2024-04-25T14:35:39.956Z

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HFV-Präsident Stefan Reuß (r., neben ihm Ehrenpräsident Rolf Hocke) appelliert in Erbenheim an faires Miteinander. Foto: Neumann
HFV-Präsident Stefan Reuß (r., neben ihm Ehrenpräsident Rolf Hocke) appelliert in Erbenheim an faires Miteinander. Foto: Neumann

In-Konkurrenz-Ball beim Präsidium

Info-Veranstaltung in Erbenheim zu heißem Thema emotional, aber sachlich +++ HFV-Führung erhält Meinungsbild +++ Radeck mit Alternativvorschlag

Wiesbaden. Wenige Stunden nachdem er die Zusammenkunft im Erbenheimer Bürgerhaus als Moderator souverän gelenkt hatte, saß Lars-Henning Metz bereits wieder am hr-1-Radiomikrofon. Spielte Hits aus den 1970ern und 1980ern Jahren, als das Thema „Reserven in Konkurrenz“ im Fußballkreis Wiesbaden unbekannt war. Als Sonntag für Sonntag in der Regel zweite und erste Mannschaft eines Clubs ihre Spiele hintereinander absolvierten. Als noch ein teilweise sogar großes Zuschauer-Interesse vorhanden war, als Getränke- und Imbiss-Umsatz stimmten. Doch das ist Nostalgie. Ganz egal, wie es mit dem – eigentlich schon festgelegten – Spielgeschehen in Wiesbadens Ligen 2017/18 weitergeht.

Emotionen statt Anfeindungen

Die Ungewissheiten um künftige Ligastrukturen und Klassen-Aufteilungen bleiben auch nach dem gut besuchten Erbenheimer Meeting bestehen, doch die vom Präsidium des Hessischen Fußballverbands initiierte „Informationsveranstaltung“ mit Kreisfußballausschuss- und Vereinsmitgliedern brachte zumindest etwas Ordnung ins Diskussions-Chaos der vergangenen anderthalb Jahre. Beleidigungen und Anfeindungen blieben aus, emotional und sachlich vorgetragene Standpunkte vereinten sich zu einem Meinungsbild für das Präsidium, das als letzte Instanz darüber zu entscheiden hat, ob sechs Wiesbadener Vereine weiter mit ihrer Reserve dauerhaft in Konkurrenz spielen dürfen oder nicht.

Reuß: Wird welche geben, die unzufrieden sind

„Ich habe volles Vertrauen, dass das Verbandspräsidium mit Sachverstand entscheiden wird“, glaubt Philip Zinn, stellvertretender Vorsitzender des A-Ligisten SV Blau-Gelb. HFV-Präsident Stefan Reuß und sein Vize Torsten Becker nahmen den Faden auf, sicherten zu, unter Berücksichtigung von Sachargumenten und Statuten genau abzuwägen und zeitnah zu entscheiden. „Aber es wird welche geben, die danach unzufrieden sind. Mir ist es wichtig, dass trotzdem in Zukunft ein sportlich fairer und respektvoller Umgang gepflegt wird“, betonte Reuß.

„Kleine“ Clubs fürchten Wettbewerbsverzerrung:

Blau-Gelb ist einer der Vereine, die für eine Abschaffung der in offiziellen Ligen spielenden Reserven von Kreisoberliga-Vereinen plädieren. Die für die strikte Umsetzung von Kreis- und Verbandstagsbeschlüssen sind. Für die C-Liga-Auflösung, die für verstärkten Aufstieg von B-Ligisten in die A-Liga sorgen soll. Für Außer-Konkurrenz-Spielrunden aller zweiten Mannschaften ab der Kreisoberliga abwärts. Nach diversen mit Applaus bedachten Plädoyers war die Fraktion der „kleinen“ Vereine der Punktsieger des Abends. Diese Kleinen fühlen sich bei Heimspielen gegen in Konkurrenz spielende Reserven um Zuschauerzuspruch gebracht und sie führen mögliche Wettbewerbsverzerrungen an, wenn eine In-Konkurrenz-Zweite mehr als die erlaubten zwei Akteure der eigenen Ersten aufbietet. Das ist regelkonform, wenn etwa zusätzlich Rekonvaleszenten oder Gesperrte nach längeren Spielpausen zum Zug kommen.

Nauroder Sorge vor Zwangsabstieg der Zweiten

Dem gegenüber stehen Clubs, die seit Einführung von in Konkurrenz mitwirkenden Kreisoberliga-Reserven im Jahr 2005 ihre Zweite schrittweise zu einem stabilen Unterbau präpariert haben. „Wir waren anfangs über die Einführung nicht glücklich, mussten aber damit leben und haben daraufhin den Fokus mehr auf die Jugendarbeit gelegt. Inzwischen haben wir erkannt, wie wichtig eine in Konkurrenz spielende Zweite für das Kreisoberliga-Team ist. Wir haben zwölf Jahre getan, was der Verband wollte und jetzt sollen wir den zahlreichen jungen Spielern der Zweiten sagen, dass sie künftig außer Konkurrenz spielen“, empfände Helge Dörr, Vorsitzender des FC Naurod, eine mögliche Zurückstufung als „Zwangsabstieg“.

Vor wegweisender Entscheidung

Nun liegt der Ball beim zwölfköpfigen HFV-Präsidium. Gibt das Präsidium dem Widerspruch des Kreisfußballausschusses statt, spielen Reserven von Kreisoberligisten künftig genauso außer Konkurrenz wie die der A- und B-Ligisten. In der momentan mit sechs In-Konkurrenz-Zweiten bestückten A-Liga spielen derzeit neun, in der B-Liga acht Außer-Konkurrenz-Reserven. Gibt das Präsidium dem Kreis recht, könnten sich weitere Vereine den Antrag auf Einzelfallentscheidung für den Verbleib oder die Aufnahme ihrer Zweiten in offizielle Ligen wohl sparen. Auch der SC Kohlheck und Kastel 06 hatten solche Anträge, die bis zum 30 Juni gestellt werden können, eingereicht. Die Kreisoberliga-Topclubs FC Bierstadt und TuS Nordenstadt, dessen Zweite laut Kreisentscheid für zwei Jahre im Ligabetrieb verbleiben darf, wären im Fall des Aufstiegs aus dem Schneider. Ab der Gruppenliga spielt eine Zweite satzungsgemäß in Konkurrenz. Bestätigt das Präsidium den Verbandsausschluss-Beschluss und die Kreisoberliga-Zweiten bleiben Wettbewerbsteams, muss über die künftige Liga-Staffelung neu nachgedacht werden. Womöglich unter Berücksichtigung von Vereinen, die erst Ende Juni beantragen, mit der Reserve in Konkurrenz spielen zu wollen. So der so: Eine wegweisende Entscheidung steht an.

Radeck mit Alternativ-Modell

Jürgen Radeck, HFV-Fußballwart: Wir haben nicht nur mit den Antragstellern der Einzelfallentscheidungen gesprochen, sondern vorher auch mit den Vertretern der IG-B-Liga. Wir haben uns dann mit Teilen des Kreisfußballausschusses am 6. Dezember 2016 in Dotzheim getroffen, dabei Vorschläge für einen Kompromiss unterbreitet, über den der Kreisfußballausschuss nachdenken sollte. Konkret mit einer B-Liga 1 nur für erste Mannschaften und einer B-Liga 2 für Reserven der Kreisoberligisten. Das wäre eine klare Trennung und keiner würde darunter leiden. Und für die Kreisoberligisten wäre die parallele Abwicklung der Heimspiele von Erster und Zweiter gewährleistet. Und die B-Liga hätte keine Vermischung mehr. Damit müssten eigentlich beide Parteien zufrieden sein. Bei mir in Büdingen funktioniert das seit zwölf Jahren. Es wird gleichzeitig hessenweit nie passieren, dass eine A-Liga ganz ohne Reserven in Konkurrenz spielen wird. Das gibt es in Hessen nicht. Wir haben unsere Arbeit getan und keinen über den Tisch gezogen. Wichtig ist uns: Wir wollen beide Seiten nicht kaputtmachen.

Stimmen und Meinungen

Stefan Reuß, HFV-Präsident: Es ist völlig unstrittig, dass der Kreisfußballausschuss das Spielgeschehen festlegt. Aber Vereine haben die Möglichkeit, gegen Entscheidungen Einspruch einzulegen. Darüber entscheidet der Verbandsausschuss. Das Präsidium bildet die letzte Instanz. So ist der Verfahrensweg. Ansonsten würde das Rechtssystem ad absurdum geführt.

Dieter Elsenbast, Kreisfußballwart: Sollte der Paragraf 26 a, der die Zuständigkeit der Kreise für das Spielgeschehen klar regelt, durch eine Entscheidung für den Verbleib den Kreisoberliga-Reserven in Konkurrenz ausgehebelt werden, würden wir uns im Kreisfußballausschuss als im erheblichen Maße beeinträchtigt sehen.

Torsten Becker, HFV-Vize und Rechtsexperte: Die Kreise legen das Spielgeschehen fest. Der Verbandsspielausschuss segnet es ab oder nimmt Korrekturen vor. Was schließlich im offiziellen HFV-Organ Hessen-Fußball veröffentlicht wird, ist wirksam.

Helmut Herrmann (Ehrenfußballwart): Ich habe stundenlang nachgedacht. Es gibt in dieser Angelegenheit keinen Kompromiss.

Michael Fritzsche, B-Ligist VfB Westend: Wir prangern das System an, das Kreisoberligisten Möglichkeiten bietet, sich verstärkt in ihrer Reserve mit Spielern aus der Ersten zu bedienen. Das ist Wettbewerbsverzerrung der übelsten Art. Wir Kleinen müssen das seit über zehn Jahren ertragen.

Patrick Steitz, Kreisoberligist FC Bierstadt: Ich kann die Emotionen von allen Seiten verstehen, finde es aber schade, dass der Kreisfußballausschuss keine Kompromisslösungen angeboten hat. Gerade im Hinblick auf Vereine, die seit Jahrzehnten Jugendarbeit betreiben und damit für ihren Unterbau arbeiten.

Jürgen Malyssek, A-Ligist Blau-Gelb: Für uns zählt die Priorität des Vereinslebens mit dem Vorspiel der Zweiten vor der Ersten.

Jens Ditthardt, Kreisoberligist TuS Nordenstadt: Fußball ist die einzige Ballsportart mit außer Konkurrenz spielenden Mannschaften. Bei derzeit neun Außer-Konkurrenz-Teams in der A-Liga und acht in der B-Liga ist das mit Blick auf die Anzahl der Spiele auch ein Problem, das nicht zu lösen ist.

Hans Groth, A-Ligist Schierstein: Außer Biebrich 02 sind wir doch alle kleine Vereine, die täglich kämpfen müssen. Bei den Heimspielen unserer Ersten gegen zweite Mannschaften ist das Interesse durch Zuschauer der Gäste doch zumeist gleich Null. Mir ist an einem Vereinsleben mit intakter erster und zweite Mannschaft gelegen. Daran, dass die Zweite vor der Ersten spielt.

Dieter Zorn, Verbandsligist Biebrich 02: „Wir müssen ein Spielgeschehen haben, das auf Dauer sinnvoll ist.

Josip Zeravica, B-Ligist SV Hajduk: Gegen uns wurden in dieser Runde 19 Spieler eingesetzte, die mehr als zehn Einsätze in der ersten Mannschaft ihres Vereins in der Kreisoberliga oder Gruppenliga hatten.

Aufrufe: 010.3.2017, 10:41 Uhr
Stephan NeumannAutor