2024-03-27T14:08:28.225Z

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Voller Tatendrang: Ali Marzban sucht ein Projekt mit echter Perspektive. 	Foto: Neumann
Voller Tatendrang: Ali Marzban sucht ein Projekt mit echter Perspektive. Foto: Neumann

Globetrotter Marzban mag keinen Reisestress mehr

Nach turbulenten Trainer-Jahren Fokus auf heimische Gefilde gerichtet

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Wiesbaden. Ali Reza Marzban ist seit vielen Jahren als Coach in aller Welt unterwegs. Und ist immer wieder gerne Zuhause. Zuhause in Wiesbaden, wo er mit seiner Familie heimisch geworden ist. Der aus dem Iran stammende Fußball-Lehrer hat seinen Fundus an Erfahrungen im Profibereich nochmals gewaltig erweitert, ist dem früheren englischen Nationalcoach Fabio Capello im Wembley-Stadion als Nachbar in der Coachingzone begegnet, hat den ehemaligen Schweizer Trainer Ottmar Hitzfeld auf der gegnerischen Trainerbank erlebt.

Um nun nach turbulenten Jahren nicht nur zu einem Boxenstopp in der hessischen Landeshauptstadt verweilen zu wollen, sondern – besonders seiner Frau Rouzik zuliebe – auf regionaler Ebene nach einer neuen Herausforderung als Trainer Ausschau zu halten. Ohne Anspruch auf irgendein Liga-Etikett, aber in der Hoffnung, ein Projekt mit Perspektive anschieben zu können: „Die Bereitschaft der Vereinsführung, etwas zum Positiven verändern zu wollen, müsste gegeben sein. Ansonsten würde mir es schon genügen, wenn es einfach nur Spaß macht“, erläutert der 59-Jährige.

Aufgrund der hohen Zahl an Zuwanderern in Deutschland sieht Marzban den Fußball auch als ideale Plattform, deren Integration maßgeblich zu erleichtern. „Die Flüchtlinge müssen aber das Gefühl haben, willkommen zu sein und sich entfalten zu können. Gerade auch, wenn man mit Kindern etwas anpacken und gemeinsame Ziele entwickeln kann, verbindet das und schafft sozialen Frieden.“

Klare Ziele verfolgen, das ist seit jeher sein Ansatz als Trainer. Marzban weiß von seinen erfolgreichen Anfängen bei der TSG Idstein bis zur Europameisterschafts-Qualifikation 2010/11 als Mitglied im Trainerstab von Montenegros damaligen Chefcoach Zlatko Krancjar um alle Facetten des Fußballs – von der Amateur-Bühne bis zu einer Nationalelf. Am 8. Oktober 2010 feierte Marzban mit Montenegro das überraschende 1:0 über die Schweiz, vier Tage später das sensationelle 0:0 im Wembley-Stadion. Montenegro wurde vor der Schweiz Gruppenzweiter, scheiterte erst in den Play-offs an Tschechien.

Mit Padideh FC in Mashhad, der zweitgrößten Stadt des Irans, durfte der Wahl-Wiesbadener 2014 als Cheftrainer den Aufstieg in die erste iranische Liga bejubeln. Anschließend führte er auch bei Paykan Teheran Regie. All diese Stationen haben ihn als Trainer, Pädagogen und Psychologen geprägt und gefordert. „Spieler brauchen Zuspruch, sie müssen spüren, dass sie wichtig sind, dass sie Verantwortung übernehmen müssen“, weiß Marzban um das komplexe Miteinander zwischen Coach und Team. Wer als Trainer als Diktator auftrete, laufe Gefahr, Brücken einzureißen, dadurch einzelne Spieler oder gar die gesamte Mannschaft nicht mehr zu erreichen.

Die Spieler-Kabine ist aus seiner Sicht der Ort, der den Level in puncto Teamwork, Motivation und Siegeswille mitpräge. „Geld und Stadion sind unwichtig. In der Kabine entscheidet sich etwa, wie ein neuer Spieler als Teil einer kleinen Gesellschaft aufgenommen wird. Leistet er sich dabei gleich einen Fehltritt, wird er es schwer haben“, sagt der Trainer-Globetrotter. Die Führung und Bildung einer Hierarchie müsse dem Team selbst überlassen werden, bekräftigt er und sieht den Spielerrat als das Bindeglied zum Trainer an.

Ein 25-Mann-Kader, so seine Erfahrung, bestehe in der Regel aus vier bis fünf Gruppen, in denen sich soziale Schichten und Herkunft widerspiegelten. Ein aus seiner Sicht sensibles Gesamtkonstrukt: „Man muss aufpassen. Attackiert man einen, fühlt sich womöglich die ganze Gruppe angegriffen.“ So gesehen ist Marzbans Marschroute abgesteckt: „Es wird generell immer schwieriger, Menschen zu erreichen. Deshalb muss ein Trainer umso mehr vermitteln, dass es nur funktioniert, wenn man Hand in Hand geht.“



Aufrufe: 027.9.2017, 09:00 Uhr
Stephan NeumannAutor