2024-03-27T14:08:28.225Z

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"Es war von vorneherein klar, dass wir die Tore tragen müssen": Lukas Mühl (rechts) und Sascha Wenninger (links) mit Philipp Hercher. Fotos: Jürgen Rauh/Sportfoto Zink
"Es war von vorneherein klar, dass wir die Tore tragen müssen": Lukas Mühl (rechts) und Sascha Wenninger (links) mit Philipp Hercher. Fotos: Jürgen Rauh/Sportfoto Zink

Keine Zeit, sich zu verstecken

Im Trainingslager der Profis durften die Club-Talente Kammerbauer, Mühl und Wenninger zeigen, ob sie zu Höherem berufen sind

Die Talente Patrick Kammerbauer (18), Lukas Mühl (wird am Mittwoch 19) und Sascha Wenninger (20) aus dem Nach­wuchsleistungszentrum des 1. FC Nürnberg durften mit den Profis ins Trainingslager nach Belek fliegen. Dort versuchten sie, mit guten Leistun­gen aufzufallen, besonders nachhaltig scheint das ausgerechnet dem Jüngs­ten gelungen zu sein.

Freund schneller Passfolgen: Patrick Kammerbauer

Im letzten Test gegen Ujpest Buda­pest bekam er von den rund 200 Club-Fans sogar Szenenapplaus, schon in den nächsten Wochen und Monaten soll Patrick Kammerbauer weitere Erfahrungen sammeln im Männerfuß­ball. Aber mal ehrlich: Wie war’s denn wirklich?

Der Zwillingsbruder musste leider zu Hause bleiben. Patrick und David Kammerbauer zählen zu den größten Hoffnungen im Nachwuchsleistungs­zentrum des 1. FC Nürnberg; David ist ein linker Verteidiger, Patricks Stärken kommen normalerweise im defensiven Mittelfeld am besten zur Geltung. Laufstark und giftig präsen­tierte er sich im Trainingslager der Profis, seine Ruhe selbst in brenzligen Situation verblüffte auch René Wei­ler. „Auf dem Platz“, findet Patrick Kammerbauer, „sollte man schon frech sein und sich etwas zutrauen.“ Bei der DJK Raitenbuch in der Nähe von Weißenburg hatten die Kam­merbauers als kleine Buben einst ange­fangen mit dem Fußball, mittlerweile sind beide Junioren-Nationalspieler. Ihre Mutter hatte sie ohne ihr Wissen zu einem Talentsichtungstag beim großen Club angemeldet, fast neun Jahre ist das mittlerweile her. Von den rund 150 Teilnehmern durften nur die Kammerbauers wiederkommen. „Wir hatten eigentlich gar keine Lust, da hinzugehen“, sagt Patrick Kammer­bauer, „ich weiß auch nicht, wie talen­tiert die anderen damals waren.“ Seit­dem haben sie sich prächtig entwi­ckelt; dass Patrick jetzt mit in die Tür­kei durfte und David nicht, hängt auch mit ihren Positionen zusammen.

Den FC Barcelona schauen sie sich gerne an, Patrick mag vor allem die schnellen Passfolgen. Das merkt man ihm in Belek an; er versucht auch bei den Profis, mit möglichst wenigen Kontakten zu spielen.
"sie haben uns alle sehr gut unterstützt.“: Patrick Kammerbauer (links) mit Guido Burgstaller. F: Zink

Seinem großen Ziel dürfte er sich angenähert haben, der 18-Jährige fiel positiv auf, auch in den Tests gegen den SV Grödig und Ujpest Budapest. Dass er gegen die Ungarn als Einziger aus der Förder-Gruppe noch eine hal­be Stunde mitspielen durfte, spricht für ihn. Als rechter Verteidiger ließ er nicht viel anbrennen.

In Nürnberg wartet noch eine ande­re Herausforderung; dank der soge­nannten Schulzeitstreckung hat er zwar 13 Jahre Zeit bis zum Abitur, ab Mai wird es aber ernst, auch für sei­nen Bruder, der eine Minute älter ist. Und danach soll der Traum von einer Profi-Karriere in Erfüllung gehen, natürlich auch für seinen Bruder. Den Sprung traut er sich zu, David eben­falls, obwohl er weiß: „Man braucht auch eine gehörige Portion Glück."


Zeit für den nächsten Schritt: Sascha Wenninger

Sogar überregional für Aufsehen sorgte Sascha Wenninger im Septem­ber im Stadion an der Grünwalder Straße. Mit einem Schrägschuss aus fast unmöglichem Winkel hatte er den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich er­zielt im Regionalligaspiel des 1. FC Nürnberg II beim FC Bayern Mün­chen II. Fußball-Freunde wählten das Tor zum sogenannten „Bayern-Tref­fer des Monats“. Fair gab er später zu, dass es eigentlich eine Flanke hätte werden sollen, aber egal.

Weil der Club in Miso Brecko aktu­ell nur einen rechten Verteidiger im Aufgebot hat und Kevin Möhwald im offensiven Mittelfeld deutlich besser aufgehoben ist, durfte sich jetzt Sascha Wenninger empfehlen. Vor einem Jahr war er innerhalb der Regionalliga vom FC Augsburg II zum 1. FC Nürnberg II gewechselt, obwohl er ein paar Monate zuvor mit den Pro­fis ins Sommer-Trainingslager in Walchsee/Tirol fahren durfte. Er hat also schon ein paar Erfahrungen sam­meln können auf hohem Niveau.

Der junge Mann aus Lauterbach bei Donauwörth gab auch in Belek ordent­lich Gas — musste aber feststellen, dass „das Tempo und die technischen Ansprüche“ ungleich höher sind als in der vierthöchsten Spielklasse. Erst verhältnismäßig spät hatten auch grö­ßere Vereine als der SC Untere Zu­sam, der FC Lauingen und die TSG Thannhausen den quirligen Außenver­teidiger auf dem Zettel. Mit 17 holte ihn der FCA in sein Nachwuchsleis­tungszentrum, ließ ihn zweieinhalb Jahre später aber wieder ziehen. „Mein Vertrag wäre im Sommer ausge­laufen, da kam das Angebot aus Nürn­berg genau zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Wenninger.

Seitdem versucht er, sich in der U21 zu empfehlen. Es scheint ihm gelungen zu sein. „Ich denke, dass ich hier einen guten Eindruck hinterlas­sen habe“, sagt Wenninger, „sie haben uns alle sehr gut unterstützt.“ So gut, dass Wenninger mit einem guten Ge­fühl nach Hause flog. Obwohl er natür­lich weiß, dass er mit seinen bald 21 Jahren vor möglicherweise entschei­denden Monaten steht. „Es sollte lang­sam in die Richtung gehen“, sagt Wen­ninger, „wenn es noch etwas werden soll.“ Mit der angestrebten Karriere im Profi-Fußball.


Wie der junge Frank Baumann: Lukas Mühl

Mit der zweitschwersten Tasche (nach der seines U19-Kumpels Patrick Kammerbauer) reiste Lukas Mühl an. 20 Kilogramm. Das ist statt­lich für ein Trainingslager. Am Abend vor dem Abflug hatten die beiden noch besprochen, „was wir alles mit­nehmen sollen“. Also packten sie neben ihren Fußballschuhen eben alles Mögliche ein. Die Playstation blieb allerdings zu Hause.

Mühl wird am Mittwoch 19 Jahre alt, wirkt aber reifer. Er hat Innenver­teidiger gelernt, seine Stärken liegen im Zweikampf. Groß ist er, kann dafür aber gut Fußball spielen. Die Passqualität ist ordentlich, auch dank seiner Übersicht. Langjährige Beob­achter des Vereins erinnert er mit sei­nem Bewegungsablauf sogar an den jungen Frank Baumann.

„Es geht schon anders zur Sache, das ist einige Stufen höher“, sagt Mühl, der aus Regen im Bayerischen Wald stammt. Aufgespürt hatte ihn Nachwuchstrainer Michael Wimmer in einer ostbayerischen Regionalaus­wahl, seit der U15 ist Mühl beim Club. Der mittleren Reife lässt er der­zeit ein Fernstudium folgen, „Sportbe­triebswirt“ könnte er eines Tages wer­den. Am liebsten aber, wie die meisten Talente seines Alter: Berufsfußballer.

Auch er glaubt, einen positiven Ein­druck hinterlassen zu haben, „ich habe gemerkt, dass es von Tag zu Tag leichter geht, ich konnte sehr viel ler­nen“, sagt Mühl. Der sich demütig gab während der sieben Tage in Belek, wie Kammerbauer und Wenninger auch. „Es war von vorneherein klar, dass wir die Tore tragen müssen und das Wasser“, so Mühl. Respekt zeigten sie auch. Versteckt haben sie sich trotz­dem nicht. Alle drei.

Aufrufe: 026.1.2016, 09:41 Uhr
Wolfgang Laaß (NN)Autor