2024-05-02T16:12:49.858Z

Aufreger der Woche
Foto: Fotolia (HZ)
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Polizei-Eskorte für den Schiri

Kreisliga A3: Unparteiischer fühlte sich nach dem Spiel des FV Burgberg gegen den SC Hermaringen bedroht.

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Ein Derby in der Kreisliga A3 hat ein heftiges Nachspiel: Nach dem 2:1-Sieg des FV Burgberg gegen den SC Hermaringen fühlte sich der leitende Schiedsrichter von Spielern und Verantwortlichen des Gastvereins bedroht und rief die Polizei. Hat er überreagiert? Darüber gehen die Meinungen naturgemäß auseinander.

Ein wenig pöbeln gehört scheinbar dazu: Auf und neben den Fußballplätzen fallen wöchentlich die schönsten Beleidigungen. Leidtragende sind dabei oft die Schiedsrichter. „Ey, Schiri! Du hast wohl Tomaten auf den Augen!“ oder „Blinde Sau! Das war doch Abseits!“ sind dabei Äußerungen der fast schon harmlosen Art, die Unparteiische über sich ergehen lassen müssen.

Doch am vergangenen Sonntag muss darüber hinaus einiges vorgefallen sein. Kurz nach Abpfiff rief nämlich der Schiedsrichter aus seiner Kabine heraus die Polizei, weil er sich von Spielern und Betreuern der Gastmannschaft bedroht fühlte.

In seinem offiziellen Bericht erhebt der Unparteiische schwere Vorwürfe gegen den SC Hermaringen. Dabei soll alles eher harmlos angefangen haben. So sei er, nachdem er einen Elfmeter gegen die Gäste gepfiffen hatte, als „blinder Schiedsrichter“, der den Platz sofort verlassen solle, beschimpft worden. Weiter soll es laut dem Bericht mit Beleidigungen wie „Arschloch“ und „halt die Schnauze“ gegangen sein.

Kurz vor Spielende soll die gereizte Stimmung laut dem Unparteiischen ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden haben. Nachdem er einen Hermaringer Spieler mit glatt rot vom Platz gestellt hatte, rannten dem Spielberichtsbogen des Schiedsrichters zufolge, „Mannschaftsverantwortliche des SC Hermaringen auf das Spielfeld und gingen auf mich los“. Dabei soll einer der SC-Verantwortlichen versucht haben, mit seiner Hand auf den Unparteiischen „einzuschlagen“. Der Ordnungsdienst des FV Burgberg musste daraufhin eingreifen.

Auch nach dem Schlusspfiff begleiteten die beiden Ordner den Unparteiischen, der das Gefühl hatte, dass ein Hermaringer Spieler ihm gegenüber „handgreiflich werden wollte“, in dessen Kabine. Doch auch hier fühlte er sich anscheinend nicht sicher. Da die „Streitereien“ vor seiner Kabine „immer heftiger wurden“, rief er schließlich die Polizei, die mit drei Streifenwagen eintraf. Letztendlich wurde der Schiedsrichter von Beamten zu seinem Auto begleitet.

Dies empfindet Robert Baß wiederum als „absolut überzogen“. Warum der Schiedsrichter die Polizei gerufen hat, verstehe er nicht, betont der Vorsitzende der Fußballabteilung des SC Hermaringen. „Es wollte auch niemand den Schiedsrichter schlagen“, so Baß. Zudem sei ja der Ordnungsdienst des FV Burgberg zur Stelle gewesen.

Allerdings räumt er Fehlverhalten von einigen Verantwortlichen ein. So habe jemand durchaus etwas „Richtung Schiedsrichter gesagt“. Die eigenen Fehler seien dem SC Hermaringen bewusst. „Wir stehen dazu und werden uns zukünftig ruhiger verhalten“, sagt Baß. Zur hitzigen Stimmung habe der Unparteiische mit seinen Entscheidungen beigetragen, fügt der 53-Jährige an. Der SC Hermaringen fühle sich sogar „verpfiffen“. So sei der Elfmeter zugunsten des FV Burgberg eine krasse Fehlentscheidung gewesen (daraus resultierte das 1:0 für den FV). Im weiteren Verlauf der Partie sei der Schiedsrichter „überfordert“ gewesen, sagt Baß. Dadurch sei unnötig Hektik aufgekommen.

Diese herrschte auch nach dem Schlusspfiff. In den Katakomben, unter dem Clubhaus, standen sich Anhänger beider Vereine gegenüber, der Gang sei „voll“ gewesen, schildert Guido Jander die Situation. „Ich kann's nachvollziehen, dass sich der Schiedsrichter bedroht gefühlt und die Polizei gerufen hat“, sagt der Spielleiter des FV Burgberg und fügt an: „Wahrscheinlich hätte ich das auch so gemacht.“

Spieler und Verantwortliche des SC Hermaringen seien in dieser Situation allerdings nicht beteiligt gewesen, beteuert Roland Häge. Vielmehr sei seine Mannschaft nach dem Spiel beim Auslaufen gewesen. „Das lassen wir uns nicht in die Schuhe schieben“, so der Trainer des SC Hermaringen, der im Hinblick auf den Bericht des Schiedsrichters betont: „Einige Dinge entsprechen nicht der Wahrheit.“

Häge empfand manche Entscheidungen des Schiedsrichters als „Provokationen“, bedauert aber, dass „wir so dumm waren und uns darauf eingelassen haben.“ Der Hermaringer Trainer selbst gibt zu, den Unparteiischen Mitte der ersten Halbzeit als blind und arrogant bezeichnet zu haben. Deswegen musste er den Innenraum verlassen und hinter der Bande Platz nehmen.

Dass letztendlich die Polizei zu einem Fußballplatz gerufen wird darf zwar nicht passieren, ist es aber. Nun wird das Sportgericht anhand der Aussagen der Beteiligten und den Stellungnahmen beider Vereine über mögliche Strafen entscheiden müssen.

Info: Schiedsrichterbericht gelangt an Öffentlichkeit

Sollte zwar nicht, ist aber geschehen: der Schiedsrichterbericht gelangte an die Öffentlichkeit und verbreitete sich auch übers Internet schnell. Normalerweise liegt der Bericht nur dem Sportgericht und den beiden beteiligten Vereinen vor.

Laut WFV-Ordnung (Württembergischer Fußballverband) müssen die Heimvereine bei Spielen mindestens zwei Ordner stellen. Diese sind für jedermann an entsprechenden Westen klar erkennbar. Sie sollen in erster Linie deeskalierend wirken, können aber auch vom Hausrecht des gastgebenden Vereins Gebrauch machen und Platzverweise aussprechen.

Aufrufe: 021.10.2015, 12:00 Uhr
EDGAR DEIBERT / HZAutor