2024-05-02T16:12:49.858Z

Im Nachfassen
Protest Teil 1: „Gegen Kollektivstrafen!“ verkündet ein Transparent vor dem Fanblock, der 29 Minuten lang leer bleibt.
Protest Teil 1: „Gegen Kollektivstrafen!“ verkündet ein Transparent vor dem Fanblock, der 29 Minuten lang leer bleibt.

Holstein Kiel: Eine halbe Stunde stiller Protest

Erstes Heimspiel nach Ausschluss der „Sektion Spielsucht“

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Viel Tamtam im Vorfeld, am Ende aber keine neuen unangenemen Vorkommnisse, sondern nur eine halbe Stunde stiller Fanprotest – das war die Bilanz des Sonnabends im Hinblick auf das unruhige Szenario rund um Holstein Kiel und seine Fans.

Es war das erste Heimspiel seit dem Ausschluss der „Sektion Spielsucht“, die von Holsteins Vereinsführung für den Pyrotechnik-Vorfall beim Spiel gegen Osnabrück (16.9.) verantwortlich gemacht wurde, bei dem es auch Verletzte gegeben hatte. In der vergangenen Woche war die Kieler Vereinsführung um Geschäftsführer Wolfgang Schwenke etwas zurückgerudert, hatte statt zuvor von „50 bis 70“ nur noch von „etwa 20 Personen“ gesprochen, die der Gruppe zuzurechnen seien und damit derzeit keinen Zutritt zum Gelände des Holstein-Stadions erhalten.


Das Hausverbot war gegen die gesamte Gruppierung ausgesprochen worden, weil sich die einzelnen Täter nicht ermitteln ließen. Das Landeskriminalamt bat noch einmal öffentlich um Unterstützung bei der Ermittlung der Täter, die ohne weitere Zeugenaussagen vermutlich endgültig im Sande verlaufen dürfte.


Die Maßnahme des kollektiven Ausschlusses der „Sektion Spielsucht“ war auf ein geteiltes Echo gestoßen. Auch innerhalb des Vereins hatte es Kritik gegeben. Insbesondere der in Fanbelangen engagierte Aufsichtsrat Jürgen Weber hatte die Kollektivstrafe als „hilflose Maßnahme“ gebrandmarkt, und nicht zu Unrecht „eine Solidarisierung der Szene mit einer Gruppe, die zurecht im Fokus der Sicherheitsbehörden ist“, befürchtet. Schon beim Auswärtsspiel in Magdeburg waren demonstrativ Banner der ausgeschlossenen Gruppe gezeigt worden und ein Spruchband „Gegen Kollektivstrafen“ aufgehängt worden.


Dieses Transparent war auch am Sonnabend im Holstein-Stadion zu sehen – und zwar 29 Minuten lang vor einem leeren Fan-Block hinter dem Tor. So lange dauerte der schweigende Protest des „harten Kerns“ der Holstein-Fanszene. Anschließend wurde die Mannschaft unterstützt – unterbrochen nur von einer kurzen Passage, in der die Fans „Schwenke raus“ riefen und gleichzeitig Spruchbänder mit der Aufschrift „Ohne Beweis keine Verurteilung – wir sind keine Bananenrepublik“ in die Höhe hielten.


„Erleichtert“ reagierten die Vereinsoffiziellen, wie Pressesprecher Wolf Paarmann erklärte. „Die Fans haben ihren Protest gegen die Kollektivstrafe geäußert, was ich aus ihrer Sicht sogar nachvollziehen kann. Auch uns ist diese Entscheidung ja schwer gefallen, aber der Verein war eben auch zum Handeln gezwungen.“ Mit Ausnahme eines aus per Hand beschriebenen weißen T-Shirts zusammengesetzten Schriftzugs „Sektion Spielsucht“, der aber nur kurze Zeit zu sehen war, blieben weitere Verstöße gegen die Stadionordnung aus. Zu einer von einigen befürchteten pyrotechnischen Demonstration nach dem Motto „Wir bekommen immer etwas ins Stadion“ kam es nicht.


Zumindest teilweise hatte das auch mit der im Vorfeld angekündigten Verstärkung der Einlasskontrollen zu tun. „Wir hatten 130 statt 100 Ordner im Einsatz“, erklärte Holsteins Sicherheitsbeauftragter Martin Zandeck. Nennenswerte Entdeckungen gab es zumindest in Bezug auf Pyrotechnik nicht. Ein Fan wurde der Polizei übergeben, nachdem die Ordner bei ihm Drogen, vermutlich Haschisch, gefunden hatten. Eine kleine Menge Marihuana war in einer Tüte zudem auf dem Vorplatz entdeckt worden.


Pyrotechnisches Material war hingegen bei den verstärkten Personenkontrollen nicht gefunden worden – damit allerdings war auch nicht zu rechnen gewesen. Wichtiger dabei: Der Ordnungsdienst hatte auch anderweitig verhindert, dass verbotenes Material ins Stadion gelangt. „Wir hatten das Stadion auch über Nacht im Blick“, sagte Zandeck. Vermutlich wurde damit verhindert, dass über die Zäune Pyrotechnik ins Stadion geschmuggelt werden konnte. „Es war der eine oder andere zu sehen, der festgestellt hat, dass wir da sind“, meinte Zandeck vielsagend über den nächtlichen Einsatz am Stadion.

Aufrufe: 018.10.2016, 07:00 Uhr
SHZ / cjeAutor