2024-04-25T14:35:39.956Z

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Wird er wieder die Nummer eins? Kenneth Kronholm
Wird er wieder die Nummer eins? Kenneth Kronholm

Holstein Kiel hat schon Potenzial für den Aufstieg

Für die neue Saison haben sich die Kieler mehr vorgenommen

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„Wir wollen im oberen Drittel mitspielen“, stellte der neue Sportchef Ralf Becker schon bei seiner Vorstellung fest und peilte für seine mindestens dreijährige Amtszeit den Aufstieg als Ziel an. Dafür wurde einiges getan. Die Sponsoren stellten zusätzliche Mittel bereit, um den Kader umstrukturieren zu können. Wir machen knapp zwei Wochen vor Saisonstart den Test – was steckt wirklich in der neuen Holstein-Truppe?

Wie gut sind die Neuen?
Kurz gesagt: Grundsätzlich sehr gut. Die Kieler haben zwar ein paar Stammspieler (Heider, Kegel, Krause, Schäffler, Weidlich) verloren, die im Vorjahr aber keine Leistungsträger waren. Jeder einzelne von ihnen wurde besser ersetzt. Alexander Bieler scheint stärker als Kegel, Tammo Harder und Dominick Drexler sind zwar andere Stürmertypen, aber im Normalfall besser als Heider und Schäffler in Vorjahresform. Niklas Hoheneder ist zuzutrauen, dass er Krause in der Bestform der Fast-Aufstiegs-Saison ersetzen kann, Und Dominic Peitz wird unzweifelhaft nicht nur sportlich, sondern auch als Leitfigur deutlich besser sein als Weidlich. Einzig der Verlust von Leihspieler Fabian Schnellhardt tut weh. Für ihn steht nun Luca Dürholtz im Kader, der sein Potenzial andeutete.

Zudem gibt es mit Kingsley Schindler eine offensive Alternative zum kampfstarken Rechtsverteidiger Patrick Herrmann. Bewusst verzichtete Holstein darauf, den Weggang einiger Ergänzungsspieler zu kompensieren. Der auch durch Verletzungen im Vorjahr aufgeblähte Kader ist kleiner geworden.

Wie läuft der Kampf um die Stammplätze?
Er ist hart, und das auf fast jeder Position. Kaum ein Spieler kann sich seines Platzes sicher sein, selbst Kapitän Rafael Czichos, der als Leitwolf geholte Dominic Peitz oder der beste Torschütze des Vorjahres, Steven Lewerenz, haben Konkurrenz, die dazu führt, dass es keine Freibriefe mehr gibt. Besonders hart ist der Kampf in der Innenverteidigung, wo vier Verteidiger auf höchstem Drittliga-Niveau um zwei Plätze kämpfen, und im Tor, wo Kenneth Kronholm vor seiner Verletzung und Robin Zentner in der Rückserie nachwiesen, dass sie Top-Drittliga-Keeper sind.

Teilweise kommt die Flexibilität einiger Spieler als Konkurrenzmerkmal hinzu. So ist Drexler auch problemlos auf dem Flügel einsetzbar, Dürholtz als hängende Spitze, Siedschlag auf allen Mittelfeldpositionen und als rechter Verteidiger oder Czichos als linker Verteidiger. Ohne größere Ausfälle hat Neitzel die Qual der Wahl und steht vor harten Entscheidungen.

Welche taktischen Varianten gibt es?
Die Grundformation als 4-4-2 soll erhalten bleiben. Allerdings ist bei eigenem Ballbesitz ohnehin hohe Flexibilität gefragt, die Offensivspieler rochieren permanent. Durch Spielertypen wie Drexler und Harder kann Holstein noch unberechenbarer werden. Im Spiel gegen den Ball agiert Holstein aus einer klaren Mann-gegen-Mann-Zuordnung heraus. Hier müssen die Neuen noch die Automatismen erlernen. Ist dass gelungen, wird vermutlich noch öfter als im Vorjahr die sehr hohe Verteidigungsstrategie gewählt, in der frühes Pressing Ballgewinne sichern soll.

Wo gibt es noch Probleme?
Große Sorgen hat Holstein nicht. Zwar fehlt weiterhin der klassische Torjäger. Aber in Fetsch, Drexler, Harder oder Lewerenz gibt es Spieler, denen eine zweistellige Torquote zuzutrauen ist. Die größte Schwierigkeit kann sich aus dem Konkurrenzkampf ergeben. Hier müssen Trainer und Führungsspieler dafür sorgen, dass bei weniger berücksichtigten Spielern nicht die Unzufriedenheit dominiert. Wie die Mannschaft als ganzes harmoniert, ist letztlich wohl der entscheidende Faktor für den Erfolg.

Wie ist der Verein strukturell aufgestellt?
Trotz des erneuten Wechsels auf der Sportchef-Position (Ralf Becker für Uwe Stöver) ist keine Unruhe aufgekommen. Nach einigen Jahren, in denen kostendeckendes Arbeiten die oberste Prämisse war, gehen die Hauptsponsoren nun auch wieder finanziell ins Risiko. Auch im Etat gehört Holstein somit in dieser Saison zum oberen Drittel der Liga. Die Trainingsmöglichkeiten sind gut, das Stadion bleibt verbesserungswürdig. Die in den letzten Jahren propagierte Kontinuität muss auch künftig gewährleistet werden. Das Zusammenspiel zwischen operativer Führung und Aufsichtsrat ist allerdings fragil. Hier müssen alle Seiten aufpassen, dass die Installation von Spielerberater Steffen Schneekloth als sportlicher Berater des Aufsichtsrats nicht zu gegenseitigem Misstrauen führt, das das Miteinander gefährdet.

Wo landet Holstein?
Die Kieler sind so aufgestellt, dass es mit dem Sprung ins obere Drittel auf jeden Fall klappen sollte und sogar mit dem Aufstieg klappen kann. Unter derzeit vier bis fünf Mannschaften, die für die Aufstiegsränge prädestiniert sind, ist Holstein der große Wurf zuzutrauen, wenn, ja wenn, diesmal die zwischenmenschlichen und gruppendynamischen Aspekte auch dann passen, wenn es mal Misserfolge gibt oder einzelne Spieler unzufrieden sind. Dann ist unserer Meinung sogar Platz zwei möglich.

Aufrufe: 024.7.2016, 12:00 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor