2024-04-25T10:27:22.981Z

Interview
Jubeltraube: Viele Spieler, Physiotherapeut Tim Höper und die ersten Fans (rechts) fallen schon kurz nach dem Abpfiff regelrecht übereinander her. Foto: getty
Jubeltraube: Viele Spieler, Physiotherapeut Tim Höper und die ersten Fans (rechts) fallen schon kurz nach dem Abpfiff regelrecht übereinander her. Foto: getty

Holstein Kiel beweist Charakterstärke

Ein Lob für alle von Kapitän Czichos

Das Aufstiegsspiel selbst hatte eher wenig Erinnerungswert. „Wir haben richtig gut angefangen. Aber man hat dann bald gemerkt, dass das heute kein ganz normales Spiel war“, erklärte Sportchef Ralf Becker. „Das ist aber aufgrund der Bedeutung auch normal.“ Ganz im Gegensatz zu dem, was die „Störche“ über weite Strecken der Saison ausgezeichnet hatte, ging es nach dem Führungstor vor allem um Fehlervermeidung.

„Es ging in dieser Phase nicht mehr darum, Fußball zu spielen“, wusste Becker. Und auch SG-Trainer Oliver Zapel, der frühere Eichede-Coach, sprach seiner Mannschaft „ein großes Lob“ für ein gutes Spiel und eine „herausragende Saison“ aus, hatte aber auch erkannt: „Die Kieler haben sich in dieser Saison taktisch weiterentwickelt. Dabei hat Holstein in den letzten Wochen auch die Effizienz bewiesen, die man auch in der 2. Liga brauchen wird. Das war auch heute so.“

Der Kieler Kapitän brachte das später auf den Punkt. „Wir haben uns von Spiel zu Spiel gesteigert und sind vor allem defensiv immer besser geworden“, sagte Rafael Czichos. „Auch heute hatte ich nie das Gefühl, dass wir hier ein Gegentor bekommen könnten. Das war ganz wichtig.“

Dennoch schaltete niemand zu früh ab – auch eine Qualität, die sich die Kieler erarbeitet hatten. „Erst beim Abpfiff war ich sicher, dass wir es wirklich geschafft haben“, erklärte Kingsley Schindler. „Wir haben uns das in den letzten acht, neun Spielen erarbeitet. Da stand hinten oft die Null, und die spielerische Qualität haben wir ohnehin.“

Abwehrchef Czichos, der wenige Stunden später auch noch seinen 27. Geburtstag feierte, freute sich: „Ich bin vor zwei Jahren hierher gekommen, um das zu schaffen. Wir haben heute den Lohn unserer Arbeit eingefahren. Der Verein, die Stadt und die Fans haben das verdient. Es macht mich froh und stolz, Kapitän dieser Mannschaft zu sein.“ Gleichzeitig betonte er auf Nachfrage rückblickend auch: „Es ist deutlich einfacher, Kapitän dieser Mannschaft zu sein als noch im letzten Jahr.“

Der Charakter des Teams bewies sich in den letzten Wochen. „Wir haben uns zusammen gerauft“, erklärte Czichos und bezog dabei alle mit ein, „Mannschaft, Trainer, Betreuer, Herr Schwenke und Herr Becker“ und benannte explizit die Spieler aus der zweiten Reihe. „Wie sich Spieler wie Fetsch, Azemi, Siedschlag, Dürholtz, Zentner und alle anderen, die zuletzt weniger gespielt haben, verhalten haben, war beeindruckend.“

Einschneidender „Knackpunkt“ war dabei auch für Sportchef Becker das Spiel in Osnabrück (1:2). „Wir haben auch vorher überwiegend guten Fußball gespielt“, beschrieb er. „Aber da haben wir es nicht gut gemacht, und die Jungs haben selbst gespürt, dass etwas passieren muss. Was die Jungs dann die letzten zwei Monate abgeliefert haben, war absoluter Wahnsinn.“

Routinier Dominic Peitz beschrieb das, was bei der internen Diskussion heraus gekommen war, so: „Wir haben es geschafft, dass wir dann Schritte aufeinander zugegangen sind“, sagte er. „Es sind ja auch einige bei uns, die noch nicht so lange dabei sind. Und da kann ich nur meinen Respekt ausdrücken. Es ist schließlich immer einfach, etwas zu erzählen. Es kommt auch darauf an, dass die anderen dann zuhören. Das haben wir geschafft.“

Wann Peitz wirklich daran glaubte, dass die Umstellungen gefruchtet haben und der Holstein-Zug in Richtung 2. Liga fährt? „Der Sieg in Regensburg war da schon wichtig“, erklärte der 32-Jährige. „Da haben wir mal auf eine andere Art gewonnen, gegen eine Mannschaft, die auch richtig guten Fußball spielt. Und deshalb würde ich es Regensburg auch gönnen, wenn sie uns in die 2. Liga folgen würden.“

Bevor es in den letzten Wochen auf den richtigen Pfad ging, hatte er in einer „schwierigen“ Saison immer wieder auch „viel Unzufriedenheit“ ausgemacht. „Das lag auch an einer großen Erwartungshaltung, die immer wieder für Unruhe gesorgt hat.“ Dass es die am Ende nicht mehr gab, hatte sicher auch damit zu tun, dass der Holstein-Kader über eine große Anzahl an „positiven, echten Typen“, wie es Geschäftsführer Wolfgang Schwenke beschrieb, verfügt.
Aufrufe: 016.5.2017, 16:30 Uhr
SHZ / cjeAutor