2024-05-02T16:12:49.858Z

FuPa Portrait
Marco Viere vom VfR Voxtrup
Marco Viere vom VfR Voxtrup

Kein Schmuck, sondern eine Hilfe

Marco Viere ist gehörlos und spielt mit Cochlea-Implantat Fußball bei den Herren des VfR Voxtrup

Osnabrück. Brillenträger tummeln sich massenhaft auf Sportplätzen und in Hallen. Sie gehören so fest zum Bild, dass sie kaum jemandem sonderlich auffallen. Wer Marco Viere beim Fußballspielen antrifft, schaut hingegen häufig zweimal hin: Der 20-Jährige trägt ein Cochlea-Implantat (CI), denn er ist gehörlos.

,,Ich merke schon, dass ich manchmal angeguckt werde und die Leute überlegen, was ich da am Kopf habe", sagt Viere, der in der zweiten Fußballmannschaft beim VfR Voxtrup in der 1. Kreisklasse spielt. Mit ,,am Kopf" meint er das wenige Zentimeter große äußere Gegenstück seines Implantates unter der Haut. Es sitzt seitlich, auf Ohrhöhe und überträgt den Schall auf das Implantat.

Mit dem CI kann Marco Viere hören. Eigentlich alles. Aber: ,,Wenn mich auf dem Platz jemand ruft, weiß ich manchmal nicht ganz genau, woher das kommt", sagt er. Da müsse er sich dann manchmal schon zweimal drehen, um das Rufen einem Mitspieler zuzuordnen.

Ein wenig anders geht es Marcos Schwester Annika. Die 15-Jährige spielt ebenfalls bei Voxtrup Fußball - in der B-Jugend bei den Mädchen. Annika Viere trägt Hörgeräte. Im Gegensatz zu ihrem Bruder ist sie nicht vollkommen taub, sondern hört etwa 50 Prozent. Im sportlichen Alltag haben die Viere-Geschwister mittlerweile nützliche Tricks entwickelt: ,,Wenn wir im Training Übungen machen müssen, stelle ich mich meist erst als Zweiter oder Dritter an, dann kann ich alles einfach nachmachen", sagt Marco. Und grinst Annika an, die das häufig auch so macht.

Fußball erfordert eine Verständigung mit den Teamkollegen auf und neben dem Platz. ,,Manche Kollegen sprechen direkt in das Implantat, aber das müssen sie gar nicht - ich kann auch von den Lippen ablesen", erklärt Marco Viere. Das muss er häufig in der Kabine nutzen: Wenn Musik läuft und viele Stimmen durch den Raum schwirren, stößt das Implantat an seine Grenze. Schwester Annika ist weniger gut im Lippenlesen, stellt sich daher bei Ansagen nah zum Trainer oder fragt Mitspielerinnen.

Innerhalb des Teams funktioniert der Kontakt reibungslos. Allerdings wissen die Schiedsrichter oder Gegenspieler manchmal nicht, wie sie auf Marcos Implantat reagieren sollen. ,,Der Trainer vom Gegner hat letztens mal gesagt, dass Schmuck abgelegt werden muss", erzählt Viere. Als er dem Schiri dann erklärte, was es mit dem Implantat auf sich hat, war das Thema abgehakt. Manchmal sage er den Schiris vor dem Spiel, dass er möglicherweise nicht jede Situation sofort einordnen kann. ,,Dann soll der mir nicht sofort 'ne Gelbe Karte geben, wenn ich nach dem Pfiff noch weiterspiele" erklärt Viere. Ausnutzen würde er das natürlich nicht.

Schwierig wird es für den 20-Jährigen manchmal doch: Als der Akku des Implantates während eines Spiels mal ausfiel, stand er eine Halbzeit auf dem Platz, ohne etwas zu hören. Nicht ganz leicht für ihn, da er dann nie weiß, ob eine Spielsituation abgebrochen ist oder der Schiri laufen lässt.

Am Ende wäre es Viere allerdings am liebsten, wenn die Leute nicht nur schauen, sondern ihn direkt auf sein Implantat ansprechen. Aber vielleicht trägt die Tatsache, dass kürzlich der gehörlose Spieler Simon Ollert einen Profivertrag bei SpVgg Unterhaching unterschrieb, ein wenig zurAufklärung bei.

Aufrufe: 012.12.2014, 07:47 Uhr
Neue Osnabrücker ZeitungAutor