2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Jan Sigel

"Lockdown" im Amateursport: Stimmen der Betroffenen

Niederrhein: Der Spielbetrieb ruht mindestens bis Ende November. Wir haben die ersten Reaktionen der Vereine und Beobachter vom Niederrhein.

Am Donnerstag beschloß die Bundesregierung einen neuerlichen sozialen Lockdown vom 2. bis 30. November. Dieser betrifft auch den Amateursport bundesweit. Wir haben die ersten Reaktionen von Vereinen und Privatpersonen am Niederrhein, mit teils sehr konträren Ansichten. Habt ihr auch eine Meinung zu dem Thema? Dann schreibt uns gerne eine Mail an fupa@rp-digital.de.

Jan Biermann, stellv. Geschäftsführer DJK SF 97/30 Lowick:

"Natürlich sind wir enttäuscht, dass es wieder zu einer Unterbrechung kommt. Mir ist bis jetzt auch nicht bekannt, dass es im Amateurbereich bzw. beim Kontaktsport (Freiluftsport) zu einem Hotspot gekommen ist. Dennoch kann man die Entscheidung der Regierung ein Stück nachvollziehen und auch wir werden diese Entscheidung in aller Konsequenz mittragen und umsetzen.

Man schreibt dem normalen Bürger eine strikte Kontaktbeschränkung vor, dass dieser es nicht verstehen würde, warum der Kontaktsport mit bis zu 30 Personen möglich ist, liegt nahe. Gerade bei uns auf der Anlage mit um die 34 Mannschaften und den Laufsportgruppen würde dies alleine optisch schon ein skurriles Bild abgeben.

Auch einige Spieler haben bereits vor einigen Tagen signalisiert, unter diesen aktuellen Bedingungen nicht mehr zu trainieren oder zu spielen. Man darf nicht vergessen, dass die Spieler "nur" Ihrem Hobby nachgehen. Viele unserer Spieler haben zu Hause oder im näheren Umfeld Kontakt zu Risikogruppen oder sind auf der Arbeit unabkömmlich. Ich habe vor diesen Spielern und der Entscheidung allerhöchsten Respekt und Verständnis.

Wir als Verein haben es durch die vielen Ehrenamtlichen, Eltern, Verwandten, Trainer und Kinder in den vorigen Wochen und Monaten geschafft, den Trainings- und Spielbetrieb aufrecht zu halten und die Regelungen konsequent umzusetzen. Es war für alle ein Kraftakt und wird auch in Zukunft noch ein Kraftakt sein, den Trainings- und Spielbetrieb aufrecht zu halten bzw. wieder aufzunehmen. Ein großes Dankeschön an die vielen Helfer in den vergangenen Wochen und Monaten. Auch die Kommunikation mit anderen Vereinen war sehr intensiv und überaus freundschaftlich. Es gab viel Kontakt untereinander, man hat Hygienekonzepte miteinander geteilt, Umsetzungen diskutiert und auch Information von Behörden, Verband usw. direkt weitergegeben. Speziell dem 1. FC Bocholt und BW Dingden möchte ich hier für Ihre Zusammenarbeit, Anregungen und Informationsaustausch in diesen schwierigen Monaten danken."

Florian Ortstadt, Spieler SV Hönnepel-Niedermörmter:

"Ich muss sagen, es ist sehr schade für den Amateurfußball. Man muss gucken, wie es weiter geht. Ich denke, unter Ausschluss von Zuschauern hätte man locker die Saison weiter spielen können, gerade, weil sich jeder Verein sehr vorbildlich verhalten hat. Da kann man leider nichts dran ändern, muss positiv denken und hoffen, dass wir die Saison zu Ende spielen können."

René Ullenborn, JSG Xanten-Birten:

"Die Aussetzung des Trainingsbetriebs muss mit allen Mitteln verhindert werden! Die Kinder und Jugendlichen brauchen diese Möglichkeit, wenn sie schon privat keine Treffen mehr haben dürfen."

Karl S., Angehöriger eines Spielers der DJK Vierlinden:

"Der Verein macht alles richtig und setzt die geforderten Maßnahmen um. Doch die Zuschauer, meistens sind es ja die Vereinsmitglieder von Heim und Gast, die sich seit Jahren kennen, missachten die Forderungen, mit den Argumentationen: 'Wir kennen uns ja, was soll uns passieren?'"

Markus Schraets, Trainer Post SV Düsseldorf:

"Ich finde diese Unterbrechung der Saison absolut richtig. Es wird zwar viel darüber gesprochen, dass sich alle an die Regeln halten und es doch bis jetzt kaum Vorfälle gibt. Ich sehe aber von Woche zu Woche, dass die Corona-Regeln immer weniger eingehalten werden. Mittlerweile ziehen sich wieder komplette Mannschaften in einer Kabine um, Seife ist auch absolute Mangelware. Desinfektionsmittel habe ich noch in keiner Kabine gesehen, egal wo wir gespielt haben. Mund-Nasenschutz scheint für viele auf den Sportanlagen ein Fremdwort zu sein. Wir mussten Zuschauer von unserer Anlage verweisen, weil sie keinen Mund-Nasenschutz tragen wollten. Viele haben schon geglaubt, Corona ist vorbei, denn es läuft ja alles 'normal'. Wir können doch froh sein, dass wir die vergangenen Monate trainieren und spielen durften/konnten. Jetzt kommt die 'normale' Grippe oder Erkältung, die um diese Jahreszeit immer kommt, da muss jeder mit Anzeichen sowieso zuhause bleiben.

Damit sich Corona jetzt nicht über den Mannschaftssport noch mehr ausbreitet, ist diese Pause absolut die richtige Entscheidung. Ich würde mir nur so schnell wie möglich eine klare Aussage vom FVN wünschen. Man sollte jetzt nicht sagen, dass wir im Dezember vielleicht wieder starten, sondern direkt bis einschließlich Januar alles ruhen lassen. Wenn die Situation sich dann hoffentlich verbessert hat, könnte man den Februar als Vorbereitung nutzen und die Meisterschaftsspiele ab dem 28. Februar wieder starten. Die Saison könnte dann im Sommer einen Monat länger laufen als momentan geplant. So könnten sich alle Vereine darauf einstellen und hätten Planungssicherheit. Somit hätten wir die nasskalten Monate November bis Januar überbrückt.

Es sind schwierige Zeiten, in denen auch Entscheidungen getroffen werden müssen, die nicht allen gefallen. Die Gesundheit sollte aber doch über allem anderen stehen. Ich bleibe da positiv und denke, dass auch in absehbarer Zeit wieder Fußball unter normalen Umständen möglich sein wird. Jetzt sollten wir aber unsere eigenen Interessen etwas hinten anstellen und alle gemeinsam diese Pause akzeptieren und auch nutzen."

Torsten Dickel, Trainer 2. Mannschaft DJK Gnadental:

"Wir sind derzeit Tabellenführer in unserer Gruppe, also in einer komfortablen Situation. Die Sanktionen halte ich für absolut richtig. Man konnte ja beobachten, dass es zu viele Unvernünftige gab. Der alte Spruch 'Wer nicht hören will muss fühlen', ist wohl wieder aktuell. Es geht hier einfach nur um den Schutz von vielen. Danke für diese richtige Entscheidung!

Tobias Waldhausen, privat:

"Ich halte nicht viel von der Maßnahme, den Fußballbetrieb im Amateurbereich zu schließen bis Ende des Monats. In einem Interview mit Prof. Dr. Tim Meyer, dem Vorsitzenden der Medizinischen Kommission des DFB und der UEFA, sagt dieser, dass 'während des Fußballspielens die Dauer der engen Kontakte so kurz ist, dass es eigentlich auf dem Spielfeld kaum zu Infektionen kommen kann. Festzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass Fußball entgegen anderslautender Annahmen eben kein Kontaktsport ist, sondern eine Sportart mit geringen Kontakten.' Er sagt, dass es Infektionen Im Fußballbereich gab, aber eher Ansteckungen passierten bei Mannschaftssitzungen, geselligem Zusammensein, etc. in geschlossenen Räumen.

Somit würde ich dafür plädieren, dass eher wieder die Kabinen für das Umkleiden/Duschen etc. gesperrt werden. Die Spieler kommen umgezogen zum Sportplatz und fahren ungeduscht wieder nach Hause. Auch das gesellige Zusammensein nach dem Training/Spiel sollte so vermieden werden. So könnte es laufen, so dass der Kontakt der Spieler nur auf dem Spielfeld ist.

Dieter Kauertz, Schiedsrichter-Beauftragter 1. FC Mönchengladbach:

Am Donnerstag hatte ich noch eine SR-Beobachtung in der OL beim 1. FC Monheim gegen den VfB 03 Hilden (2:2). Beim Eintritt musste sich jeder in die Besucherliste eintragen, alle wurden – falls noch nicht über Mund und Nase – aufgefordert die Atemschutzmaske anzuziehen und das während des ganzen Spiels (nicht nur beim Betreten der Toilettenräume oder des Vereinslokals). Hieran haben sich die ca. 100 Zuschauer auch gehalten, wie ich beobachtet habe. Aus dem Vereinslokal gab es nur Getränke 'to go'. Am Eingang, im Lokal und den Toiletten konnte man sich mit Desinfektionsmittel die Hände einreiben.

Im September und Oktober war ich auch auf anderen Plätzen in der Landesliga, aber auch mal in den Kreisligen A und B. Hier musste man sich auch in die Besucherlisten eintragen. Jedoch standen dort häufig die Zuschauer eng beieinander und trugen oft während des Spiels keine Masken. Hier fehlt es einfach an Platzordnern oder Security, die um den Platz herumgehen und die Zuschauer darauf aufmerksam machen bzw. sie auffordern, die Masken anzuziehen. Hier hätte ich mir von den Vereinen mehr Eigeninitiative gewünscht.

Wie es in den Spielerkabinen und nach dem Spiel unter den Duschen zugeht, kann ich nicht beurteilen. Meine Spielanalysen nach dem Spiel mit den Schiedsrichtern bzw. dem SR-Team fanden in den Schiedsrichterkabinen auf Abstand statt – je nach Wunsch mit oder ohne Maske.

Leider kann man mit dem Fußball bei den Maßnahmen mit Zwangsstopp keine Ausnahme machen. Dabei bin ich überzeugt, dass es beim Sport nur ganz wenige Übertragung stattfinden. Denn gerade Sportler lernen im Verein Regeln und Disziplin und wissen, sich korrekt zu verhalten (natürlich wie überall mit einzelnen Ausnahmen!). Die 'Hotspots' sind mehr die Treffen auf großen Familienfeiern, privat oder in Kneipen/Discos (wo nicht scharf von den Wirten kontrolliert und reagiert wird.).

Durch die Feiertage Allerheiligen und Totensonntag fallen nur zwei Spieltage (07./08. + 14./15. November) aus und die Spielzeit der Amateure wurde vom FVN bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Das wird man ggf. durch zusätzliche Wochenspieltage auffangen müssen – vor allem in der OL mit 23 Mannschaften.

Viele Sportarten verzichten wie im Tennis oder Tischtennis zwischenzeitlich auf 'Doppel'. Deshalb wurden bei den Stadtmeisterschaften in Mönchengladbach auch nur STMS im Tennis (im Freien) und Schach (in großen Klassenräumen) ausgetragen. STMS in der Halle mit Körperkontakt wie Handball und Fußball wurden vernünftigerweise alle abgesagt.

Gott sei Dank gibt es bei diesem Lockdown keine Ausgangssperren. In den Innenstädten mit Masken, sowie in der Natur im Wald oder entlang von Bächen/Flüssen ohne Masken können wir spazieren, wandern und joggen. Ebenso können wir uns durch Radfahren fit halten, um diese Zwangspause zu überbrücken.

Sehr leid tun mir vor allem die Kinder und Jugendlichen in den Sportvereinen, dass ihr regelmäßiges Training draußen nun z.T. nicht stattfinden kann oder nur unter ganz anderen schwierigen Bedingungen. Im Freien ist die Ansteckungsgefahr meines Erachtens eher gering. Die Sportplätze – auch mit Laufbahnen wie das Grenzlandstadion in Rheydt – dürfen nicht geschlossen werden. Der Sport dient der Fitness und der Gesundheit!"

Dirk Graedtke, 1. Vorsitzender SC Velbert:

"Die Entscheidung auszusetzen, ist aufgrund steigender Zahlen grundsätzlich nachvollziehbar, jedoch für uns fragwürdig, ob es einen gewichtigen Effekt auf den Rückgang der Infektionen ausmacht. Ich denke, es liegt am Verhalten eines jeden Einzelnen, unabhängig von den Örtlichkeiten. Die Gefahr, sich zu infizieren, ist in Kabinen und Duschen durchaus hoch. Wenn sich im öffentlichen und privaten Raum alle an die Regeln gehalten hätten und in gegenseitigem Respekt miteinander umgehen würden, lägen die Zahlen sicher nicht dort, wo sie jetzt sind. Also sollte jeder zunächst sich selbst hinterfragen und nicht gleich wieder die Schuldfrage bei allen anderen suchen. Außerdem haben es die Kritiker der Maßnahmen wieder einmal leicht. Denn schließlich stehen sie ja nicht in der Verantwortung für Entscheidungen, die weitreichende Auswirkungen haben könnten und deren Wirkungen sich erst Wochen später ausmachen lassen - wenn überhaupt.

Solange die Einsicht derjenigen, die Großfamilienfeiern und geheime Kneipentreffen organisieren bzw. mitmachen, nicht gegeben ist, solange ist auch keine Besserung zu erwarten."

Aufrufe: 029.10.2020, 12:15 Uhr
Marcel EichholzAutor