2024-05-24T11:28:31.627Z

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Prädestiniert für hohe Anspiele: Markus Kredel (rechts) zeigt auf dem Platz, dass es stimmt, was über ihn geschrieben wird. Foto: Günther Distler
Prädestiniert für hohe Anspiele: Markus Kredel (rechts) zeigt auf dem Platz, dass es stimmt, was über ihn geschrieben wird. Foto: Günther Distler

Glücklich im neuen Leben

Marcus Kredel war ein vielversprechender Torwart, jetzt will er Stürmer sein

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Dass die DJK Falke einen neuen Stürmer hat, das alleine würde – bei allem Respekt vor dem Kreisligisten – an dieser Stelle kein Portrait rechtfertigen. Was die Geschichte besonders macht, ist die Tatsache, dass es sich bei diesem Mann um Marcus Kredel handelt. Kredel nämlich war bis zuletzt Torhüter. Und zwar ein vielversprechender.

Die Arbeit der Spieler endet an Falker Heimspieltagen nicht mit dem Schlusspfiff. Während Gegner und Schiedsrichter in den Kabinen verschwinden, die Zuschauer sich über die schmale Sudetendeutsche Straße auf den Heimweg machen, müssen noch die Tore vom A-Platz getragen werden. So kurz nach Ende der Partie, wenn sich Anspannung und Tumult der letzten 90 Minuten gelegt haben und plötzlich Stille über dem Gelände liegt, strahlen die Nachmittage etwas Melancholisches aus. Vor allem wenn es Herbst ist, und sie wieder mal verloren haben bei Falke. Was derzeit öfters passiert.

Marcus Kredel steht vor der leeren Tribüne, seine 1,94 Meter Körpergröße in gebeugter Haltung. Eine S-Bahn donnert vorbei. Dann nimmt er die drei Kollegen wahr, die sich mit einem Tor abmühen, richtet seinen Körper auf und eilt ihnen zur Hilfe. Kredel hat gerade sein erstes Spiel als Stürmer hinter sich, in einer Spielklasse, die er bislang nicht kannte, und die eigentlich zu niedrig für ihn ist. Gegen den SV Eyüp Sultan ging es, eine spielstarke Mannschaft in einer kampfbetonten Kreisliga.

Kredel hat auch gespielt und gekämpft, hat ein schönes Freistoßtor erzielt, hat per Kopf den Ausgleichstreffer aufgelegt, hat mit großem Einsatz in der letzten Spielminute einen Elfmeter herausgeholt, den dann ein Teamkollege verschossen hat. Das Spiel endet 2:3, die DJK hat verloren, krebst weiterhin auf einem Abstiegsplatz herum. Es ist der 3. Oktober, Tag der Einheit, die Sonne ist verschwunden und es wird rasch kühl. Kredel nimmt sich dennoch Zeit, zu erklären, wieso er jetzt hier ist.

Torhüter, die Tore schießen? Kennt man. Jens Lehmann hat mal eins gemacht, José Chilavert war Experte für Freistöße, Jörg Butt schoss gerne mal Elfmeter. Allesamt sind sie nach getaner Arbeit wieder dorthin verschwunden, wo ihre Haupttätigkeit zu verrichten war. Doch Marcus Kredel, Jahrgang 1987, will da nicht mehr hin. Er ist, beziehungsweise war Torhüter, begann damit beim Falke-Nachbarn Gleishammer, verbrachte die Jahre seiner Kindheit und Jugend in den Nachwuchsabteilungen des 1.FCN und der Spielvereinigung Greuther Fürth. Die letzten Jahre über war er beim Landesligisten 1. SC Feucht. Dort hielt man große Stücke auf ihn, hätte ihn gerne weiterhin im Kasten gesehen. Er aber wollte nicht mehr. Wollte nicht mehr seinen Alltag von Trainings- und Spielrhythmen dirigieren lassen, wollte sich über private Dinge klar werden. „Der Aufwand wurde zu groß“, sagt er, was impliziert, dass auch der Ertrag nicht stimmte. Er wollte seinem Leben Abstand vom Fußball gönnen. Lange hielt das nicht. Zweieinhalb Monate.

Zwei Spiele, zwei Tore

Kredel antwortet sehr ruhig und überlegt, einerseits ahnt man, dass er geschult wurde im Umgang mit Reporterfragen („Was zählt ist, dass die Mannschaft punktet, nicht meine eigene Leistung“), andererseits spricht er erfrischend offen. Etwa wenn er vom Talentscout erzählt, der ihm einst eröffnet habe, für die Regionalliga könne es reichen, für Höheres wohl nicht. Im Gespräch wirkt Kredel freundlich und intelligent, und wo man sich im Verein auch umhört, bekommt man das bestätigt.

Dort, beim DJK Falke, haben sie zur neuen Saison ihren wichtigsten Stürmer verloren. Julian Klose wechselte zum FSV Stadeln. Kredel ist zwar ein anderer Spielertyp als der quirlige Klose, dennoch könnte sich auch er zu einem wichtigen Baustein im Team von Christian Strehl entwickeln. Mit seiner Größe ist er prädestiniert für hohe Anspiele. Was die technischen Fähigkeiten angeht, wird sichtbar, dass er einer jener Torhüterjahrgänge war, bei dem das Fußballerische mit ausgebildet wurde. Dazu kommen zwei weitere Pluspunkte. Erstens: „Ich weiß, wo ein Torhüter steht, wie er sich bewegt, und das kann für einen Stürmer schon ein Vorteil sein.“ Zweitens: Er kann als Stütze für Keeper Marius Steger fungieren. Diese Zusammenarbeit war schon gegen Eyüp zu beobachten. Zwei Elfmeter gab es gegen sein Team, und beide Male hat sich Kredel hinter dem Schützen aufgebaut und seinem Keeper die richtige Ecke angedeutet. Und auch falls dieser einmal ausfällt: „Stell ich mich natürlich ins Tor.“

Einige positive Effekte also für Falke-Coach Strehl. Der war es auch, der ihn überhaupt erst zu Falke lotste. Strehl bot seinem Arbeitskollegen an, sich bei seinem Team fit zu halten, schließlich Teil der Mannschaft zu werden. „Ich hab immer wieder auch mit meinen Freunden auf dem Bolzplatz gespielt, ich musste das nicht lernen“, sagt Kredel, weiß aber auch, wo es noch Potenzial gibt: „Die Laufwege stimmen noch nicht, auch das taktische Verhalten als Stürmer.“

Ohne Fußball geht es also auch nicht bei ihm. Vielmehr ist seine Zweitlaufbahn wohl ein Beleg dafür, dass er Abstand von seiner bisherigen Karriere braucht. Ein Beleg dafür, dass jetzt etwas Neues beginnt, bei dem mehr Spaß denn Ertrag im Mittelpunkt steht. Am Sonntag hat Kredel wieder gespielt, mit seiner DJK in Hagenbüchach. Er hat auch da getroffen, zum 1:1-Ausgleich, und bis zur 90. Minute haben sie das beim Tabellenführer gehalten. Aber auch in diesem Spiel gab es eine letzte Minute, in der haben sie zwar keinen Elfmeter verschossen, aber, schlimmer, ein Tor kassiert. Tragen mussten sie danach nichts – nur ihre Taschen und den mentalen Rucksack, dass es wieder nicht gereicht hat. Bei Falke warten sie weiterhin auf das Erfolgserlebnis, das ausreichen könnte, um die Mannschaft in die Spur zu bringen. Auf Marcus Kredel können sie dabei zählen.

Aufrufe: 09.10.2013, 11:04 Uhr
Jan MauerAutor