2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
Yannik Dauth, Herrscher über den Strafraums und Hauptgarant für die erfolgreiche Regionalliga-Premiere seiner Watzenborn Teutonen.	Foto: Schepp
Yannik Dauth, Herrscher über den Strafraums und Hauptgarant für die erfolgreiche Regionalliga-Premiere seiner Watzenborn Teutonen. Foto: Schepp

,,Ich habe selten so ein Spiel gemacht"

REGIONALLIGA SÜDWEST: +++ Watzenborns Keeper Yannik Dauth mit Galavorstellung gegen Steinbach +++ Bewegte Karriere +++ A-Jugend Meister mit Mainz 05 +++

WATZENBORN-STEINBERG. Der Herr der Lüfte: Yannik Dauth fliegt durch den Strafraum, fährt die linke Pranke aus und bereinigt die Situation vor Daniel Engelbrecht, dem Angreifer des TSV Steinbach. Im Hintergrund bestaunt Auswechselspieler Rafael Szymanski die Rettungstat seines Keepers. Diese fotografisch eingefangene Szene hat der Torhüter des SC Teutonia Watzenborn-Steinberg als Profilbild bei WhatsApp eingestellt. Der 23-Jährige avancierte bei der Regionalliga-Premiere der Pohlheimer zum Matchwinner, indem er seine Farben durch einen gehaltenen Strafstoß und zahlreiche weitere Glanztaten in der ersten Halbzeit vor einem hohen Rückstand bewahrte.

Seine Galavorstellung ermöglichte den 3:0-Erfolg. „Ich habe selten ein solches Spiel gemacht“, blickt Dauth hochzufrieden auf die 90 Minuten zurück, die Erinnerungen sind natürlich noch frisch. Nachvollziehbar, dass er sie möglichst lange genießen möchte: „Beim Warmmachen hatte ich eigentlich kein besonders gutes Gefühl. Nach dem Elfmeter kam alles andere von alleine, das Selbstverständnis war sofort da. Ich habe das bis Mittwoch ausgekostet, denn ich weiß, dass das nicht mehr so oft passieren wird.“

Keine Frage, Dauth scheint im Eiltempo als unumstrittener Rückhalt seines Teams angekommen in Liga vier. Wieder angekommen – das möchte hinzufügen, wer mit Dauth ins Gespräch kommt, denn der 1,92 Meter große Hüne war in der Vergangenheit schon mehrfach in der Situation, sich als Stammkeeper auf diesem Niveau zu etablieren, lernte dann aber auch die Schattenseiten des Geschäfts kennen: Verletzungen, Krankheit, Ausbootung, (wirtschaftliche) Schieflage im Verein. Dabei sei nicht unterschlagen, dass der Sohn des ehemaligen Zehnkämpfers und Olympiateilnehmers Thorsten Dauth fast in die Fußstapfen seines Vaters getreten und in der Leichtathletik heimisch geworden wäre. „Ich hatte sogar zwei Jahre mit dem Fußball aufgehört, es wäre auf den Mehrkampf rausgelaufen. Dann kamen alle in die Pubertät, nur der kleine Yannik nicht. Ich hatte körperliche Nachteile und habe die Lust verloren“, erklärt der 23-Jährige schmunzelnd.

Also kehrte er in seinem Heimatort Klein-Karben zurück zwischen die Pfosten und bat seinen berühmten Patenonkel Jürgen Klopp („Mein Vater hat Kloppo auf dessen Hochzeit kennengelernt, heute gibt es keinen Kontakt mehr.“) um ein Probetraining beim FSV Mainz 05, der ihn anschließend verpflichtete. Dauth trainierte unter Thomas Tuchel und wurde unter dem heutigen Dortmunder Trainer Deutscher A-Jugendmeister, ohne dabei jedoch einen Einsatz zu verzeichnen. „Danach ging es bergauf“, schildert er, „Ich habe in der zweiten Mannschaft gespielt und zeitgleich Abitur gemacht. Das war ziemlich anstrengend, und ich war auch mal einige Wochen draußen. Das war damals wohl eine Art Nervenzusammenbruch. Der Verein holte überdies Loris Karius, woraufhin ich draußen war.“

Dauth ergriff die Chance und wechselte in der Winterpause der Saison 2012/13 zu den Sportfreunden Siegen. Seine Bilanz in eineinhalb Jahren in der Regionalliga West: Stammkraft, Handbruch, Stammkraft, erneute Verletzung. Nicht zuletzt weil die Sportfreunde sportlich und finanziell kleinere Brötchen mussten, zog er weiter zu den Sportfreunden Lotte, die damals ambitioniert den Sprung in die 3. Liga anpeilten. Der Start erstmals weit entfernt von der Heimat verlief fürchterlich, da Dauth am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankte und monatelang ausfiel. Erst zum Ende der Rückrunde fasste er Fuß, erhielt gleichwohl keinen neuen Vertrag.

„Nach dieser Rumquälerei habe ich gedacht, ich müsste etwas anders machen. Ich habe mir gesagt: Ich gehe nach Hause nach Frankfurt, fange an zu studieren und spiele nebenher in der Hessenliga. Ich glaubte, in Watzenborn, bei einem Aufsteiger würde das funktionieren. Alles ein bisschen lockerer, ein bisschen im Mittelfeld mitspielen“, beschreibt Dauth, wie er im Sommer 2015 seine Prioritäten verlagern wollte. Genau so trainierte er anfangs auch und musste auf der Bank Platz nehmen, ehe der Ehrgeiz ihn wieder packte und er ab Spieltag sieben einen immensen Anteil zum Sprung in den (semi-)professionellen Fußball leistete.

Was jetzt für den Club Neuland bedeutet, das kennt Dauth von seinen vorherigen Stationen. Er kann seine Erfahrungen mit dem Weg, den die Teutonen irgendwo zwischen Amateur- und Profifußball beschreiten, vergleichen. Die Philosophie des SC, mit bekannten Akteuren aus der Region und externen Profis Erfolg zu haben, verfolgt Dauth mit Interesse: „Man kann da schon ein kritisches Auge drauf haben. Allerdings bin ich der Meinung, dass wir ein gutes Mittelmaß haben mit Leuten, mit denen sich die Region identifiziert, und den Spielern, die neu herkommen.“ Dauth selbst hat die Ligen eins bis drei mit 23 Jahren und einer Menge Entwicklungspotenzial als Torwart zwar längst nicht abgehakt, baut sich jedoch seit April mit seinem Studium als Bauingeneur ein zweites Standbein auf. Wobei ihm ein zweiter Aspekt mindestens ebenso wichtig ist, wie er verrät: „Ich wollte nicht mehr in den Tag hinein leben. Ein geregelter Tagesablauf hat mir gefehlt. Nun bin ich zufriedener und deswegen vielleicht auch besser in meinem Job im Tor.“ Den wird er als nächstes am Samstag im Gastspiel beim KSV Hessen Kassel ausüben. „Wenn wir dort keine Niederlage kassieren sollten, können wir zufrieden sein“, schaut Dauth voraus. Behält er mit seiner Einschätzung Recht, könnte er häufig gefordert sein. Gut möglich, dass ein geeignetes Motiv für ein neues WhatsApp-Profilfoto dabei ist.



Aufrufe: 012.8.2016, 10:30 Uhr
Thomas Suer (Gießener Anzeiger)Autor