Gänsehaut-Momente in Manchester

Flug buchen, eventuell ein Mietauto, Zug oder Bus? Fragen über Fragen: PayPal, Bankeinzug, Kreditkarte, was muss ich in welchem Formular ausfüllen? All diese Präparationen und der aufkommende Stress sind in diesem einen Moment vergessen – das erste Betreten eines bis dato noch unbekannten Stadions. Ein wenig schüchtern, aber neugierig nehmen wir die Stufen zum East Stand Tier 1 Upper.

Dort nehmen wir in Block 233 unsere Plätze ein. In den Händen ein schales Guiness und eine rauchige Bratwurst. Aber das ist nebensächlich, denn in der Luft liegt diese elektrisierende Spannung, die Gänsehaut will nicht verschwinden, denn wir sind in einem der traditionsreichsten Fußballstadien der Welt. Bei jedem Englandbesuch kann ich nur den Kopf darüber schütteln, wie eine Weltmeisterschaft nach Katar oder Russland vergeben wird und das Mutterland des Fußballs seit 48 Jahren darauf warten muss. Doch das ist ein anderes Thema. Zu unserer Rechten ist der Sir Alex Ferguson Stand, die komplett nach dem ehemaligen ManUnited-Coach benannte Gegengerade. Die rund 3 000 mitgereisten FCB-Fans bringen sich in Stimmung und warten auf den Einmarsch ihrer Super-Bayern. "Der Besuch des altehrwürdigen Old Trafford sollte in jeder Checkliste eines Fußballers stehen, wer nicht dort war, weiß nicht, von was ich spreche", war Markus Stumpf, Stürmer der SG Waibstadt und einer aus der Badener Reisegruppe, begeistert von der Faszination Old Trafford.

Seit 114 Jahren das Theater der Träume

Entworfen von Archibald Leitch, der Schotte war Architekt einiger der bekanntesten Stadien in Großbritannien, wurde das Old Trafford 1910 eröffnet und bietet 76 212 Menschen Platz. Craven Cottage (FC Fulham), Ibrox Park und Celtic Park in Glasgow, White Hart Lane (Tottenham Hotspur) oder auch die Stamford Bridge von Chelsea London, diese Namen begeistern jeden Fußballfan. Typisch für Leitch waren zweirangige Tribünen mit markanten Geländern aus Stahl und darüber angeordneten Satteldächern, die mit einem Giebeldreieck abschlossen. So sieht Fußballromantik aus. Das Stadion mitten in der Stadt, voller Charme und Atmosphäre, nicht infrastrukturell günstig in Autobahnnähe, umgeben von Parkplätzen und eventmäßig aufgezogener Organisation.

Schweinsteigers Abgang

Laut es wurde es häufig während der 90 intensiven Minuten auf dem perfekten englischen Rasen. Kaum hatten die Gastgeber einen Einwurf in der gegnerischen Hälfte, schienen bis auf die Bayernanhänger alle Zuschauer ihre Mannschaft nach vorne zu brüllen. Der Dezibel-Höhepunkt wurde logischerweise beim 1:0 durch Vidic erreicht. Die Bayern machten zwar das Spiel, erspielten sich jedoch keine zwingenden Chancen. Dennoch glich Bastian Schweinsteiger nur ein paar Minuten später aus, sein Jubellauf endete direkt vor der Bayernkurve. Über "Schweini" wurde auch nach dem Spiel am meisten diskutiert. Nach seiner gelb-roten Karten in der Nachspielzeit machte er sich im Spaziertempo auf die rund 80 Meter lange Strecke Richtung Kabinentrakt.

Hotel fällt aus

Nach dem Spiel hatten wir noch ein wenig Zeit, ehe es im Auto auf den Rückweg zum 350 Kilometer entfernten Flughafen nach Stansted ging. Unser Weg führte ganz klassisch in einen Pub, wo wir mit ein paar Einheimischen über die 90 Minuten auf dem Rasen und die sportliche Rivalität zwischen den Red Devils und dem Stern des Südens philosophierten. Da wir mehr als pünktlich am Flughafen eintrafen, kamen wir gar in den Luxus zwei Stunden schlafen zu können. Dann ging es ab zum Flieger und in die Heimat. Im Gepäck – die Erinnerung an eine unvergessliche Erfahrung namens Old Trafford.