2024-05-17T14:19:24.476Z

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– Foto: Volkhard Patten

Gelernt, geduldig zu sein

FUSSBALL-ID: +++ Marcel Hanisch über die Arbeit mit den ID-Kickern / Deutscher Meister mit Hessenauswahl +++

Wetzlar. Die meisten Menschen kennen Saarbrücken als die Landeshauptstadt des Saarlandes. Mehr Verbindung haben sie nicht. Bei Marcel Hanisch ist das anders. Wenn der 32-Jährige auf Saarbrücken angesprochen wird, bekommt er immer noch leuchtende Augen. Denn dort feierte er seinen bisher größten Erfolg als Co-Trainer.

Es war der 27. Juni dieses Jahres, als der Familienvater mit der HBRS-(Hessischer Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband) Hessenauswahl der ID-Kicker (Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung) in Saarbrücken die Deutsche Meisterschaft gewann. „Es war ein unbeschreibliches Gefühl“, betont Hanisch. Der Waldgirmeser war am Ziel eine langen Reise, die für ihn im September 2018 begann. Sportkoordinator Michael Trippel kam damals auf ihn zu und fragte ihn, ob er sich vorstellen könne, als Assistent des neuen Cheftrainers Bruno Pasqualotto, der als Profi mit Borussia Dortmund einst den DFB-Pokal gewann, zu arbeiten. Und Hanisch konnte. „Es war für mich eine große Möglichkeit, von Bruno zu lernen und mich weiterzuentwickeln. Wir sind alle in dieser Zeit unglaublich zusammengewachsen“, sagt der Fan des FC Bayern München.

Dabei war die Entscheidung, Hanisch als „Co“ zu berufen, nur die logische Konsequenz. Seit 2014 arbeitete er für die ID-Kicker des RSV Büblingshausen. Erst als Torwart-Trainer, ab 2016 dann als Gesamtverantwortlicher. „Es hat mir vom ersten Tag großen Spaß gemacht“, erzählt der Familienvater. Die ID-Fußballer sind beim Wetzlarer Vorzeigeverein voll integriert. „Wenn eine Feier ist, fragen uns die Verantwortlichen nicht, ob wir kommen, sondern was wir tun können. Das war ab dem ersten Moment so“, so Hanisch.

Jeden Montag bittet er seine Schützlinge auf der Anlage des RSV zum Training. Mit Erfolg: „Es ist eine Weiterentwicklung zu sehen. Klar, manche Übungen muss ich mehr als zweimal erklären. Aber das ist dann eben so“, betont der 32-Jährige, der anfügt: „Ich habe gelernt, geduldig zu sein.“

Es scheint, als sei Hanisch dazu berufen, ein solches Amt auszuführen. Das ist kein Zufall: Während seiner Ausbildung zum Heilerziehungspfleger absolvierte er ein Praktikum an der Friedrich-Fröbel-Schule in Wetzlar und kam dort mit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in Berührung.

Nach den Ferien tritt er an dieser Schule eine Erzieherstelle an, zuvor war er dort als Schulbegleiter tätig. Sein Eindruck: „Die Betroffenen leben auch aufgrund der Gesellschaft noch in ihrer eigenen Welt und werden von dieser kaum wahrgenommen.“ Doch gerade durch den Sport weiß Hanisch nur zu gut, dass das nicht sein muss: „Meine Spieler wollen was lernen. Außerdem bauen sie soziale Kontakte auf und unternehmen auch zusammen etwas. Es ist eine Freude, sie zu begleiten.“

Diese Freude schlägt sich auch in der Leistung nieder, was der Gewinn der Deutschen Meisterschaft mit der Hessenauswahl zeigt. Im Finale gab es einen 2:1-Erfolg gegen Sachsen-Anhalt. „Nach dem Abpfiff gab es kein Halten mehr. Brunos Ansprachen waren pure Motivation. Dazu hatten wir mit Michael Trippel einen Sportkoordinator, der für perfekte Bedingungen gesorgt hat. Ohne ihn wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen“, so Hanisch. In der Vorbereitung absolvierte die Hessenauswahl ein Testspiel gegen die Reserve der Sportfreunde Katzenfurt (4:0). Das Urteil des Gegners: In der B-Liga würde die Mannschaft zu den Topteams gehören.

Lange genießen kann der 32-Jährige den Titel nicht. Im August geht es mit dem RSV im Hessenpokal weiter. In der Ligatabelle belegen die Büblingshäuser den fünften Rang mit Tuchfühlung zum Dritten. „Ich bin zufrieden. Wir können mithalten“, betont Hanisch, der sich vorstellen kann, irgendwann als Trainer bei einer ambitionierten Jugendmannschaft zu arbeiten. Doch so weit ist es noch lange nicht. Mit der Hessenauswahl möchte er im nächsten Jahr den Titel verteidigen. Nach aktuellem Stand in Reutlingen und wieder mit einem Co-Trainer, der nach dem Turnier leuchtende Augen bekommen möchte.



Zur Person

Marcel Hanisch wohnt im Lahnauer Ortsteil Waldgirmes- Beim SC Waldgirmes durchlief er alle Jugendmannschaften, wechselte aber zu seiner Aktivenzeit zum TuS Naunheim und ging als Stürmer danach noch für die FSG Biebertal und die SG Niederbiel auf Torejagd. Auch wegen diverser Verletzungen beendete er frühzeitig seine Laufbahn. Der 32-jährige tritt nach den Ferien eine Erziehungsstelle an der Friedrich-Fröbel-Schule in Wetzlar an. Hanisch ist mit Miriam verheiratet und hat mit ihr die neun Wochen alten Zwillinge Leni und Mila. Seit 2014 arbeitet er für die ID-Kicker des RSV Büblingshausen, zusätzlich ist er Co-Trainer der HBRS-Hessenauswahl. „Ohne meine Frau, die mir die nötige Rückendeckung gibt, wäre das nicht möglich“, betont der Familienvater. (tis)

Aufrufe: 019.7.2019, 19:00 Uhr
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