2024-04-25T14:35:39.956Z

Im Nachfassen
Eine der vielen brenzligen Szenen im Preußen-Strafraum der ersten Hälfte: Hier ist Keeper Maximilian Schulze Niehues (links) vor Dominik Schmidt (2. von links) und Rafael Czichos (rechts) am Ball. Foto: Hermann
Eine der vielen brenzligen Szenen im Preußen-Strafraum der ersten Hälfte: Hier ist Keeper Maximilian Schulze Niehues (links) vor Dominik Schmidt (2. von links) und Rafael Czichos (rechts) am Ball. Foto: Hermann

Holstein Kiel: Anfang hadert, Czichos schimpft

Allein die zwei Punkte, die am Sonnabend verloren gingen, hätten den Sprung auf Relegationsplatz drei bedeutet...

„Es ist fast jede Woche dasselbe“, klagte Holstein Kiels Trainer Markus Anfang nach dem 1:1 bei Schlusslicht Preußen Münster. „Es geht um die Effektivität.“ Die fehlte den „Störchen“ auch mit veränderter Offensivbesetzung. Es war das vierte Auswärtsspiel in Folge, dass die Kieler trotz eines deutlichen Chancenplus nicht für sich entschieden. Statt möglicher zwölf und eigentlich zwingend verdienten zehn Punkten stehen aus diesen Partien nur drei Zähler auf der Habenseite.

Dabei zeigte Holstein zwei verschiedene Gesichter. Das eine war das positive, das der ersten gut 30 und der letzten zehn Minuten. „Viel besser als in den ersten 35 Minuten kann man nicht spielen“, stellte Anfang fest, ohne dass ihm auch der hartgesottenste Preußen-Fan hätte widersprechen können. „Aber da müssen wir eben 3:0 oder 4:0 führen.“

Sein Trainerkollege konnte das nachvollziehen, nahm die Glückwünsche zu einem Punkt an. „Mehr hatten wir heute nicht verdient“, sagte Benno Möhlmann nach seinem Heimdebüt. „Wir hatten einige Male Glück“, gestand der neue Preußen-Trainer. „Ich kann mich an mehrere Szenen erinnern, wo der Gegentreffer früher fallen kann.“

Auf dem Platz hatte sich das ähnlich angefühlt. „Wir haben den Gegner total beherrscht“, sagte Holstein-Kapitän Rafael Czichos, „und wir hatten genug Chancen. Drei Tore hätten wir machen müssen.“ Auch Dominick Drexler wusste: „Da hätten wir das Spiel schon für uns entschieden haben können.“ Es wurde aber nur ein Tor. Das immerhin gab dem überraschend als Mittelstürmer aufgebotenen Manuel Janzer („Das hat gut funktioniert“, freute sich Anfang) mal wieder neues Selbstvertrauen. „Der Ball kommt ein bisschen flach“, erklärte er seinen Hechtsprung, der zum Kieler Führungstor führte, nachdem er sich in neuer Rolle schnell zurecht gefunden hatte. „Ich kann vorne alle Positionen spielen“, sagte er. „In Heidenheim habe ich das auch schon mal gespielt. Dass der Trainer das versuchen will, hatte sich in der Woche schon angedeutet.“

Das Experiment darf als durchaus geglückt bezeichnet werden und trug zur Dominanz der ersten halben Stunde bei. „Wir haben die nicht ins Spiel kommen lassen“, sagte Janzer. Das sei auch der Plan gewesen, erklärte Czichos. „Münster war verunsichert. Das hat man ja gesehen. Und das war auch zu erwarten bei einer Mannschaft, die unerwartet Tabellenletzter ist.“Und es wurmte den Kapitän, dass sein Team das nicht nutzen konnte.

„Das war ein Vogelhaufen. So schlecht wie vom Ende der ersten Hälfte bis kurz vor Schluss haben wir als Mannschaft noch nie gespielt“, schimpfte Czichos. Warum der Faden nach einer halben Stunde wie abgerissen war und Münster den Kielern Kampf, lange Bälle und Standards aufdrängen konnte, war nur ansatzweise zu erklären. „Manchmal ist es so, dass es auch zu gut laufen kann“, vermutete Anfang. „Dann glaubt der eine oder andere, dass es ja auf jeden Fall so weiterläuft.“

Die eine oder andere Nachlässigkeit (vom Hackentrick bis zu vernachlässigter Defensivarbeit) war bei mehreren Spielern zu sehen, allerdings nicht der eine Grund für den Leistungsabfall. „Wir haben den Faden verloren und zu viele Standards zugelassen“, sagte Drexler. Münster suchte die Schwachstelle auf Holsteins linker Abwehrseite, wo Arne Sicker nach starkem Beginn tatsächlich große Probleme bekam. „Wir waren gezwungen, da zwei Mal zu wechseln“, erklärte Anfang angesichts der Verwarnungen für Sicker und den nach links hinten versetzten Siedschlag.

Und so blieb auch eine Belebung der Offensive schwer, wo Janzer nun nicht mehr kombinieren konnte oder in die Tiefe geschickt wurde und sich entsprechend aufrieb. „Bei hohen Bällen war es gegen die beiden Hünen da hinten natürlich schwer“, erklärte der 25-Jährige. Wach wurden die Blau-Weiß-Roten erst wieder, als sie nach Bielers Ausscheiden in Unterzahl waren.

„Da haben wir uns noch mal gestrafft“, sagte Czichos. „Wir haben nicht eine gefährliche Aktion mehr in Richtung Tor gebracht“, monierte Möhlmann. Das Gesamtfazit fiel bei den Kielern unterschiedlich aus. „So wie wir nach der ersten halben Stunde gespielt haben, haben wir mit oben nichts zu tun“, stellte Czichos klar. „Immerhin wieder ein Punkt auswärts“, bilanzierte dagegen Drexler. „Wer weiß, wozu der am Ende noch gut ist. Aber jetzt stehen wir auch unter Druck, unsere Heimspiele auf jeden Fall gewinnen zu müssen.“
Aufrufe: 02.11.2016, 10:30 Uhr
SHZ / cjeAutor