2024-04-25T14:35:39.956Z

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Nicolai Lorenzoni | Foto: Patrick Seeger
Nicolai Lorenzoni | Foto: Patrick Seeger

Nicolai Lorenzoni: Letzte Chance auf eine Profikarriere?

Eigengewächs des SV Herten und ehemaliger SC-Spieler wagt in Kassel einen Neustart

Nicolai Lorenzoni wurde beim SC Freiburg eine große Karriere vorhergesagt. Mit den A-Junioren gewann der in Rheinfelden aufgewachsene Linksfuß 2011 den DFB-Pokal, wurde in der folgenden Saison U20-Nationalspieler. Über Kurzeinsätze im Profiteam kam der heute 23-Jährige aber nie hinaus. Nun sucht Lorenzoni beim KSV Hessen Kassel in der Regionalliga sein Glück – vielleicht seine letzte Chance auf dem Weg in den Profifußball.
Die Rückkehr an den Ort, an dem die Geschichte von Nicolai Lorenzoni begann, fiel schmerzhaft aus. Sieben Minuten waren am Mittwoch im Regionalligaspiel zwischen dem SC Freiburg II und Hessen Kassel (0:2) gespielt, als Lorenzoni im Möslestadion mit Gegenspieler Maximilian Faller bei einem Kopfballduell zusammenrasselte. Nach einer kurzen Behandlungspause konnten beide weiterspielen, die Symbolik aber war bezeichnend. Hier der junge SC-Verteidiger, der gerade aus der U19 zur Zweiten Mannschaft aufgerückt ist und voller Hoffnung in sein erstes Regionalligajahr geht. Und dort Lorenzoni, der das alles schon kennt, der denselben Weg ging, verknüpft mit ähnlichen Hoffnungen und Träumen – der aber mittlerweile 23 Jahre alt ist. Ein Alter, in dem das Gütesiegel „Talent“ nicht mehr ohne weiteres als Kompliment aufzufassen ist.

Nun also die Rückkehr dorthin, wo jahrelang am Talent geschliffen worden war. Wo Lorenzoni 2011 unter Christian Streich mit der A-Jugend den DFB-Pokal gewann. Wo er es bis zum U20-Nationalspieler (drei Einsätze) brachte, in einem Jahrgang mit heutigen Bundesligagrößen wie Bernd Leno (Leverkusen), Kevin Volland (Hoffenheim) und Patrick Herrmann (Gladbach). Dorthin allerdings auch, wo die Karriere einen Knacks erhielt. An Lorenzonis Verbundenheit zur Region hat das nichts geändert. Regelmäßig tauscht er sich mit seinen Ex-Kollegen aus: „Freiburg ist meine Heimat. Ich blicke mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die Zeit zurück. Denn einerseits durfte ich bei den Profis anklopfen, andererseits hat man sich letztlich entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen.“

Ein Schlussstrich, der den Profitraum im vergangenen Sommer vorerst platzen ließ. Lorenzoni erhielt die Freigabe, sah sich nach Vereinen um, spielte beim Drittligisten Preußen Münster vor. Ein Wechsel kam jedoch erst im Winter zustande: Der Chemnitzer FC holte ihn bis 2016. Sportchef Stephan Beutel schwärmte vom Neuzugang, der erhoffte Qualitätszuwachs blieb jedoch aus. Lorenzoni, erst im Januar verpflichtet, spielte bis Ende März siebenmal für seinen neuen Verein in der Dritten Liga, danach schob man ihn ins Oberligateam ab. „Beide Seiten wollten dann eine Veränderung“, blickt Lorenzoni zurück.

Anfang August fand der Linksfuß einen neuen Klub, wechselte zu Hessen Kassel. Lorenzoni: „Kassel ist ein super Verein mit tollen Bedingungen. Die Verantwortlichen vermittelten mir, dass ich gut ins Konzept passen würde. Das hat mir imponiert.“ Das Gefühl, gebraucht zu werden, setzte neue Kräfte frei. Kräfte, die der 23-Jährige lieber auf dem Platz einbringt, als abseits des Rasens über seine Zukunft zu grübeln. Der gebürtige Schweizer blickt der Realität ins Auge: „Mit Kassel haben wir mittelfristig das Ziel, aufzusteigen. Mal schauen, was nach der Saison alles möglich ist.“

KSV-Trainer Matthias Mink ist nach den ersten Wochen überzeugt vom Neuzugang: „Defensiv und offensiv ist Nicolai für die Regionalliga ein außergewöhnlich guter Spieler. Wir erhoffen uns, dass er sein Potenzial kontinuierlich abruft und in Sachen Wettkampfhärte dazulernt, um den nächsten Schritt im bezahlten Fußball zu machen. Ich glaube, er ist dafür in Kassel gut aufgehoben.“

Was nach der Negativerfahrung in Chemnitz für einen wie Lorenzoni nicht ganz unwichtig ist. Der Traum vom Profifußball wird seine Zukunftsplanung über kurz oder lang vor die Zerreißprobe stellen. Die Hoffnung hat er aber noch nicht aufgegeben: „Ich wäre glücklich, wenn es so kommen sollte.“
Aufrufe: 020.8.2015, 22:00 Uhr
Dominik Hassel (BZ)Autor