2024-04-25T14:35:39.956Z

Holstein Spezial
Mit diesem Treffer gegen Wacker 04 Berlin sicherte Wulf-Dieter Hansen den Kieler "Störchen" im alles entscheidenden Spiel den Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord.
Mit diesem Treffer gegen Wacker 04 Berlin sicherte Wulf-Dieter Hansen den Kieler "Störchen" im alles entscheidenden Spiel den Aufstieg in die 2. Bundesliga Nord.

Holstein in der 2. Liga - so war es 1978

Am 28. Mai 1981 endete Holsteins Zweitliga-Zugehörigkeit bis heute - Ein Blick zurück auf Sternstunden des Kieler Clubs

Er erinnert sich auch Jahrzehnte später noch genau. „Es kam ein Pass von Bernie Jordt aus dem Mittelfeld. Ich hielt aus knapp 16 Metern einfach drauf und der Ball rauschte vorbei am Berliner Verteidiger Fetkenheuer in die Maschen. Danach feierten die Zuschauer uns mit südländischer Begeisterung.“ So hat es sich ins Gedächtnis von Wulf-Dieter Hansen eingebrannt. "Wölfis" Linksschuss zum 1:0-Siegtor gegen Wacker 04 Berlin sorgte am 17. Juni 1978 dafür, dass Holstein Kiel in die 2. Bundesliga aufstieg.

Neun dramatische Aufstiegsspiele waren vorausgegangen. „Wir hatten auch eine Menge Glück“, blickte Stürmer Holger Haltenhof Jahre später ehrlich zurück. „Wir waren als Vierter gerade noch in die Aufstiegsrunde gerutscht, haben dann gegen Paderborn dreimal unentschieden gespielt und im Elfmeterschießen gewonnen.“


Wulf-Dieter Hansen, Immo Stelzer, Bernd Jordt und Jochen Aido am 17. Juni 1978 vor dem entscheidenden Aufstiegsspiel gegen Wacker 04 Berlin im Kieler Holstein-Stadion.


Der Sieg gegen Wacker 04 läutete eine zwischenzeitliche Renaissance eines großen Clubs ein. Lange Zeit hatte Holstein zu den Größen im norddeutschen, teilweise sogar im gesamtdeutschen Fußball gehört: Deutscher Meister 1912, Deutscher Vizemeister 1910 und 1930, Meisterschaftsendrunde 1953, Bundesliga-Aufstiegsrunde 1965. Kiel war eine traditionelle Fußballstadt. Die Kieler Sportvereinigung Holstein, die zahlreiche Nationalspieler hervorgebracht hatte, gehörte zu den namhaftesten Traditionsvereinen der Republik.

Gerd Koll hatte als Trainer eine neue Mannschaft geformt, nachdem die 1974 gegründete 2. Bundesliga zunächst verpasst worden war. „Er hatte immer eine ganz besondere Ansprache“, erinnert sich Immo Stelzer an den 2013 verstorbenen Aufstiegscoach. „Er war ruhig, sachlich und unheimlich motivierend.“ Schon damals besonders: Die Aufsteiger sind fast durchweg junge Akteure aus Kiel und der Umgebung. Axel Möller, Harry Witt, Thorsten Neumann, die Tönsfeldt-Brüder, Stelzer, Hansen, Haltenhof – es ist jene Generation aus in Kiel, Rendsburg oder Flensburg groß gewordenen Spielern, die das bislang letzte große Hoch in Holsteins Historie prägt. Ein Jahr nach dem Aufstieg kommt der spätere Nationaltorhüter Andreas Köpke als 18-Jähriger hinzu.

Die 2. Bundesliga ist damals aber noch nicht vergleichbar mit der heutigen. Gespielt wird in zwei Staffeln, in zugigen Stadien statt Multifunktionsarenen, vor meist weniger als 5000 Zuschauern und mit Kurzberichten in der montäglichen „Sportschau der Nordschau“ statt Live-Übertragungen bei „Sky“. Statt gut bezahlter Profis spielen bei Holstein größtenteils Studenten – wenn auch für einen schönen Nebenverdienst. „Wir gingen als reiner Amateurclub ins Rennen. Die Clubs aus dem Westen belächelten uns nur“, erinnert sich Jochen Aido, einer der wenigen Routiniers, noch 30 Jahre später. Doch sportlich etabliert sich Holstein vor allem dank seiner Heimstärke.

Auch wenn der heutige Glamour jener 2. Liga Nord damals fehlte – Sternstunden erlebten die „Störche“ einige. Holstein gehörte damals zu den Publikumsmagneten der Liga. Während bei Fortuna Köln, OSV Hannover oder SC Herford die Besucherzahlen auch in der 2. Liga regelmäßig nur dreistellig waren, kamen ins Holstein-Stadion, damals noch mit Aschenbahn und nur gut 1000 überdachten Sitzen, im ersten Jahr mehr als 8000 Fans im Schnitt. Zu Top-Spielen waren bis zu 15000 Zuschauern im weiten Rund der Arena dabei, die zum Aufstieg mit ein paar unüberdachten Sitzen auf der Vortribüne ausgebaut worden war.

Abseits des grauen Alltags mit Spielen gegen längst vergessene Vereine wie Rot-Weiß Lüdenscheid, DSC Wanne-Eickel, 1. FC Bocholt oder SpVgg Erkenschwick gab es Spiele, die in die Vereinsgeschichte eingingen. Erfolge gegen Hannover 96 oder den FC St. Pauli gehören dazu, letzte Punktspielvergleiche mit Bayer Leverkusen oder Werder Bremen, vor allem aber ein 2:1-Heimsieg gegen Hertha BSC. Jener Erfolg, den Horst Hamann durch ein legendäres „Hand-Tor“ möglich machte, nährte sogar kurzzeitig die Hoffnung, dass der Sprung in die eingleisige 2. Bundesliga gelingen könnte. Doch in der Drei-Jahres-Wertung, die 1981 über die Reduzierung von 44 auf 20 Zweitligisten entscheidet, hatte Holstein letztlich keine Chance.


Die ehemalige Holstein-Aufstiegsmannschaft mit engen Wegbegleitern der Zweitliga-Zeit. Oben von links: Ortwin Scherres, Peter Drews, Gerd Koll, Klaus-Hansen Kohlmorgen, Immo Stelzer, Manfred Ludwig, Dirk Andresen, Torsten Landsberg, Holger Haltenhof, Burkhard Lüben, Herbert Dohrn, Eberhard Gräf, Jochen Aido, Martin Burmeister, Hartmut Appel. Mitte von links: Rüdiger Wrobel, Thorsten Neumann, Wulf-Dieter Hansen, Axel Möller, Harry Witt, Manfred Jochimiak, Jochen Jung, Klaus-Michael Pötzke, Klaus Gudat, Eike Frahm. Unten von links: Uwe Molt, Volker Tönsfeldt, Bernd Jordt, Stefan Dietrich, Manfred Hanisch, Dieter Wendland, Kai Gronow.

Und so endete am 28. Mai 1981 Holsteins Zweitliga-Zugehörigkeit bis heute. Als Dieter Wendlandts Schuss zwölf Minuten vor Schluss zum 3:0 gegen Preußen Münster im Netz einschlug, mag der Torschütze geahnt haben, dass auf seinen Treffer so schnell keiner mehr folgen wird. Dass es jedoch bis heute nicht gelungen ist, dass wieder ein Spieler von Holstein Kiel ein Tor in der 2. Bundesliga erzielt hat, wird auch er nicht geglaubt haben. Im Sommer könnte es so weit sein. 37 bzw. 34 Jahre nach den Treffern von „Wölfi“ Hansen und Dieter Wendlandt könnten Nachfolger bereit stehen. Die beiden alten Recken, die wie viele andere aus der 1978er-Aufstiegself Holsteins Weg noch heute genau verfolgen, würden ihre Position in den Geschichtsbüchern sicher gerne mit Kazior, Heider, Herrmann & Co. teilen.

Aufrufe: 01.4.2015, 16:06 Uhr
SHZ, Christian JessenAutor