2024-04-25T14:35:39.956Z

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Jubelpose ala Griezmann: Luca Waldschmidt nach seinem Tor.	Foto: dpa
Jubelpose ala Griezmann: Luca Waldschmidt nach seinem Tor. Foto: dpa

Hessische Heldentat hilft Hamburg

+++ Luca Waldschmidt wurde in Wieseck von Eintracht Frankfurt entdeckt und rettet den HSV +++ Vater Wolfgang war dabei +++

Giessen/Hamburg. Am Sonntagnachmittag titelte „Bild“-Online: „Hamburg feiert Lucky Luca – Wer ist eigentlich HSV-Retter Waldschmidt?“ Das Abendblatt schrieb: Luca Waldschmidt – vom Reservisten zum Retter.“ Und bei Transfermarkt.de rutschte der junge Mann in die Elf des Spieltages. Was eine Aktion ausmachen kann. Wobei: Was heißt hier schon Aktion? Gian-Luca Waldschmidt, Rufname Luca, hat sich mit seinem Kopfballtreffer für den Hamburger SV gegen den VfL Wolfsburg in die Bundesliga-Geschichtsbücher katapultiert.

Als Hesse, der in Siegen geboren wurde, bei der Eintracht fußballsozialisiert, da unter Armin Veh keine Chance bekam, wechselte der 21-Jährige vor der Saison zum Bundesliga-Dino, um dort sein Glück zu suchen, das er nach langen Mühen und harten Zeiten auf der Bank mit dem Rettungstreffer in Minute 88 nun für den Moment gefunden hat.

Ob er bei der TSG Wieseck, bei der er 2009 und 2010 im Förderzentrum spielte, sein letztes Kopfballtor machte, wusste Vater Wolfgang Waldschmidt am Sonntagnachmittag nicht zu beantworten. Aber der 54-Jährige, der in den 80ern für Darmstadt 98 in der 2. Liga spielte und auch eine Vergangenheit beim VfB 1900 Gießen hat, kam nicht umhin anzumerken: „Kopfball ist ja nicht gerade Lucas Paradedisziplin. Aber den hat er prima getroffen. Nach dem Spiel hat er noch gesagt: Hast du gesehen, wie ich reingelaufen bin?“

Vater Waldschmidt hat, als wir ihn im Zug zurück aus Hamburg erwischen, gut lachen: „Ja, da hat er einen Schritt nach vorne gemacht, den nächsten nach hinten, schon war er frei.“ Der Stolz ist „Wapo“ Waldschmidt, der mit Familie in der VIP-Lounge sich den entscheidenden Auftritt der Hamburger nicht entgehen lassen wollte, anzumerken. „Es war eine fantastische Stimmung im Stadion, auch als der Bus mit der Mannschaft ankam, dachte man, die ganze Stadt sei auf den Beinen.“

Dass der Ex-Wiesecker bis Minute 82 auf der Bank schmoren musste, „ist er ja schon gewohnt. Die Trainer setzen in solchen Situationen ja oft eher auf Erfahrung.“ Dabei hat der 21-fache U-Nationalspieler bereits 2015 für die Eintracht sein Bundesligadebüt gegeben und in dieser Saison zum Beispiel „im Pokal gegen Köln eine überzeugende Partie hingelegt“, wie der Vater sagt. Ein Tor hatte Waldschmidt damals im Achtelfinale erzielt, sechs Abschlüsse zu verzeichnen gehabt. „Und dann hat er sich eine Woche mit Grippe ins Bett gelegt“, sagt der in Dillenburg lebende Vater des HSV-Helden. Sprich: Dann war der junge Mann nach guter Leistung erst mal wieder raus aus der Stamm-Elf.

Aber das ist Schnee von gestern. Weiß auch Wolfgang Waldschmidt. „Ich hoffe, dass ihm der Treffer jetzt entscheidenden Schub verleiht.“ Dem HSV hat Luca Waldschmidt jedenfalls den entscheidenden Schubs vom Relegationsrang schon verliehen. Und nach dem Treffer, was war los in Hamburg? „Wir waren mit der Familie im Portugiesenviertel erst mal gut essen, Luca hat noch einen auf seinen Geburtstag ausgegeben“, erzählt Wolfgang Waldschmidt – „und dann ist er mit der Mannschaft noch in eine Discothek, da haben sie den Klassenerhalt gefeiert.“ Und zwar bis morgens um sechs, mit anschließendem Besuch des Fischmarkts.

Ein perfektes Wochenende für den jungen Mann, der bei der TSG Wieseck für die Bundesliga entdeckt wurde. Am Freitag feierte er seinen 21. Geburtstag, am Samstag beschenkt er sich selbst, den dienstältesten Bundesligisten, ja eine ganze Stadt mit seinem Treffer. Und nun „hat er erst einmal Urlaub, er muss jetzt mal abschalten, fährt mit ein paar Kumpels weg“, sagt Wolfgang Waldschmidt.

Und weiß auch, dass der Sohn die Pläne von Trainer Gisdol mit im Gepäck hat, um Gewicht und Fitness zu halten – auch im Urlaub. „So ist das Geschäft“, sagt „Wapo“, der hofft, dass der Treffer dem Sohnemann nun auch die Chance eröffnet, mehr Spielzeit bei den Rautenträgern zu erhalten. Bis 2020 hat Waldschmidt Vertrag an der Elbe, wo er sich sehr wohlfühlt. Auch weil mit Cousin Sven noch ein Waldschmidt in Hamburg spielt: In der Oberliga beim FC Altona 93. Seit Samstag dürfte der Name Waldschmidt allen Hamburgern bekannt sein. Der Name des HSV-Retters aus Hessen mit Wiesecker Vergangenheit.



Aufrufe: 023.5.2017, 08:00 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor