2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
– Foto: Sascha Köppen

„Wir sollten dankbar für die Chance sein“

Der Vorsitzende des Fußballkreises Grevenbroich/Neuss sieht die Saison wegen Corona noch nicht in Gefahr.

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Gut vier Wochen läuft die neue Fußballsaison nach der langen Corona-Pause wieder. Schon im Vorfeld gab es bei vielen große Skepsis, ob die Saison unter den Bedingungen der Pandemie würde zu Ende gespielt werden können. Diese Bedenken bekommen jetzt wegen zunehmender Spielabsagen aufgrund von Corona-Verdachtsfällen weitere Nahrung – auch im Fußballkreis Grevenbroich/Neuss. Am vergangenen Wochenende sagten zum Beispiel die Holzheimer SG in der Landesliga und der SV Uedesheim in der Bezirksliga ihre Partien ab, weil es bei Spielern oder im Umfeld der Teams verdächtige Symptome gab. Der VfL Jüchen/Garzweiler, am Wochenende laut Spielplan Gegner des SVÜ, war schon zweimal hintereinander von einer Absage betroffen. Die sportlich Verantwortlichen dort sprechen offen an, was andernorts hinter vorgehaltener Hand geäußert wird. Sie befürchten, dass Vereine die aus ihrer Sicht zu geringen Hürden auf dem Weg zu einer Absage ausnutzen, wenn ihnen ein Spielausfall gelegen kommt. Als Konsequenz daraus sei die Saison gefährdet, weil es irgendwann zu viele Nachholspiele und zu wenig Nachholtermine gebe. Zu dieser Gemengelage äußert sich der Kreisvorsitzende Dirk Gärtner im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Gärtner, wie nehmen Sie die Diskussion rund um die Corona-bedingten Spielabsagen war?

Gärtner Ich bin an den Wochenenden viel auf den Plätzen unterwegs und höre dort auch viel. Wenn solche Diskussionen geführt werden, muss ich sagen, dass viele offenbar nicht verstanden haben, worum es geht. Das ist eine Frage der Verantwortung. Wenn solche Diskussionen im Fußball aufkommen, brauchen wir uns nicht über den schlechten Ruf des Fußballs wundern.

Wie meinen Sie das?

Gärtner Wenn ich mich bei anderen Sportarten umschaue, dann gibt es solche Mutmaßungen nicht. Im Handball und Basketball ist man froh, dass wieder Sport getrieben werden kann und bemüht, die Saison vernünftig über die Runden zu bringen. Wobei es ja auch so ist, dass der Fußball ein Abbild der Gesellschaft mit ihren Stärken und Schwächen ist, was in anderen Sportarten vielleicht nicht so ausgeprägt ist. Wir sollten eigentlich dankbar sein, dass wir in dieser Lage so eine tolle Chance bekommen, in den Spielbetrieb zu starten und das auch noch vor Zuschauern.

Wobei ein Vorwurf ja ist, dass es der Fußball mit seinen Vorgaben eben zu einfach macht, für im Einzelfall „willkommene“ Spielabsagen zu sorgen?

Gärtner Das kann ich so nicht sehen. Wir haben am Niederrhein eine einheitliche und transparente Regelung, die sich nach den Behördenvorgaben richtet. Da kann nicht jeder machen, was er will. Gibt es bei einer Mannschaft oder in ihrem Umfeld einen Verdachtsfall, dann muss das dem Staffelleiter gemeldet werden. Wenn der ein Spiel absagt, muss im Nachhinein das Ergebnis eines Corona-Tests vorgelegt werden. Egal, ob positiv oder negativ.

Aber es ist ja gerade einer der Kritikpunkte, dass solch ein Test ohne große Probleme gemacht werden kann, auch wenn vielleicht gar wirklicher kein Anlass dazu besteht.

Gärtner Wenn jemand wirklich Missbrauch betreiben will, dann findet er immer einen Weg. Aber man muss vielleicht mal andersherum denken. Wenn ein Spiel nicht abgesagt würde und sich hinterher ein Corona-Verdacht bestätigt, dann müssten von Behördenseite alle beteiligten Spieler für 14 Tage in Quarantäne und auch noch viele weitere Menschen, die eventuell Kontakt hatten. Da sind wir wieder bei der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung. Wenn es einen Verdachtsfall gibt, kann ich nicht andere in Gefahr bringen. Das ist aus meiner Sicht nicht zu verantworten. Fußball ist im Amateurbereich nur ein Hobby, während eine mögliche Quarantäne auch Einfluss auf das Arbeitsleben haben kann.

Wenn im Herbst und Winter die gewöhnlichen Infektionskrankheiten zunehmen, könnte die Lage aber unübersichtlich werden.

Gärtner Das müssen wir natürlich bedenken und im Blick behalten. In dieser Hinsicht müssen wir bestehenden Regeln eventuell noch mal hinterfragen. Aber auch diesbezüglich müssten wir eine einheitliche Handhabe für den ganzen Niederrhein finden.

Welche Voraussetzungen müssen denn erfüllt sein, damit eine Saison als regulär zu Ende gespielt gilt?

Gärtner Das ist in der Satzung des Westdeutschen Fußballverbandes für die aktuelle Saison 2020/2021 klar geregelt. Wenn bis zum 30. Juni die Hälfte aller Spiele stattgefunden haben, dann wir die Saison gewertet. Das sollten wir hinbekommen. Über Auf- und Abstieg entscheidet dann die Quotientenregel. Wir wissen natürlich nicht, ob über den Fußball oder den Sport insgesamt ein allgemeiner Lockdown verhängt wird. Da müssen sich die Vereine bewusst sein, dass sie sich streng an die behördlichen Hygienevorgaben halten sollten. Dann geht’s auch weiter.

Wie ist denn die Lage im Fußballkreis Grevenbroich/Neuss?

Gärtner Ich habe kürzlich mit Reinhold Dohmen, dem Vorsitzenden des Fußballausschusses gesprochen. Er sprach von etwa fünf bis sechs Spielen, die auf Kreisebene Corona-bedingt ausgefallen sind. Das sind also keine Zahlen, die uns Sorgen machen müssten. Für mich spricht nichts dafür, dass andere Regeln nötig sind.

Mögliche Manipulationen sind für Sie also kein Thema?

Gärtner Noch mal, dass der Fokus von vielen darauf gelegt wird, finde ich traurig. Es ist nicht gut, wenn in einer Gesellschaft die Denkweise im Vordergrund steht, dass so etwas schamlos ausgenutzt werden kann.

Aufrufe: 029.9.2020, 12:00 Uhr
RP / David BeinekeAutor