2024-04-16T09:15:35.043Z

FuPa Portrait
23 Jahre lang sorgte Michael Ost als Schiedsrichter auf den Fußballplätzen in Bayern für Ordnung und faires Spiel. Nach Beendigung seiner Karriere kann er nun ganz entspannt als Zuschauer das Spiel genießen.  Foto: Jürgen Ziegelmeir
23 Jahre lang sorgte Michael Ost als Schiedsrichter auf den Fußballplätzen in Bayern für Ordnung und faires Spiel. Nach Beendigung seiner Karriere kann er nun ganz entspannt als Zuschauer das Spiel genießen. Foto: Jürgen Ziegelmeir

In 23 Jahren fünf Mal um die Welt

Nach 1368 Spielen legt Schiedsrichter Michael Ost seine Pfeife beiseite +++ Die Erfahrungen daraus halfen ihm nicht nur auf dem Fußballplatz

Schon vor rund 150 Jahren glaubte der französische Schriftsteller Jules Verne, dass es möglich wäre, in 80 Tagen die Welt zu umrunden. Als er 1873 seinen Roman veröffentlichte, schaffte es sein Held Phileas Fogg quasi in letzter Minute. Michael Ost tut sich da heute leichter. „Ich fuhr sogar fünf Mal um die Erde“, erzählt der 38-Jährige mit einem Schmunzeln. Heutzutage ist das auch keine Kunst, denn Ost fuhr schließlich mit dem Auto und konnte sich 23 Jahre Zeit lassen. Zeitdruck hatte er allerdings auch, denn immerhin musste er als Schiedsrichter pünktlich insgesamt 1368 Spiele anpfeifen. Die Erfahrungen, die er dabei sammelte, halfen dem Vater eines zweijährigen Sohnes auch abseits des Fußballplatzes.

Auf die Frage, ob es denn immer Spaß gemacht habe, sagt Ost: „Ja, ohne Ausnahme!“ Es habe viele tolle Momente gegeben in diesem Amt, das er von 1993 bis heute ausübte. Auch wenn es erstaunlich klingt, so habe er in all den Jahren nie Probleme gehabt: „Mir war es immer wichtig, sich gegenseitig mit Respekt gegenüberzutreten.“ Dieser offene und faire Umgang mit den Spielern, brachten ihm auch die Vereine entgegen. Etwas seltsam mutet es schon an, wenn Ost beteuert, er habe nie Schwierigkeiten mit dem Publikum gehabt, obwohl sich da doch viele Emotionen entladen. Vielleicht wirkte seine Fähigkeit, selbst in hektischen Situationen gelassen zu bleiben, auf die Zuschauer.

Konflikte versuchte er immer zuerst mit Argumenten zu lösen. Freilich half ihm dabei, dass er gut mit Menschen umgehen kann. In all den Jahren habe er kaum Rote Karten ziehen müssen. Daraus schöpfte Ost nach dem Schlusspfiff eine tiefe Befriedigung: „Mein Ziel war es stets, zusammen mit allen 22 Akteuren vom Platz zu gehen.“ Schon in früher Jugend lernte er als „Schiri“ Verantwortung zu tragen. Keine leichte Aufgabe, für seine Entwicklung jedoch förderlich.

Im Stress einen kühlen Kopf bewahren, in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen und nachher auch die Konsequenzen tragen – diese Lektion prägte seine Persönlichkeit. Er scheute auch nicht davor zurück, sich gelegentlich bei einem Spieler für einen Fehler zu entschuldigen. Das alles verhalf ihm nicht nur zu einem guten Ruf, sondern hievte ihn auch auf der Karriereleiter nach oben. „Inzwischen bin ich Bereichsleiter für die Verwaltung der AOK in Donauwörth“, sagt Ost, der heute in Zusamaltheim wohnt und seinem Heimatverein Riedlingen immer noch treu verbunden ist.

Auf die Frage nach Kuriositäten muss er erst einmal nachdenken. An zwei außergewöhnliche Dinge könne er sich aber erinnern. Einmal erlitt er während eines Spiels einen Ermüdungsbruch. Die Partie leitete er pflichtbewusst bis zum Schluss weiter. Und das mit einem gebrochenen Bein. „Denn es ist leichter, einen Spieler auszuwechseln, als den Schiedsrichter“, argumentiert er. Und dann war da noch das Bayernliga-Spiel im Jahr 2015 in Würzburg. Bei 39 Grad war es wahrscheinlich das Spiel, das am wenigsten Freude bereitete.

Mit solchen Zwischenfällen sei nun aber Schluss, verspricht Ost. Seine Zeit sei vorbei und deswegen überlässt er das Feld dem Nachwuchs. Doch da gebe es einen Mangel. Für junge Schiedsrichter sei es nämlich eine besondere Herausforderung ältere Spieler zu führen und sich Respekt zu verschaffen.

Obwohl Ost seine Pfeife beiseitelegt, sei die Schiedsrichterei ein traumhaftes Hobby, an das er immer gerne denkt. Er wolle jetzt schlicht mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. „Ich möchte sehen, wie mein Sohn Luca aufwächst und nichts versäumen“, wünscht er sich und betont noch einmal mit einem Lächeln: „Ich habe in 23 Jahren 210 000 Kilometer zurückgelegt – das reicht!“

Aufrufe: 04.8.2016, 16:37 Uhr
Donauwörther Zeitung / Jürgen ZiegelmeirAutor