2024-05-02T16:12:49.858Z

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– Foto: Foto: KARSTEN LAUER
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"Ich glaube, auf eine solche Karriere darf man stolz sein"

Die Mietingerin Nicole Rolser hat ihre Fußballkarriere beendet. Im Interview erzählt sie, was sie als Teammangerin beim FC Bayern macht.

Mietingen / sz - Nicole Rolser aus Mietingen spielte für den FC Liverpool und den FC Bayern München, bestritt zwei A-Länderspiele für Deutschland – und verkündete im Juni ihr Karriereende als Fußballerin mit 28 Jahren. Seitdem ist sie bei den Frauen des FC Bayern als Teammanagerin tätig. "Es hat mich noch zu keinem Zeitpunkt gereizt, wieder Fußball zu spielen", sagt Nicole Rolser im Gespräch mit Tobias Rehm. Die 28-Jährige erzählt nicht nur, wie ihre neue Aufgabe aussieht, sondern auch, weshalb ihr neuer Alltag ein wenig entspannter ist.

Frau Rolser, 28 ist nicht das typische Alter, um als Fußballprofi aufzuhören. Gaben Ihre drei Kreuzbandrisse den Ausschlag dafür, die Karriere zu beenden?

Die Verletzungen haben mit Sicherheit eine große Rolle gespielt. Nach meinem letzten Kreuzbandriss vor zwei Jahren war doch sehr viel Qual dabei. Außerdem möchte ich auch in Zukunft noch ein wenig Sport treiben können.

Ihre letzte Saison im FCB-Trikot verlief für Sie vermutlich nicht zufriedenstellend, in der Liga hatten Sie nur sieben Einsätze.

Ich bin ehrlicherweise nicht mehr an meine Leistungsgrenze gekommen. Nach dem dritten Kreuzbandriss war es schwer, sich wieder zurückzukämpfen und zu alter Stärke zurückzufinden. Ich hätte es vielleicht nochmal eine Saison probieren und mich quälen können. Ich bin aber zu dem Entschluss gekommen, dass das wenig Sinn macht.

Ihr Vertrag beim FC Bayern lief zum Saisonende aus und wäre unter diese Vorzeichen vermutlich nicht verlängert worden, oder?

Ich hatte von Anfang an gute Gespräche mit dem Verein und ich wusste selbst, dass es mit meinen zuletzt gezeigten Leistungen nicht mehr reicht. Es woanders nochmal ein, zwei Jahre zu probieren war keine Option, auch weil ich mich in München sehr wohl fühle und hier nicht weg will. Und dann bot sich auch die Chance, nahtlos in meinem neuen Job weiterzumachen.

Sie machten ihr Karriereende erst wenige Tage vor dem letzten Saisonspiel öffentlich. Wann hatten Sie sich erstmals mit dem Gedanken beschäftigt?

Das war schon relativ früh Anfang des Jahres. Natürlich ist eine solche Entscheidung ein Prozess, man beendet seine Karriere nicht von heute auf morgen.

Ihr letztes Spiel hatten Sie Ende Juni in Essen, kurz vor Schluss wurden Sie eingewechselt. Wie haben Sie die letzten Minuten Ihrer Karriere erlebt?

Es war sehr emotional und auch sehr traurig. Wirklich schade war es für mich, dass bei meinem letzten Heimspiel eine Woche zuvor keine Zuschauer zugelassen waren. So war es ein trauriger Abschied ohne Freunde und Familie. Richtig realisiert habe ich das Ende meiner aktiven Zeit aber erst, als ich auf dem FCB-Campus kurze Zeit später zwar den gleichen Eingang wie immer genommen habe, aber anstatt in die Kabine bin ich ins Büro gegangen.

Ihnen war während Ihrer aktiven Zeit immer wichtig, ein zweites Standbein nicht aus den Augen zu verlieren. Bis zuletzt arbeiteten Sie auf der Geschäftsstelle der SpVgg Unterhaching. Hat sich das jetzt bezahlt gemacht?

Auf jeden Fall, ich kann das nur jedem empfehlen. Zumal ich auch mein Studium während des Fußballspielens eher als Ausgleich denn als Doppelbelastung gesehen habe. Ich konnte in Unterhaching viel Erfahrung sammeln, sonst hätte ich den Job beim FC Bayern sicher nicht bekommen.

Wie sieht Ihre neue Aufgabe als Teammanagerin bei den Frauen des FC Bayern konkret aus?

Ich sehe mich als Bindeglied zwischen der Mannschaft und der sportlichen Leitung. Viele Spielerinnen kenne ich aus meiner aktiven Zeit, sie haben Vertrauen zu mir und können sich jederzeit bei mir melden, auch mit ganz alltäglichen Dingen. Die Spielerinnen sollen sich weitestmöglich auf den Fußball konzentrieren. Ich plane die Auswärtsspiele und bin auch bei jedem Spiel dabei. Nächste Woche haben wir beispielsweise ein Champions-League-Spiel in Amsterdam, gerade in Corona-Zeiten gibt es hier viel zu organisieren. Ich bin also auch nach meiner Profikarriere sehr nah am Team dran. Das macht einfach Spaß und ich kann zudem die Erfahrungen aus meiner eigenen aktiven Zeit einbringen.

Hatten Sie in den vergangenen Monate nicht mal wieder Lust, selbst auf dem Platz zu stehen?

Nein. Ich habe damit komplett abgeschlossen. Es ist überhaupt kein Problem für mich, am Spielfeldrand zu sitzen. Es hat mich noch zu keinem Zeitpunkt gereizt, wieder Fußball zu spielen. Das zeigt mir, dass es der richtige Schritt war. Ich treibe zwar regelmäßig Sport, aber Fußball gehört nicht dazu.

Ist dieser neue Alltag entspannter?

Ein gewisser Druck ist abgefallen, ich bin in der Tat ein wenig entspannter. Für mich bedeutet dieser Abschnitt schon ein Stück neue Lebensqualität. Früher wäre ich vor dem nächsten Training oder Spiel nie in die Therme gegangen oder hätte zum Abendessen nie ein Glas Wein getrunken. Ich war schon sehr diszipliniert. Jetzt muss ich mir nicht mehr so viele Gedanken machen und genieße meine Freiheit.

Was überwiegt: Der Stolz, Nationalspielerin und sowohl englischer als auch deutscher Meister geworden zu sein, oder doch etwas Wehmut, dass ohne gravierende Verletzungen möglicherweise mehr drin gewesen wäre?

Ich glaube, auf eine solche Karriere darf man in erster Linie stolz sein. Natürlich musste ich mich nach den drei Kreuzbandrissen immer wieder zurückkämpfen und ohne diese Verletzungen wäre vielleicht noch das ein oder andere Länderspiel dazugekommen. Aber ich bin einfach froh, dass es so gelaufen ist.

Aufrufe: 05.12.2020, 05:00 Uhr
Schwäbische ZeitungAutor