2024-05-08T14:46:11.570Z

FuPa Portrait
Der Ton auf dem Fußballplatz war schon immer ein rauer. Doch gab es früher weniger Respektlosigkeit gegenüber dem Schiedsrichter. F: Rabe
Der Ton auf dem Fußballplatz war schon immer ein rauer. Doch gab es früher weniger Respektlosigkeit gegenüber dem Schiedsrichter. F: Rabe

»Hemmschwelle ist nicht mehr so hoch«

Die schon zu wenigen Schiedsrichter müssen sich einiges anhören auf dem Platz +++ Obmänner Reuter und Schnurr berichten von ihren Erfahrungen

Wiesbaden/Rheingau-Taunus. „Der Respekt war früher mehr gegeben“, stellt Klaus Reuter fest. Punkt. Der heutige Schiedsrichterobmann des Rheingau-Taunus-Kreises hat den Vergleich, ist er doch schon seit über 30 Jahren als Fußball-Referee unterwegs. Eine Einschätzung, die viele im Amateurfußball teilen. Die Fälle, die es in die Medien schaffen, sei es der Spielabbruch bei einem B-Klassenspiel nach einem tätlichen Angriff auf den Referee oder auch die Schlägerei zwischen Eltern bei einem E-Jugendspiel(!), sind nur die Spitze des Eisbergs.

Der Ton auf dem Fußballplatz ist oftmals ein rauer. „Die Hemmschwelle ist nicht mehr so hoch“, konstatiert Reuter. Der Rauenthaler hatte bis auf ein Spiel im Frankfurter Raum, als der Trainer ihn attackieren wollte und er von Zuschauern bespuckt worden ist, bisher in seiner langen Laufbahn, die ihn bis in die Hessenliga geführt hat, aber keine tätlichen Angriffsversuche erlebt. „Man muss oftmals über den Dingen stehen. Weich besaitet darf man in diesem Job auf keinen Fall sein“, erlebt Reuter immer wieder gerade junge Schiedsrichter, die den Bettel hinwerfen, weil sie sich die fortlaufenden Beleidigungen nicht mehr anhören wollen.

Kein Wunder, dass es zu wenige Schiedsrichter gibt. Im Rheingau-Taunus-Kreis stehen rund 180 auf Reuters Liste, von denen aber rund 40 wegen fehlender Leistungsprüfung gesperrt sind. Auch in der Landeshauptstadt ein ähnliches Bild. 140 Schiedsrichter zählt Wiesbadens Obmann Ingmar Schnurr zu seiner Gilde. Es müssten aber laut Schnurr rund 165 sein, um alle Spiele ausreichend besetzen zu können. So manche B-Klassenpartie muss daher schon ohne offiziellen Unparteiischen auskommen. „Fußball ohne Schiedsrichter ist irgendwie doof“, will sich der Schiedsrichter mit Leib und Seele dies gar nicht vorstellen. Doch manchmal würde er gerne auf dem Platz den Spieß umdrehen: „Ich sage dem Spieler, der frei übers leere Tor drüber schießt, ja auch nicht, was er für eine Pflaume ist.“ Wenn gleich der 50-Jährige, der seinen runden Geburtstag am Donnerstag vor einer Woche gefeiert hat, auch eingesteht, dass jeder Schiedsrichter, sich eingeschlossen, auch mal einen rabenschwarzen Tag erwischt. Schnurr: „Aber keiner macht die Fehler extra.“

Der Malermeister will nicht unbedingt schwarzmalen für seine Zunft und sieht derzeit sogar eher wieder einen Trend zur Besserung des allgemeinen Verhaltens auf dem Platz. „Es kann Spaß machen, ein Spiel ordentlich über die Bühne zu bringen und dann Teil davon gewesen zu sein.“

Sowohl Schnurr als auch Reuter versuchen auf dem Feld, eine kommunikative nicht arrogante Spielleitung an den Tag zu legen. „Man muss sich die Führungsspieler schnappen. Notfalls Dinge auch mal im Vier-Augen-Gespräch klären“, verrät Reuter sein Rezept. Ein lockerer Spruch gehöre auch mal dazu. Auch Schnurr, der gerne lacht, versucht, auf die Fußballer mit persönlicher Ansprache einzugehen: „Jeder Spieler ist anders.“ Eine gewisse Distanz und vor allem der gegenseitige Respekt seien aber unabdingbar im Verhältnis zwischen Spieler und Schiedsrichter. Von den Zuschauern will sich Schnurr am besten gar nicht beeinflussen lassen. „Das muss da rein- und dort wieder rausgehen.“

Verhalten an Außenlinie im Jugendbereich problematisch

Wobei gerade das Verhalten der Außenstehenden insbesondere im Jugendfußball laut Reuter ein großes Problem sei. „Es gibt Trainer und auch Eltern, die übermotiviert an der Außenlinie stehen.“ Und damit nicht nur die spielenden Kinder und Jugendlichen negativ beeinflussen, sondern vor allem auch die oftmals blutjungen Schiedsrichter einem Spießrutenlauf aussetzen. Reuter: „Als Schiedsrichter kann man auch Freiwild sein.“



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Aufrufe: 022.5.2017, 12:00 Uhr
Torsten MudersAutor