2024-05-02T16:12:49.858Z

Ligabericht
Der entscheidende Moment: Die Offenbacher Kevin Pezzoni (l.) und Dominik Draband (r.) können das Tor von Steinbachs Matchwinner Kevin Lahn, der den TSV damit an die Tabellenspitze schießt, nicht mehr verhindern.	Foto: Nick Fingerhut
Der entscheidende Moment: Die Offenbacher Kevin Pezzoni (l.) und Dominik Draband (r.) können das Tor von Steinbachs Matchwinner Kevin Lahn, der den TSV damit an die Tabellenspitze schießt, nicht mehr verhindern. Foto: Nick Fingerhut

»Ich freue mich wahnsinnig«

RL SÜDWEST: +++ Nach dem 1:0-Sieg gegen Kickers Offenbach erklimmt der TSV Steinbach Haiger die Tabellenspitze der Regionalliga +++

Haiger. Am Ende brachen alle Dämme! Stadionsprecher Sven Firmenich rief zur Humba auf und schrie immer wieder „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey, hey ...“. Trainer Adrian Alipour umarmte jeden, der bei drei nicht auf dem Baum war. Und seine Jungs tanzten auf dem Rasen ausgelassen, winkten in Richtung der Haupttribüne, gaben Autogramme und ließen es schließlich in der Kabine – angestimmt von Sasa Strujic – zu „Baillar“ von Deorro feat. Elvis Crespo so richtig krachen. „Hier ist es so richtig geil“, erntete der Coach Minuten später in der Pressekonferenz donnernden Applaus von den ein wenig mehr zahlenden Zuschauern. „Ich freue mich wahnsinnig.“

Das durfte der 40-Jährige auch, dessen Team überraschend in der Fußball-Regionalliga Südwest die Tabellenführung übernommen hatte. Mit 1:0 (0:0) hatten seine Jungs das Hessenderby gegen Kickers Offenbach zu ihren Gunsten entschieden und gleichzeitig davon profitiert, dass der bisherige Spitzenreiter 1. FC Saarbrücken patzte. Dass die Platzherren die Partie am Ende mit dem knappsten aller Erfolgserlebnisse entschieden, war schlicht der Tatsache geschuldet, dass sie dreimal am Aluminium gescheitert waren. Nach 17 Minuten, als Stürmer Jannik Mause nur den Pfosten traf, nach 26 Minuten, als Innenverteidiger Benjamin Kirchhoff es ihm gleichtat, und nach 66 Minuten, als der eingewechselte Manuel Hoffmann einen Freistoß-Kracher auf die Latte setzte.

„Wer dreimal Pfosten oder Latte trifft, der hat die Punkte am Ende auch verdient behalten“, resümierte Mause. „Wir haben hinten nichts zugelassen, in der Offensive Offenbach aber immer wieder zugesetzt“, blickte Kirchhoff auf das Duell gegen seine ehemaligen Kameraden zurück. Und Sasa Strujic ergänzte: „Bis auf die 20 Minuten vor der Pause waren wir die deutlich bessere Mannschaft.“

Recht hatte der 27-Jährige, der am Tor des Tages nicht ganz unbeteiligt war. Bei einem doppelten Doppelpass mit Kevin Lahn hatten er und Christopher Kramer technisch fein die Vorarbeit geleistet, sodass sich der ebenfalls eingewechselte Ex-Elversberger, der letzte Woche beim Bahlinger SC als Joker noch zwei entscheidende Vorlagen gab, frei vor OFC-Schlussmann Dominik Draband schließlich die Ecke aussuchen konnte. „Dass die Jungs mir den Ball so aufgelegt haben, war natürlich ganz große Kunst“, wollte Lahn das Lob über den Siegtreffer nicht nur für sich alleine beanspruchen. „Das Gefühl, oben zu stehen, kannte ich noch nicht. Es ist einfach nur überragend.“

Während sich die Platzherren ausgiebig freuten, war bei den Gästen Tristesse angesagt. Die rund 400 mitgereisten Fans, eigentlich für ihre verbale Power bekannt, waren mucksmäuschenstill. Und Trainer Daniel Steuernagel, der nach dem vierten sieglosen Spiel in Serie bei den Anhängern mächtig in der Kritik steht, versuchte sich in Schadensbegrenzung: „Es ist bitter, aber wir haben uns selbst geschlagen“, war der 39-Jährige nicht gut zu sprechen auf seinen Rechtsverteidiger Lucas Albrecht, der – schon mit Gelb vorbelastet – eine Viertelstunde vor Schluss Sascha Marquet so heftig am Trikot festhielt, dass Schiedsrichter Timo Gerach aus Landau in der Pfalz keine andere Wahl hatte, als die Ampelkarte zu zücken. „So etwas geht gar nicht. Wenn wir komplett bleiben, geht das Spiel 0:0 aus“, war der in Aßlar lebende Steuernagel bedient.

Adrian Alipour indes waren die Befindlichkeiten des Kollegen egal. Er hatte einen TSV gesehen, der nach seiner Aussage „giftig und gallig“ war, der sich „mental unfassbar stark“ präsentierte und der „keinem Zweikampf aus dem Weg“ gegangen war. Dass Daniel Steuernagel befand, dass Steinbach sich zu diesem Zeitpunkt der Saison „für die Tabellenführer nichts kaufen“ kann, juckte ihn wenig. Die Antwort hatten die Seinen zuvor auf dem Rasen gegeben. Und den Moment zu genießen, das ließen sie sich nicht nehmen.



Aufrufe: 015.9.2019, 21:00 Uhr
Alexander Fischer (Dill-Post / Dill Zeitung)Autor