2024-04-23T13:35:06.289Z

Allgemeines

"In Gießen ist Sport meist Kostenfaktor"

+++ Kreisfußballwart Henry Mohr tauscht sich mit FDP über Zustand städtischer Fußballplätze aus +++

GIESSEN(chn). "Da wächst kein Gras mehr!" Ehrlich gesagt fiel dieser Satz am Donnerstagabend auf dem Gelände des Waldstadions nicht. "Gras über die Sache wachsen lassen" wollten die anwesenden Fußballfunktionäre aber auch nicht. "Die Sache", das ist in diesem Fall vor allem der Ärger über den Zustand heimischer Sport- und vor allem Rasenplätze. Und damit genug der Phrasen und den Blick auf die aktuelle Lage in der "Sportstadt" Gießen gerichtet - ein Titel, den Kreisfußballwart Henry Mohr in diesen Tagen eher mit Galgenhumor zu verwenden scheint.
"Der Zustand der Plätze ist fast überall desaströs, außer vielleicht da, wo Vereine noch selbst Hand anlegen dürfen", kritisierte Mohr im Gießener Waldstadion, wo die FDP-Stadtverordnetenfraktion zu einem Treffen eingeladen hatte.

Insbesondere der Rasenplatz des Waldstadions, Heimat des VfB 1900, sei bedenklich. "Das ist der schlechteste Platz in ganz Gießen", sagte Mohr, schüttelte den Kopf und erntete dabei zustimmendes Nicken aller Anwesenden, auch von VfB-Urgestein Horst Hilgardt. Was Mohr an dieser Stelle nicht versteht, ist, wie angesichts dutzender Erdlöcher jährliche Kosten von 25 000 Euro für die Rasenpflege im Waldstadion durch das Gartenamt veranschlagt werden können.


Der Zustand der Plätze ist fast überall desaströs, außer vielleicht da, wo Vereine noch selbst Hand anlegen dürfen", kritisierte Mohr im Gießener Waldstadion, wo die FDP-Stadtverordnetenfraktion zu einem Treffen eingeladen hatte.

Doch warum der schlechte Zustand? "Das ist darauf zurückzuführen, dass die Kommunikation zwischen dem Sport- und dem Gartenamt und auch mit den Vereinen nicht stimmt", ist der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Klaus Dieter Greilich überzeugt. So habe die Stadt vergangenes Jahr geduldet, dass der VfB 1900 Gießen den Platz im Waldstadion noch selbst bewässerte. Eine solche Absprache existiert für die aktuelle Saison jedoch nicht mehr. Wohl vor allem auf Initiative des Gartenamts hin, dass seine Kompetenzen nicht gerne aus der Hand geben möchte, wurde gemutmaßt. Auf der anderen Seite würde es das Sportamt ganz gerne sehen, wenn Vereine auch mal selbst Hand anlegen.

Keine Ausweichmöglichkeit

Wirklich positiv kam das Sportamt bei den heimischen Fußballvertretern allerdings auch nicht weg. Mohr warf Amtsleiter Tobias Erben vor, den Vereinen immer mehr "aufzudrücken, um Geld zu sparen". In anderen Städten, etwa in Wetzlar, wohin der heimische Regionalligist Watzenborn-Steinberg ausgewandert ist, sei dies anders. In Gießen würde der Sport meist nur als Kostenfaktor gesehen, getreu dem Motto: "Je weniger, desto besser." Dies würde den Vereinen und den rund 3000 Fußballern das Leben nicht unbedingt einfach machen. Als Beispiele wurde der von Blau-Weiß Gießen genutzte Sportplatz in der Ringallee genannt, der nach der Landesgartenschau in kritischem Zustand hinterlassen worden sei, oder aber die Plätze in der Lahnstraße und in Allendorf/Lahn, die ebenfalls schon bessere Zeiten gesehen hätten.

"Die sind zwar in den vergangenen Jahren neu gemacht worden, aber so schlecht, dass sie im Winter gesperrt sind", haderte Mohr. Vereinen, die zum Teil mit mehreren Mannschaften auf den Platz gehen oder sich Plätze teilen müssen, stünden dann keine Ausweichmöglichkeiten mehr zur Verfügung. Komplett gesperrt ist zudem der Sportplatz in Lützellinden. Aufgrund einer politischen Entscheidung sei dieser Platz derzeit ganz aus der regelmäßigen Pflege des Gartenamts herausgenommen. Die angebliche Ersparnis, so Mohr, liege bei gerade einmal 500 Euro.

Die Begutachtung der Plätze hinsichtlich ihrer Spielfähigkeit dürfe indes nicht in "Bürokratismus" ausarten, forderte Mohr. Vereine sollten stärker eingebunden werden. Hierzu müsste das Gartenamt Gelder in Gießen lediglich umverteilen, meint Henry Mohr. Zum Beispiel, indem man bei eigenen Mitarbeitern spart und die Vereine dazu befähigt, mehr zu leisten - sofern es ihnen möglich ist. Bei aller Kritik wies der Kreisfußballwart allerdings auf die stets vorhandene Kommunikationsbereitschaft hin: "Man muss schon mit den Leuten reden."

Bilder vom Rasen im Gießener Waldstadion:




Aufrufe: 026.8.2016, 21:42 Uhr
Christian Németh (Gießener Anzeiger)Autor