2024-04-24T13:20:38.835Z

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Ein Bild aus besseren Tagen: Hertha Walheim vergangene Saison im Spiel bei Union Schafhausen.
Ein Bild aus besseren Tagen: Hertha Walheim vergangene Saison im Spiel bei Union Schafhausen. – Foto: Karl-Heinz Hamacher
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Noch kein Abgesang auf die Hertha

Auf der Versammlung der Walheimer Fußball-Abteilung stimmen die Mitglieder für die weitere Nutzung der Halle, was die finanziellen Möglichkeiten der Fußballer einschränkt

„Der Abgesang auf die Hertha, die schon in der Kiste mit Deckel drauf liegt, ist noch nicht angestimmt. Dass es keinen Fußball mehr geben wird, ist definitiv falsch.“ Heinz Baum, Geschäftsführer der Fußball-Abteilung von Hertha Walheim, unterstreicht, dass noch keine „endgültige Entscheidung“ bei der Abteilungsversammlung am Samstag getroffen wurde, auch wenn es schlecht um die Zukunft der Hertha-Fußballer bestellt sei.

Das sieht auch Harald van Ameln so: Der langjährige Sponsor, kommissarische Leiter der Fußball-Abteilung und noch bis zum 9. November erster Vorsitzender des Gesamtvereins, hatte sich nicht mehr zur Wahl gestellt, wohl aber das Feld gut bestellt hinterlassen und neben seinem Engagement im siebenstelligen Bereich auch die letzten Verbindlichkeiten privat getilgt. Ohne seine großzügige Unterstützung werden an Sponsoren-, Bandeneinnahmen und Mitgliedsbeiträgen in der nächsten Saison nur noch rund 15.000 bis 20.000 Euro als Etat zur Verfügung stehen.

Nach dem Rückzug der ersten Mannschaft aus der Landesliga im Sommer aufgrund der Unstimmigkeiten zwischen von Ameln und Spielern (wir berichteten) spielen aktuell eine U 19 in der Mittelrheinliga unter Jérôme Grammerstorf und die U 17 in der Bezirksliga unter Udo Lipka. „Jérôme hat schon ein Team mit U 19-Akteuren und einigen früheren Weggefährten für die nächste Bezirksliga-Saison zusammen“, sieht von Ameln Perspektiven. Wäre da nicht die 2010 errichtete Sporthalle, deren Kosten zu einem Drittel die Fußball-Abteilung stemmt und dafür Umkleiden, Geschäfts- und Schiedsrichterräume nutzt. „Auf dem kleinen Dienstweg“ hatte von Ameln Kontakt mit der hauseigenen Judo-Abteilung aufgenommen, die Mitte Juli auf ihrer Abteilungsversammlung beschloss, den Hallenanteil der Fußballer zu übernehmen und das Restdarlehen allein zu tilgen.

Doch eben jener Hallenanteil erwies sich als Knackpunkt bei der Abteilungsversammlung. „Die Frage lautete: Sollen die Fußballer die Halle samt Räumen weiter nutzen?“, erläutert Baum. Von den 20 stimmberechtigten Mitgliedern stimmten 18 mit Ja, bei einer Enthaltung und einer Nein-Stimme. „Die Sinnhaftigkeit dieser Abstimmung erschließt sich mir nicht, ich finde die Entscheidung hanebüchen“, sagt von Ameln, für dessen Position sich kein Nachfolger fand. „Jetzt hat die Fußball-Abteilung einen Anteil an einer Halle, die sie nicht nutzt, weil es wohl keinen Fußball mehr geben wird, denn dafür ist kein Geld mehr vorhanden. Da wurde eine Entscheidung gegen den Sport und für die Infrastruktur gefällt.“ Was in der Tat nicht nachzuvollziehen ist, denn die Hertha kann auch die städtischen Umkleiden, die saniert wurden, nutzen.

Was unterschwellig mitschwingt: „80 Prozent der stimmberechtigten Hertha-Mitglieder sind auch beim FC Walheim engagiert“, sagt von Ameln. Der FC war 2018 von Hertha-Mitgliedern gegründet worden, die mit von Amelns Kurs nicht einverstanden waren. „Es wurden viele Fehler gemacht, nicht erst kürzlich, sondern schon vor zehn Jahren, die Auswirkungen spüren wir noch“, erläutert Baum. Damals strebte die Hertha nach Höherem, und von Ameln gliederte die Abteilung in eine gemeinnützige Fußball-GmbH aus. Baum: „Wir haben damals quasi unsere eigene Jugend mit der Ausrichtung auf Leistungsfußball vom Platz geschickt. Das kam im Dorf nicht gut an.“

2016/17 konnte Walheim zudem nach dem Abstieg der zweiten Mannschaft aus der Bezirksliga für die Kreisliga A keine Mannschaft stellen. „Wir haben fahrlässig unsere Zweite hergegeben“, sagt Baum. „Die Mannschaft hatte für null Euro gespielt, man war sich zu sicher, dass es so weitergehen würde. Dann standen wir ohne Spieler da.“ Und als 2018 die Hertha-Mitglieder darüber informiert wurden, dass die Fußball-Abteilung noch leistungsorientierter aufgestellt werden soll, reichte es einigen. Zwar wurden diese Pläne wieder ad acta gelegt – zu spät allerdings, um die Gründung des FC, der „vor allem jungen Familien aus Walheim und Umgebung eine anspruchsvolle und zeitgemäße Fußball-Heimat bieten und Kinder aller Altersklassen fördern will“, noch zu verhindern. Der FC hat inzwischen eine Seniorenmannschaft, in die Kreisliga C aufgestiegen, und sechs Jugendteams – und alle spielen wie die Hertha im Stadion an der Schleidener Straße.

Wie es weitergeht, ist offen. „Harry gewährleistet, dass die A- und B-Junioren ihre Saison beenden können“, sagt Baum. „Ansonsten müssen wir schauen, was wir machen, wenn wir authentisch bleiben wollen. Wir werden mit Jérôme sprechen, ebenso mit dem FC Walheim. Es sieht natürlich nicht rosig aus, denn man weiß ja, was ein Bezirksliga-Team kostet.“ Und kann Hertha das nicht auf die Beine stellen, dann wird es wohl auch keine Jugendteams mehr geben.

Aufrufe: 020.10.2020, 07:00 Uhr
Helga Raue | AZ/ANAutor