2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Integration bei der SG Eiche 1951 bereits eingespielt: (v.li.) Baktash Sarway (Afghanistan), Husham Abdulwahid (Irak), Trainer Mert Duyar und Mustafa Musawi (Afghanistan). Foto: Dirk Zengel
Integration bei der SG Eiche 1951 bereits eingespielt: (v.li.) Baktash Sarway (Afghanistan), Husham Abdulwahid (Irak), Trainer Mert Duyar und Mustafa Musawi (Afghanistan). Foto: Dirk Zengel

Integration auf dem Fußballplatz

Bei der SG Eiche Darmstadt wird das Miteinander gelebt / Flüchtlinge machen den Verein auch international bekannt

Einen wie Husam Abdulwahid könnten sie derzeit vermutlich gut gebrauchen beim SV Darmstadt 98. Der Tabellenletzte der Bundesliga beklagt eine Flaute in der Offensive und Husam Abdulwahid ist ein Stürmer. "Einer, der nicht lange fackelt, ein äußerst talentierter Knipser", sagt Mert Duyar, der bei der Sportgemeinschaft Eiche in der Darmstädter Heimstättensiedlung Abdulwahids Trainer ist.

Der 21 Jahre alte Iraker kam im Sommer 2015 mit seinem Onkel nach Deutschland und wenige Monate später nach Darmstadt. In der Heimstättensiedlung fand er schnell Anschluss an die Fußballer der SG Eiche, ein Verein, der für seine Integrationsarbeit inzwischen mehrfach ausgezeichnet wurde.

Die Heimstättensiedlung, in der rund 7450 Menschen leben, hat sich einer besonderen Integrationsaufgabe gestellt: Vor allem, als die Kelley-Barracks, das ehemalige US-Kasernenareal an der Eschollbrücker Straße, im Dezember 2015 mit Flüchtlingen belegt wurden. Nach einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit mit einem Info-Abend samt Oberbürgermeister, Sozialdezernentin und Regierungspräsidentin folgte eine engagierte, gemeinsame Integrationsarbeit, die dafür sorgte, dass die Flüchtlinge schnell im Alltag angekommen sind.

Vor allem das Angebot der evangelischen Matthäusgemeinde um Pfarrer Andreas Schwöbel und Amelie Zugwurst, die Mitarbeiterin im Offenen Kinder- und Jugendhaus, hat neben dem Sportangebot der SG Eiche einen wesentlichen Beitrag zur Integrationsarbeit geleistet. "Unsere Arbeit in der Siedlung für Geflüchtete wird positiv aufgenommen, immer wieder gibt es Unterstützungsanfragen und wertschätzende Stimmen", berichtet Pfarrer Schwöbel. Die Leiterin der Kindertagesstätte der katholischen Pfarrgemeinde Heilig Kreuz, Gabriele Lukascy, berichtet Ähnliches: "Kinder, egal, woher sie kommen und welche Sprache sie sprechen, spielen miteinander", sagt die Kita-Leiterin. Zwölf Kinder aus neun Familien, die in den Kelley-Barracks Zuflucht fanden, wurden in den katholischen Kindergarten aufgenommen. Lob gibt es für die Integrationsarbeit in der Heimstättensiedlung von Darmstadts Sozialdezernentin Barbara Akdeniz (Grüne). "Hier haben die Menschen wirklich was miteinander zu tun", sagt die Dezernentin und nennt die Angebote der Kirchengemeinden und der SG Eiche als gute Beispiele.

Mustafa Musawi lebt seit sechs Monaten in den Kelley-Barracks. Auch der 30 Jahre alte Afghane spielt für die SG Eiche und ist dem Verein sehr dankbar für die Möglichkeit, Fußball zu spielen. 13 Geflüchtete haben inzwischen einen Pass und sind für die SG Eiche in der Kreisliga B spielberechtigt. Husam Abdulwahid, der talentierte Stürmer aus dem Irak, machte gleich in seinem ersten Spiel sein erstes Tor. "Das war ein starker Einstand", sagt sein Trainer Mert Duyar. "Das Miteinander hat sich gut eingespielt, für alle hier in der Siedlung", fasst Eiche-Vorsitzender Markus Reitz die Lage zusammen. Dennoch: "Bei allem, was neu ist, ist man ja erst mal skeptisch", räumt Valentin Bauer ein. Der 80 Jahre alte Siedler ist Gründungsmitglied der 1951 entstandenen SG Eiche und seit 1971 im Vereinsvorstand.

Als Anlagen-Wart sieht er das Sportangebot seines Vereins und den Einsatz der fußballspielenden Flüchtlinge beinahe täglich und mit großer Freude: "Unser Sport verbindet und es gibt uns als Verein ja auch viel zurück", sagt Bauer. Etwa Tore von Husam Abdulwahid oder eine Erwähnung der SG Eiche im irakischen Sportfernsehen. Dort trat vor einigen Tagen Husams Vater auf, einst irakischer Nationaltorhüter. Er hat seinen Sohn schweren Herzens ziehen lassen. "Auf in ein besseres Leben", wie der junge Iraker in gutem Deutsch seine Hoffnung beschreibt. Sein Vater habe im Fernsehen der SG Eiche dafür gedankt, seinem Sohn in seinem neuen Leben zur Seite zu stehen. "Das hat uns sehr berührt", sagen Fußball-Trainer Duyat und Eiche-Chef Reitz.

Am Böllenfalltor beim SV 98 hat Husam schon ein Bundesliga-Spiel besucht. "Vielleicht darf ich da ja mal spielen", hofft der talentierte Iraker. "Nix da, du bleibst hier, bei uns in der Siedlung", zeigt sich Markus Reitz für die SG Eiche entschlossen.

Aufrufe: 01.2.2017, 17:34 Uhr
Frank Horneff (Darmstädter Echo)Autor