2024-04-25T14:35:39.956Z

Ratgeber Medizin
Abdelhag Nouri, Profi bei Ajax Amsterdam, bricht in einem Testspiel gegen Werder Bremen plötzlich zusammen. Viel häufiger als Profisportler trifft es allerdings Amateure, die ihre eigenen Fähigkeiten in sportlichen Wettkämpfen überschätzen. FOTO: GETTY IMAGES
Abdelhag Nouri, Profi bei Ajax Amsterdam, bricht in einem Testspiel gegen Werder Bremen plötzlich zusammen. Viel häufiger als Profisportler trifft es allerdings Amateure, die ihre eigenen Fähigkeiten in sportlichen Wettkämpfen überschätzen. FOTO: GETTY IMAGES

Kollaps: Plötzlicher Tod im Sport

Immer wieder brechen Profi- aber vor allem Amateursportler während des Trainings oder in Wettkämpfen zusammen. Ein Sportmediziner nennt Gründe und erklärt, wie man sich schützen kann

Ein Fußballspieler, der auf dem Feld zusammenbricht, ein Marathonläufer, der die Ziellinie nicht lebend erreicht oder ein Radprofi, der wegen einer Herzattacke schwer stürzt: Immer wieder kollabieren Sportler während eines Wettkampfes. Einige sterben daran, andere tragen bleibende Schäden davon. Ein solcher Zwischenfall hinterlässt geschockte Angehörige und macht auch Unbeteiligten Angst.

Beim 6. Wiedenbrücker Staffelmarathon war es erneut geschehen: Unmittelbar nach dem Start ist ein 48 Jahre alter Läufer zusammengebrochen. Die anderen Sportler leisteten Erste Hilfe, ein Notarzt musste den Amateurläufer wiederbeleben. Der Mann kam in ein Krankenhaus. Dort kämpfte er um sein Leben. Die Ursache? Vermutlich ein Aneurysma. Der häufigste Grund für einen Zusammenbruch ist eine Herzattacke. Aber können sich Sportler vor dem Kollaps, der den plötzlichen Tod bedeuten könnte, überhaupt schützen?
Sie können. Das sagt zumindest Andreas Elsner, Leiter des Sportmedizinischen Zentrums am Klinikum Gütersloh. Der Mediziner rät allen Sportlern dazu, sich im Vorfeld eines Wettkampfes ärztlich untersuchen zu lassen: „Durch ein Belastungs-EKG und ein Herzecho lassen sich schon viele Risikofaktoren ausschließen.“ Gerade bei Volksläufen sei eine erhöhte Gefahr von internistischen Notfällen vorhanden. „Laufen unter Wettkampfbedingungen ist immer etwas anderes als das freizeitmäßige Joggen nach der Arbeit“, so Elsner.


Mit Mythen räumt der 42-Jährige, der gleichzeitig Teamarzt beim Fußball-Zweitligisten Arminia Bielefeld ist, auf. Beim Marathon beginnt angeblich ab Kilometer 36 die Todeszone, beim Halbmarathon wird es offenbar nach 19 Kilometern lebensbedrohlich. „Es handelt sich dabei nicht um Todeszonen, sondern um sogenannte Ermüdungsphasen“, erklärt Elsner. Der Sportler bewegt sich an seiner Belastungsgrenze, der Körper geht an seine Reserven. „Dieser Bereich über dem Limit muss trainiert werden – und das am besten unter ärztlicher Aufsicht“, sagt Elsner.

Beim Marathonlauf oder anderen sportlichen Großereignissen gilt die Faustregel, dass es ungefähr pro 40.000 bis 50.000 Teilnehmern zu einem Todesfall kommt. Mit dabei sind Läufer, die – ohne es zu wissen – ein kardinales Risiko in sich tragen. Viele Sportler haben im Vorfeld hart trainiert, fiebern auf den Wettkampf hin und fühlen sich gesund. Ein Irrtum: Der Körper läuft im roten Bereich, das Herz schlägt im ungewohnten Alarmzustand, das Publikum schreit, die Beine sind schwer. Das alles bedeutet Stress für den Körper, den Geist und die Seele. Für manche ist das zu viel. Es kommt zum Zusammenbruch. Aber der ließe sich verhindern.

FOTO: firo Sportphoto
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Elsner: „Erfahrungsgemäß haben sich die wenigstens Läufer, höchstens zehn Prozent, von Ärzten durchchecken lassen.“ Denn wer sich gesund fühle und Sport treibe, vergesse etwas Entscheidendes: den ärztlichen Routine-Check vor dem Start zum Lauf-Event. „Wenn ich mehrere hundert Kilometer mit dem Auto in den Urlaub fahre, lasse ich das vorher auch überprüfen“, zieht der Arzt einen Vergleich. Die Strecke sei für das Fahrzeug ungewohnt, und der Fahrer wolle schließlich gesund am Urlaubsort ankommen. „So ist es für den Körper auch unter Wettkampfbedingungen.“

Viel wäre auch schon gewonnen, wenn jeder Hobbyjogger auf die Alarmzeichen seines Körpers reagiert und spätestens dann einen Arzt aufsucht. Typische Signale sind laut dem Gesundheitsmagazin »RBB Praxis« Schwindelattacken, sogenannte »Blackouts«. Also kurze Episoden, in denen der Sportler Lichtblitze sieht. In denen er das Gefühl hat, jetzt werden die Beine weich. In denen er sich mitunter hinsetzen muss, weil er sonst stürzen würde. „Allerdings könnte es da auch schon zu spät sein“, räumt Elsner ein.

Ein sportmedizinischer Check ist nicht ganz günstig: „Aber jeder kauft sich neue, teure Laufschuhe und Klamotten“, rechnet Elsner vor. Da könne man als Sportler auch bereit sein, noch etwas in die Gesundheit zu investieren.

Nicht unterschätzen sollte man nach Meinung des Experten auch die Rolle von Infekten. „Unmittelbar nach einer Grippe sollten mindestens zehn Tage Pause eingelegt werden“, sagt Elsner und schiebt hinterher: „Wenn einer der Fußballprofis, die ich betreue, eine Erkältung hat, spielt er garantiert nicht.“ Der Läufer müsse sich sicher sein, dass alle Symptome zur Ruhe gekommen sind, ehe er wieder größere Anstrengung auf sich nehme. Sonst besteht das Risiko, mit einer nicht erkannten Herzmuskelentzündung an den Start zu gehen. Der entzündete Herzmuskel ist aber nicht nur geschwächt. Er neigt auch zu plötzlichen und dann tödlichen Herzrhythmusstörungen.

Aufrufe: 08.7.2018, 09:45 Uhr
Dennis Bleck / FuPaAutor