2024-04-24T13:20:38.835Z

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Pokale so weit das Auge reicht
Pokale so weit das Auge reicht – Foto: S. Hillmer

Der hat doch nicht alle Pokale im Schrank

Werner Rinn ist Trophäenveredler seit über zwei Jahrzehnten +++ "Mir macht es Spaß etwas zu bauen"

WIESBADEN. Sie kommen bei Fußballturnieren zum Einsatz. Sowohl die großen, aber auch ganz besonders die kleinen Kicker freuen sich besonders darüber. Die Rede ist von Pokalen. Jeder hat eine solche Trophäe wohl schon einmal in den Händen gehalten. Auch in diesem Jahr werden sie - hoffentlich - wieder zum Einsatz kommen. Mindestens einer stammt dann von Werner Rinn.

Das Parkett knarzt unter den Füßen, wenn man die Altbauwohnung von Werner Rinn im Wiesbadener Westend betritt. Hohe Decken und eine eher spartanische Einrichtung - als wäre die Zeit stehen geblieben - zieren das Bild jener Stätte, wo viele Pokale und Trophäen ihren Ursprung haben. Es handelt sich dabei nicht um die Privatwohnung des in Wiesbadens Fußballszene eher unbekannten Pokalbauers. Vielmehr ist es sein Atelier, in dem er es vermag, mit Kreativität und Freude für das Detail, zu Werke zu gehen. Werner Rinn konnte sich nie wirklich für den Fußball begeistern, hegte eine Leidenschaft für den Rudersport, war Bewunderer von Schalke-Legende Rudi Assauer und verbrachte eine Nacht in einer Gefängniszelle in Innsbruck.

Die jungen Jahre

Es ist die Geschichte eines Mannes, der sich selbst nicht als Fußballenthusiast bezeichnet. Der sich nicht Sonntag für Sonntag auf den Wiesbadener Sportanlagen herumtreibt und in einer, sich als Hobby-Bundestrainer anmaßenden, allwissenden Art über Aufstellungen, individuelle Leistungen oder kollektive Spielweisen ärgert. Und doch ist auch er Teil der Fußballfamilie. Angefangen hat er als Jugendspieler bei den freien Turnern Wiesbaden. Als der junge Werner Rinn eines Tages mit einer Platzwunde am Knie, die bis zum Knochen reichte, nachhause kam, war das Kapitel Fußball beendet. "Meine Mutter meinte daraufhin ich solle mir etwas anderes suchen. Es machte mir ohnehin nicht so viel Spaß. So richtig zum Spielen kam ich eigentlich gar nicht", erinnert sich Rinn, der mehr durch den Drang seiner Kumpels zum Fußball gelangte. Zum Rudersport kam er dann aber alleine und hatte großen Spaß daran. Das Risiko auf Heimkehr mit einer Platzwunde am Knie war im Ruderboot ebenfalls überschaubar. Doch im noch immer zarten Alter von siebzehn Jahren neigte sich auch dieses sportliche Abenteuer dem Ende entgegen. Aus nachvollziehbaren Gründen. "In dem Alter hat man schon mal ein bisschen an die Mädels gedacht", schmunzelt Rinn vor sich her. Wer mag es ihm verübeln.

Pokale, Knast und Schalke

Heute ist Werner Rinn Rentner, kreiert Pokale für Fußballvereine, Turniere sowie Karnevalsorden und blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Beruflich lernte er in einem Ingenieurbüro, war für die Planung und Berechnung von Pipelines im Rohrleitungsbau unterwegs. "Pokalbau ist jedoch etwas ganz anderes", betont er und verweist auf die damit verbundene Kreativität. Alles begann in den neunziger Jahren, wo der elektronische Dartverband, in dem Rinn damals Mitglied war, für das Turnier zum Jahresabschluss viele Pokale benötigte. "Diese waren sehr teuer, sodass mir die Idee kam, es einfach selbst zu machen." Und so startete Werner Rinn seine Kontakte zu den Wiesbadener Fußballvereinen zu entwickeln, zu denen sich mit der Zeit auch andere Sportarten hinzugesellten. "Ganz besonders dankbar bin ich Rainer Wagner, dem ehemaligen Referenten für den Frauen- und Mädchenfußball. Er hat mir viele Kontakte vermittelt. Sollte er mal einen Großpokal brauchen, so kann er sich jederzeit einen aussuchen." An Variationen mangelt es im Atelier, wo Rinn die Pokale zusammenschraubt, beklebt und mit einer Gravur versieht, jedenfalls nicht. "Mir macht es Spaß etwas zu bauen. Ich mache gerne ausgefallene Dinge, welche die Leute begeistern." So findet man in seiner Bastelwerkstatt, die einem Museum für Pokale gleichkommt, Kreationen und Sonderanfertigungen, wie sie sonst nirgends zu finden wären. Es gibt nichts, was es nicht gibt. "Das ist ja das Schöne. Da kann sich jeder aussuchen, was er möchte", sagt Rinn, der wegen des Verdachts auf Schmuggel von Kulturgut zwei Tage in Innsbruck hinter schwedischen Gardinen einsaß. "Ich war mit einem Freund durch Italien gereist. Wir hatten Antiquitäten gekauft. Es war alles legal, weshalb wir nach einer Nacht auch weiterfahren durften", erzählt er und fügt hinzu: "Ich bereue nichts in meinem Leben. Ich habe viel von der Welt gesehen."

Auch bereut er es nicht, einst mit dem FC Schalke 04 sympathisiert zu haben. "Das lag aber mehr an dem damaligen Schalke-Manager Rudi Assauer. Ich habe die Lockerheit von Assauer gemocht und ihn bewundert." Die Meisterschale hat er für den S04 trotzdem noch nie angefertigt. Aus bekanntem Grund. Und so baut er weiter Pokale und Orden für verschiedenste Sportarten sowie Ehrungen im Wiesbadener Raum. "Solange ich Lust und Laune daran habe, werde ich das machen", versichert Rinn, der mit seiner Arbeit auch zu der großen - und doch irgendwie kleinen - Wiesbadener Fußballwelt gehört.

Aufrufe: 028.3.2020, 12:00 Uhr
Sven HillmerAutor