2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
Ein Schock für alle: Christian Schedlbauer (am Boden) von der SpVgg Hankofen hat sich im Spiel bei der DJK Vilzing das Kreuzband gerissen. F: Tschannerl
Ein Schock für alle: Christian Schedlbauer (am Boden) von der SpVgg Hankofen hat sich im Spiel bei der DJK Vilzing das Kreuzband gerissen. F: Tschannerl

Kreuzbandriss: Albtraum eines jeden Fußballers

Diagnose Kreuzbandriss (1/2): Risikofaktoren - Erstversorgung - Therapie-Optionen - Die OP

Kreuzbandriss. Nicht nur für jeden Fußballer ist diese Diagnose ein Schock. Es ist mit die schwerste Verletzung, die sich ein Sportler zuziehen kann. In einer zweiteiligen Serie klären Dr. Werner Krutsch und Prof. Dr. Peter Angele vom FIFA Medical Centre in Regensburg detailliert über die Knieverletzung auf. Im ersten Teil zeigen die beiden Mediziner auf, wie es überhaupt zu einem Kreuzbandriss kommen kann, wer besonders gefährdet ist, und was man unbedingt bei der Erstversorgung beachten sollte.

Warum ist das Kreuzband so wichtig?
Das Kniegelenk gehört zu den am häufigsten durch Verletzungen betroffenen Gelenken im Fußball. Die Stabilität des Kniegelenkes hängt wie in keinem anderen Gelenk des Körpers von Bändern und Muskeln ab. Das vordere Kreuzband ist neben dem hinteren Kreuzband und den beiden Seitenbändern (Außen- und Innenband) ein wichtiger Stabilisator des Kniegelenkes. Die Verletzung des vorderen Kreuzbandes (VKB) gehört zu den schwersten Verletzungen im Fußball. Jedes Jahr erleiden Zehntausende Fußballer im Amateur- und Profi-Fußball diese Verletzung. Frauen sind bis zu sieben (!) Mal häufiger gefährdet als Männer, da sie neben einem schwächeren hormonbedingten Bandapparat auch eine schwächere Muskulatur haben. Das vordere Kreuzband reißt übrigens deutlich häufiger als das hintere.

Wie kommt es zu einem Kreuzbandriss?
Die Situationen, bei denen ein Fußballspieler sich das vordere Kreuzband reißt, sind vielfältig und bekannt. Folgende typische Unfallmechanismen einer vorderen Kreuzbandverletzung entstehen beim Fußball:
  • Landung nach einem Sprung oder langen Schritt mit Wegknicken und Verdrehen des Kniegelenkes nach Innen
  • Abbremsen beim Laufen/Sprinten (teilweise mit aber auch ohne Drehbewegung nach innen)
  • Überstreckung des Kniegelenkes
  • Direkter Schlag auf das Kniegelenk von hinten oder der Seite





Habt auch ihr einen Kreuzbandriss erlitten? Dann meldet euch unter kreuzbandregister@gmail.com, um an der Studie des FIFA Medical Centres teilzunehmen.





Wann ist das Risiko am höchsten?

Der Körper eines Fußballers stellt sich im Laufe der Jahre sehr gut auf Bedürfnisse und Belastungen im Fußball ein. Hierbei werden sowohl Kraft als auch Koordination der Gelenke auf die Beanspruchung des Spielers in der Liga, auf die Spielposition und anderen Einflussfaktoren ausgerichtet. Die Ursache für eine Verletzung des VKB ist sehr häufig auf eine Steigerung der körperlichen Belastung zurückzuführen. Das ist zum Beispiel in der Saisonvorbereitungsphase, in Trainingslagern oder beim Sprung eines Spielers vom Junioren- in den Seniorenfußball der Fall. Oder beim Wechsel in eine höhere Liga bzw. dem Aufstieg einer Mannschaft. Spieler in solchen Situationen sind besonders gefährdet, sich am Kniegelenk zu verletzen, weil einerseits die Kraft der Muskulatur, die das Kniegelenk halten soll, noch nicht auf die neue Belastung ausgerichtet ist. Zudem ist in solchen Phasen die Koordination im Gelenk - besonders nach langen Pausen - noch nicht auf höchstem Level. Spieler dieser Gruppen sollten sich selbst in den Vorbereitungsphasen zurücknehmen und speziell die Vorbereitungsspiele in den ersten 2-3 Wochen vorsichtig angehen. Gezielte Vorbereitungsprogramme für diese Spieler in der Saisonvorbereitung sind absolut zu empfehlen.


Erstversorgung auf dem Platz:
Sollte eine Knieverletzung auf dem Spielfeld entstehen, ist die "PECH-Regel" die erste und wichtigste Maßnahme, die man unbedingt befolgen sollte. Die "PECH-Regel" bedeutet: Pause, Eis, Compression, Hochlagern. Dies bedeutet im Falle einer Knieverletzung, dass man darauf achten sollte, dass der Spieler nicht mehr weiterspielt, um das verletzte Knie nicht noch mehr zu schädigen. Man sollte mit Eis oder Eisspray kühlen, mit einer Bandage/Binde bandagieren und den betroffenen Spielern das verletzte Bein erstmal hochlegen lassen. Wenn eine Schiene oder Ähnliches zur Hand ist, kann das Knie auch zum Schutz geschient werden. Danach sollte der Spieler das Bein auch entlasten und zu einem Arzt oder ins Krankenhaus zur weiteren Untersuchung gebracht werden.

Nach dem Kreuzbandriss: Untersuchung, Therapie-Optionen, OP-Vorbereitung

Untersuchungen/Diagnostik:
Die ärztliche Untersuchung bei einer Knieverletzung ist unerlässlich. Bei einer Kreuzbandverletzung testet der Arzt, den "Vorschub des Unterschenkels zum Oberschenkel", indem er den oberen Teil des Unterschenkels mit seinen Händen umfasst und ihn bei fixiertem Oberschenkel nach vorne zieht. Ist das vordere Kreuzband (VKB) noch erhalten, empfindet der Arzt dabei einen"Stop-Gefühl" , den sogenannten Anschlag. Ist kein "Stop-Gefühl" bei dieser Bewegung vorhanden, besteht der Verdacht, dass das vordere Kreuzband verletzt ist.

Eine Röntgen-Untersuchung ist in jedem Fall bei einer Knieverletzung notwendig, um auszuschließen, dass eine Verletzung am Knochen besteht. Dies kann zum Beispiel ein klassischer Knochenbruchsein oder ein knöcherner Bandausriss des VKB. Knöcherne Verletzungen gehören frühzeitiger oder auch sofort operiert, sodass diese Röntgen-Untersuchung vor dem Kernspin (MRT) kommen sollte.
Der Vorteil einer Kernspin-Untersuchung ist die Darstellung von Band-/Knorpel- oder Meniskusverletzungen, die auf dem Röntgen nicht zu erkennen sind. Wichtig bei der Kernspin-Untersuchung ist, dass sie nicht alleine eine Diagnose und somit eine Entscheidung zu einer OP liefert. Erst die Kombination aus Bild (Kernspin: VKB-Verletzung) und dem Funktionstest des Arztes, sowie den Beschwerden des Spielers (Schmerz, Instabilitätsgefühl) führt zu einer Diagnose.

Therapie-Optionen:
Eine VKB-Verletzung sollte dann durch eine OP behandelt werden, wenn das Kreuzband komplett gerissen ist oder soweit eingerissen ist, dass die Funktion des VKB zerstört ist. Wenn der Patient weiter Fußball spielen oder ähnliche Sportarten auch nach der VKB-Verletzung durchführen will, benötigt er ein stabiles Kniegelenk, bei dem alle Bänder funktionieren. Das VKB muss in einer OP durch eine körpereigene Sehne ersetzt werden. Diese Operation kann stationär in einer Klinik oder auch ambulant in einer Praxis durchgeführt werden. Das Kreuzband wird ersetzt, indem eine körpereigene Sehne (Patellasehne oder eine Oberschenkelsehne) entnommen werden und durch Knochen-Kanäle am betroffenen Kniegelenk wieder in exakter Position des früheren Kreuzbandes eingezogen werden. Die Fixierung der Sehnen im Knochen erfolgt durch selbstauflösende Schrauben oder kleine Titanplättchen. Die entnommenen Sehnen können ohne Probleme am betroffenen Kniegelenk entnommen werden und führen nur in sehr seltenen Fällen zu Problemen.


Vorbereitung auf die Operation:
Generell muss diese Operation nicht sofort durchgeführt werden. Meistens dauert es ohnehin einige Wochen bis man die Termine für Kernspin, OP, etc. organisiert hat, sodass man diese Zeit gut nutzen sollte, um mit Hilfe eines Physiotherapeuten eine Lymphdrainage durchzuführen und eine gute Beweglichkeit im Kniegelenk herstellen. Dies verbessert das Ergebnis nach der OP deutlich. Sollte man neben einer VKB-Verletzung auch eine frische komplexe Verletzung des Meniskus oder Knorpels haben, ist es allerdings ratsam diese Operation insgesamt frühzeitiger durchzuführen. Die Ergebnisse der Operationen am VKB zeigen keine Unterschiede, sei es nach sehr früher OP nach ein bis zwei Wochen oder nach späteren Operationen von mehr als drei bis vier Monaten. Über ein halbes Jahr sollte man jedoch nicht ins Land streichen lassen, bevor man sich operieren lässt, da die Instabilität im Gelenk natürlich auch andere Strukturen im Knie, wie den Meniskus oder den Gelenksknorpel, dann zusätzlich schädigen können.


Ist eine OP zwingend notwendig?
Es besteht auch die Möglichkeit, dass das betroffene Gelenk nicht operiert wird, wenn nur eine geringe Teil-Verletzung des VKB besteht, bei dem die Funktion des VKB noch teilweise erhalten ist. Dann kann nach gewisser Einheilungsphase mit Physiotherapie und Muskelaufbau die Funktion des Gelenkes wiederhergestellt werden. Ein Verzicht auf eine operative Versorgung bei kompletter VKB-Verletzung ist nur dann zu empfehlen, wenn es aus anderen beruflichen, privaten oder gesundheitlichen Gründen nicht anders möglich ist, oder wenn der Fußballspieler auf das weitere Sporttreiben verzichtet. Diese Entscheidung sollte jedoch immer mit einem erfahrenen Kniechirurgen besprochen werden.




Aufrufe: 02.3.2015, 11:39 Uhr
FIFA Medical CentreAutor