2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Die 2. Bundesliga fest im Blick: Der Unterallgäuer Martin Dausch schnuppert seit einigen Jahren Profiluft, künftig im Trikot des Kultclubs Union Berlin.  Foto: imago
Die 2. Bundesliga fest im Blick: Der Unterallgäuer Martin Dausch schnuppert seit einigen Jahren Profiluft, künftig im Trikot des Kultclubs Union Berlin. Foto: imago

Kicken beim Kultverein

Profi Martin Dausch aus Markt Rettenbach wechselt in der 2. Liga vom VfR Aalen zum 1. FC Union Berlin +++ Im Interview spricht er über sportliche Ziele und Gänsehaut-Momente

Es gibt nicht viele Fußball-Kultvereine in Deutschland. Die Kiez-Kicker vom FC St. Pauli – klar. Auch die Knappen vom FC Schalke 04 – ok. Aber dann? Dann wird die Luft schon dünner. Einen hätten wir noch! Den 1. FC Union Berlin, der sich diesen Status aus der Vergangenheit heraus in der ehemaligen Deutschen Demokratische Republik (DDR) erworben hat. Genau dort hat Martin Dausch, der 27-jährige Unterallgäuer aus Markt Rettenbach, für zwei Jahre unterschrieben.

Der 1. FC Union war der Gegenpol in der damaligen Hauptstadt der DDR zum BFC Dynamo Berlin – im Volksmund gerne Stasiklub genannt – der von den damals politisch Mächtigen der DDR protegiert und aus Prestige-Zwecken zur alljährlichen Pflicht-Meisterschaft bestimmt war. Manchmal ist dem Vernehmen nach auch etwas nachgeholfen worden, wenn die Ergebnisse den Titel nicht zwingend versprachen.
Doch das ist Schnee von gestern. Kicken beim Kultverein ist heute und gilt ab nächster Saison für Dausch. Der begann – wie der künftige Bayern-Star Mario Götze – in frühester Jugend seine Karriere beim SC Ronsberg. Nun wechselt er vom VfR Aalen zum Zweitliga-Konkurrenten 1. FC Union Berlin. Nicht minder legendär, wie die Geschichte dieses Klubs in der DDR, ist das Vereinslied: „Eisern Union“, gesungen von Rock-Röhre und Edel-Fan Nina Hagen; auch was besonderes, einzigartiges im Fußball-Deutschland.

Warum weg vom VfR Aalen?

Dausch: Ich war vier Jahre dort. Der Vertrag ist ausgelaufen. Das neue Angebot war gut. Aber ich will mal was anderes sehen.

Was hat Sie bewogen, ausgerechnet zum 1. FC Union Berlin zu wechseln?

Dausch: Ich wollte mich sportlich verbessern und habe die Chance, alle 14 Tage vor 20 000 Zuschauern zu spielen. Seit die neue Haupttribüne in der Alten Försterei fertig ist, ist das Stadion ein richtiger Tempel geworden. Dort zu spielen erzeugt Gänsehaut-Atmosphäre. Mit der Stimmung kann nur Köln oder Dresden mithalten. Die Fans tun rasend und feuern dich beim ganzen Spiel an. Als Fußballer lebst du für solche Momente.

Heißt, sich sportlich zu verbessern, dass Sie mit Union in die Bundesliga aufsteigen wollen?

Dausch: Die Ambitionen sind da. Union will, muss aber nicht aufsteigen. Mit dieser Einstellung lebt es sich am besten. Dort herrscht nicht dieser Druck, wie in Köln. In Aalen war es ähnlich. Der Verein wollte unbedingt in die 2. Bundesliga und es hat nicht funktioniert. Erst als kleinere Brötchen gebacken wurden und der Druck weg war, klappte es.

In der Vorrunde haben Sie für Aalen sechs Mal getroffen. In der Rückrunde haben Sie kaum noch gespielt. Hatte das damit zu tun, dass Sie den Wechsel schon im Winter verkündet haben?

Dausch: Nein, nein. Ich hatte nach dem Trainingslager in der Türkei Knieprobleme und konnte nicht spielen. Als es einigermaßen wieder ging, war ich auf dem Platz, bis der Klassenerhalt geschafft war. Dann habe ich mich zum Saisonende selbst rausgenommen.

Ist ja nicht gerade ideal, mit einer Verletzung bei einem neuen Verein einzusteigen ...

Dausch: Klar ist es blöd, verletzt den Verein zu wechseln. Aber als ich den Vertrag unterschrieben habe, hatte ich die Kniebeschwerden nach dem Meniskuseinriss noch nicht. Bei Union sind alle Profi genug, um zu wissen, dass so was passieren kann.

Was ist das Besondere bei Union?

Dausch: Die Kontinuität bei diesem Verein war für mich ausschlaggebend. Sowohl Trainer Uwe Neuhaus als auch der Vorsitzende sind schon lange im Verein. Uwe Neuhaus will den Kader klein halten und über die Gemeinschaft kommen, ähnlich wie Eintracht Braunschweig vergangene Saison. Es geht bei Union familiär zu. Die Geschäftsstelle zum Beispiel ist kein Riesenbunker, sondern klein und sympathisch. Bei der Wohnungssuche zum Beispiel waren ein Fotograf von Union und die Chefsekretärin dabei.

Wohnen Sie schon in Berlin?

Dausch: Vor wenigen Tagen sind wir umgezogen. Das war ganz schön stressig. Mit Frau, Sohn, Hund, Sack und Pack. Wir wohnen ganz stilecht im Osten. In einer früheren russischen Kaserne in Karlshorst, fünf Kilometer vom Stadion weg.

Wie sehen Sie sich bei Union?

Dausch: Es war mir wichtig, zu einem Verein zu gehen, in dem nicht nur Stars stehen und ich irgendeine Nebenrolle spiele. Ich freue mich aber auch, mit einem so erfahrenen Mann wie Mario Eggimann zu spielen, der von Hannover 96 kommt. Neuhaus lässt ein 4-4-2 -System spielen. In dieser Formation kann ich als Linksfuß im Grunde jede Position spielen. Ich sehe es so: Ich will Union weiterhelfen.

Aufrufe: 019.6.2013, 05:14 Uhr
Mindelheimer Zeitung / Jürgen LutzAutor