi mit der Vorbereitung nicht. „Am Anfang waren es um die 30 Spieler. Dann kamen die Sommerferien“, sagt Gashi. Fortan tummelten sich nur noch zehn Mann auf dem Platz. Gashi setzt auf schwungvollen Klopp-Fußball. Sprich: Angriffspressing und schnelles Spiel, bevorzugt über die Außen. „Favoriten sind für mich Kinzenbach II, Wettenberg aufgrund der Jugendspieler und der ASV Gießen“, sagt Gashi.

Der TSV Rödgen geht trotz des Durchmarsches in der vergangenen Spielzeit realistisch in die neue Saison. „Das Ziel ist und bleibt ganz klar der Klassenerhalt“, sagt Presswart Stefan Schweig. Als Aufsteiger auch verständlich. „Wir wollen uns erst einmal etablieren“, will Schweig die im Umfeld aufkeimende Euphorie ein wenig eindämmen. Die totale Begeisterung kommt nach dem Start- und Ziel-Sieg im letzten Jahr nicht von ungefähr. Mit Auge wurde der Aufstiegskader nun verstärkt. „Mit Hakan Özen (TSV Klein-Linden) und Sezgin Demir (Kurdischer FC Gießen) haben wir absolute Verstärkungen dazugewonnen“, betont der 1.Vorsitzende Gilbert Slotosch.

Mit Demut geht der zweite Aufsteiger, der TSV Lang-Göns II, in die neue Saison. Das Ziel: Nichtabstieg. Wobei über dem Klassenerhalt das Damoklesschwert mit fünf potenziellen Absteigern schwebt. Für den TSV Lang-Göns ein schweres Unterfangen, aus mehreren Gründen. „Die Vorbereitung war eher durchwachsen, also nicht so gut wie erhofft“, sagt Trainer Sascha Velte. Zum anderen müsse sich das Team in der neuen Liga mit erhöhter Qualität erst einmal eingewöhnen. „Wir haben eine sehr junge Mannschaft“, stellt Velte klar, der sich trotzdem gegen externe Neuzugänge aussprach.

Jens Ruppel, Trainer der TSF Heuchelheim II, sagt „Lieber 1:0 gewinnen als 5:4.“ Ende Juni bat er zur Vorbereitung. Defensive Stabilität ist Trumpf in Heuchelheim, wo die Verantwortlichen in großem Maße auf den Unterbau setzen. „Wir wollen die Jugend einbauen“, sagt Abteilungsleiter Ulrich Faßl. Auch Heuchelheim möchte vom Damoklesschwert nicht verwundet werden, was gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt wäre.

In diesem Jahr sind vier zweite Mannschaften in der Kreisliga A Gießen vertreten. Das Quartett vervollständigt die TSG Wieseck II. Trainer Sabur Ortac ist äußerst zufrieden. „Wir waren nie unter 20 Leute im Training“, frohlockt er. Als primäres Ziel ruft Ortac dennoch den Klassenerhalt aus. „In der Vorbereitung haben wir im taktischen und spielerischen Bereich gearbeitet. Die Jungs haben toll mitgezogen“, sagt Ortac.

Andreas Reuter, Pressewart beim SV Annerod, zeigt sich mit der Vorbereitung ebenfalls sehr zufrieden. Das Einläuten der Vorbereitungszeit bedeutete zudem das Ende einer Ära. Nach sieben Jahren als Trainer verließ Dirk Luley den Verein. Neuer Trainer ist Yves Lohwasser. Etwas aufs Gemüt schlagen Reuter die Abgänge von Marco Moscagiuli und Bogdan Ganu, „die qualitative Verluste darstellen“. Das Saisonziel ergibt sich somit von selbst. „Wir wollen erst einmal den Klassenerhalt sichern. Alles andere ist Zubrot“, gibt Reuter die Marschroute vor. Aufstiegsfavorit Nummer eins sind für ihn die SF Burkhardsfelden.

Auch die SG Upthe/Trais-Horloff/Inheiden verpflichtete mit Benjamin Drechsler einen neuen Trainer. Nach Auskunft von Pressewart Frederik Erb ein besonnener Zeitgenosse. „Er ist kein Motivator, sein Stil ist eher taktisch geprägt“, erklärt Erb, Vorsitzender der Dreier-SG. Ihm gefällt das. „Er ist ein sehr ambitionierter Trainer.“ Anders als auf der Trainerposition gab es im Kader keine einschneidenden Rochaden. „Wir wollen einfach besser abschneiden als letzte Saison“, gibt Erb kein konkretes Ziel aus. Letzte Saison rangierte die SG in der Endabrechnung auf Position zehn.

Marco Harbach, Mitglied im Spielausschuss der FSG Biebertal, muss am Ende der Vorbereitungszeit negative Töne anschlagen. „Die Vorbereitung war eher mäßig“, konstatiert er. Auch in Biebertal lautet der Leitspruch: Jugend forscht. „Schon seit Jahren“, wie Harbach betont. Habach gibt sich zuversichtlich. „Wir wollen unter die ersten fünf“, sagt er. Eine forschende und forsche Jugend. Am Ende vielleicht auch eine jubelnde?



Aufrufe: 04.8.2017, 08:00 Uhr
Moritz Scheidel (Gießener Anzeiger)Autor