Holstein Kiel setzt auf Kontinuität
Lütje denkt schon einen Schritt weiter
Aus dem ganz großen Trubel hielt sich der wichtigste Mann im Verein weitgehend heraus. Der mit einigen Mitstreitern aus dem Aufsichtsrat im Privatjet angereiste Förderer und Mäzen Gerhard Lütje genoss den Moment des großen Erfolgs, an dem er selbst riesengroßen Anteil hat, vor den Katakomben des Stadions. „In den 17 Jahren, seitdem ich damals vom TuS Felde zu Holstein gekommen bin, haben wir viele Höhen und Tiefen erlebt“, sagte der 76-Jährige. „Wir waren auch in der vierten Liga. Jetzt sind wir in der zweiten. Das ist etwas ganz Besonderes. Die Stadt ist dafür groß genug, wir sind jetzt mit dem THW auf Augenhöhe.“
Gleichzeitig dachte der erfolgreiche Unternehmer aber auch schon einen Schritt weiter. „Die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt“, sagte er. „Wir müssen die Weichen so stellen, dass wir in der 2. Bundesliga konkurrenzfähig sind.“ Gleichzeitig erteilte er einer großen „Einkaufstour“ eine klare Absage. „Wir haben ein gutes Kollektiv. Wir werden jetzt nicht den Fehler machen und zehn Spieler rausschmeißen und zehn neue holen. Aber wir werden natürlich drei, vier gute Spieler dazu holen.“
Auch für die nachwachsenden Talente hat er einen klaren Plan. Wer in der 2. Bundesliga über keine Einsatz-Perspektive verfüge, „den können wir auch nach Flensburg oder Lübeck ausleihen“. An der Planung des Kaders arbeitet Sportchef Ralf Becker bereits seit längerer Zeit. Mit Steven Lewerenz, den der Verein trotz einiger anderer Offerten, von einem Verbleib überzeugen konnte, band man einen umworbenen Spieler an sich.
Zudem wurde auch der Vertrag von Urgestein Tim Siedschlag verlängert. Der sei laut Becker „längst eine Identifikationsfigur“ geworden und hatte sich zudem – egal in welcher Liga – immer als verlässliche Größe auf verschiedenen Positionen erwiesen, wenn er gebraucht wurde. „Jetzt versuche ich, dass das auch in der 2. Liga so ist. Warum soll ich da noch lange überlegen?“, sagte der 29-Jährige.
Zusätzlicher Pluspunkt: Siedschlag ist einer von vier benötigten Lizenzspielern mit „Local-Player“-Status, die schon in der Jugend im Verein spielten. Mit Arne Sicker und den nachrückenden Utku Sen und Noah Awuku sind drei weitere mit entsprechenden Verträgen ausgestattet. Eine weitere Personalie teilte Becker bereits eine halbe Stunde nach dem Spiel mit: Der Vertrag von Linksaußen Manuel Janzer, der zuletzt als Joker immer wieder für Belebung gesorgt hatte, wurde für die 2. Bundesliga verlängert.
Mit Neuzugängen sei noch nicht in dieser Woche zu rechnen. Gespräche wurden jedoch geführt. Tendenziell auf Abschied stehen die Zeichen wohl bei Stürmer Mathias Fetsch, Abwehrspieler Eidur Sigurbjörnsson (wird zu Valur Reykjavik wechseln) und lange Zeit verletzten Routinier Patrick Kohlmann, die bislang noch keine neuen Verträge haben. Bestätigen wollte Becker nur, dass es „ein paar Veränderungen im Kader gibt, wie das üblich ist“, stellte aber auch klar: „Es wird keinen großen Umbruch geben. Die Spieler, die in den letzten Wochen gespielt haben, haben es sich auch verdient, in der 2. Liga dabei zu sein.“
Fraglich ist die Zukunft der Leihspieler Robin Zentner (Mainz 05), Marvin Ducksch (FC St. Pauli, siehe Seite 7) und Christopher Lenz (Union Berlin). „Wir werden vielleicht nicht alle halten, aber noch Gespräche mit den jeweiligen Vereinen führen, bei denen die Spieler ja noch unter Vertrag stehen“, so Becker.
Lütje dachte derweil auch schon an die vielleicht drängendste Frage der nächsten Wochen. Die Stadion-Problematik muss nicht komplett unter Zeitdruck gelöst werden, wohl aber Teile davon. „Für die Kapazität bekommen wir eine Übergangsfrist“, erklärte Lütje. „Aber beispielsweise die Änderungen im Kabinen- und Pressebereich müssen zu Saisonbeginn fertig sein.“
Er bezifferte die Summe der für den Spielbetrieb in Kiel notwendigen Umbauten auf eine Million Euro. „Das ist Aufgabe der Stadt, der das Stadion gehört“, betonte er erneut. Gleichzeitig bot er seine Hilfe an. „Ich wäre bereit, das Geld vorzustrecken – aber nur, wenn ich von der Stadt eine Garantieerklärung bekomme“, sagte Lütje. „Ich bin in einem anderen Fall schon mal auf meinen Forderungen sitzen geblieben.“