2024-04-19T07:32:36.736Z

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Steffen Wohlfarth ist künftig nicht nur Trainer, sondern auch Sportlicher Leiter des Fußball-Oberligisten FV Ravensburg. Archivfoto: Rolf Schultes
Steffen Wohlfarth ist künftig nicht nur Trainer, sondern auch Sportlicher Leiter des Fußball-Oberligisten FV Ravensburg. Archivfoto: Rolf Schultes
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FV Ravensburg setzt auf das "englische Modell"

Steffen Wohlfahrth ist künftig nicht nur für das Training und die Aufstellung des Fußball-Oberligisten zuständig, sondern auch für die Transfers. Mittelfristig soll er den FV in die Regionalliga führen.

Ravensburg / sz - Der Mann, um den es an diesem Nachmittag eigentlich geht, ist gar nicht da. Steffen Wohlfarth ist auf der Suche. Nach dem Abgang von Bartosz Broniszweski (zum SC Pfullendorf) und dem Karriereende von Sebastian Mähr, der aus gesundheitlichen und privaten Gründen aufhört, ist der Trainer des Fußball-Oberligisten FV Ravensburg unterwegs, um einen neuen Innenverteidiger für die kommende Saison zu finden. Der 36-Jährige fehlt daher auf der kleinen Pressekonferenz, zu der der FV-Aufsichtsrat um Helmut Locher, Fabian Hummel und Wolfgang Grünhagel am Dienstagnachmittag geladen hat. Durch die Abwesenheit liefert Wohlfarth zugleich aber einen Arbeitsnachweis für seine neue Funktion, die der Aufsichtsrat parallel verkündet: Ab sofort wird der Ex-Profi nicht nur Trainer, sondern auch Sportlicher Leiter der Oberligamannschaft sein.

"Wir versuchen das englische Modell", erklärt Helmut Locher und meint damit die Teammanager wie Jürgen Klopp oder Pep Guardiola, die in den englischen Clubs die Alleinverantwortung für die Profis tragen. "Steffen lebt für diesen Verein", sagt Locher. Dass er jetzt noch mehr Verantwortung übertragen bekomme, sei auch ein Lohn für die gute Arbeit in der mittlerweile abgebrochenen Saison, die der FV Ravensburg auf Platz vier beendet hat. Für vorerst ein Jahr gilt der neue Kontrakt. "Wir wollen bewusst diese Übergangssaison in der Nach-Corona-Zeit abwarten, um dann weiter planen zu können", sagt Fabian Hummel, der die Position des Sportlichen Leiters bislang innehatte.

Der 35-Jähriger, der erst im vergangenen Sommer aus Ulm nach Ravensburg gekommen war, wird sich künftig verstärkt auf seine Rollen als Vereinsmanager, Trainer der U23 und die Jugendarbeit konzentrieren. "Ich bin glücklich über die Lösung", sagt Hummel, der schon den Nachwuchsbereich beim SSV Ulm geleitet hat und nun die Talente im Wiesental fördern möchte. "Dass ist das, was mir Spaß macht." Die Arbeit als Sportlicher Leiter gebe er gerne ab, da er diese Position aufgrund seiner vielen anderen Aufgaben nicht zu seiner eigenen Zufriedenheit habe ausfüllen können. "Aber ich denke, dass ich Steffen ein bestelltes Feld hinterlasse", sagt Hummel, der Wohlfarth bei der Einarbeitung in den neuen Bereich unterstützen möchte.

Dieser freut sich auf seine neue Aufgabe. "Es hat mich sehr gefreut, dass ich das machen darf", sagt Wohlfarth im Telefongespräch mit der "Schwäbischen Zeitung". Er weiß um die Bedeutung seiner Arbeit. Das Ziel des Vereins und auch des Trainers ist es, mittelfristig in die Regionalliga aufzusteigen. Als Übungsleiter und Kadermanager kommt ihm dabei die Hauptverantwortung zu. Der 36-Jährige ist aber Realist genug, um zu wissen, dass die Aufgabe in diesen schwierigen Zeiten, in denen auch der FV Ravensburg mit Finanzsorgen zu kämpfen hat, alles andere als einfach wird. "Jetzt geht es eher darum, Geld zu sparen, als für Spieler auszugeben."

Immerhin: Die Oberschwaben können für die neue Saison mit dem ganz großen Stamm der Vorsaison planen. Einzig Broniszewski und Linksverteidiger Filip Rettig (zu Schwarz-Weiß Bregenz) haben den Verein verlassen, die langjährigen Stützen Mähr und Sebastian Reiner beenden ihre Karrieren. Für Wohlfarth geht es nun darum, möglichst schnell Ersatz für die Defensive zu finden. Helfen soll dem Ex-Profi, der für Ingolstadt und Freiburg aktiv war, dabei sein gutes Netzwerk in den Profifußball – kurzfristig, aber vor allem langfristig. Denn aktuell können die Ravensburger sich keine allzu großen Sprünge leisten. "Einen Lionel Messi werde ich sicher nicht verpflichten", scherzt Wohlfarth. Das passt zur Vorgabe des Aufsichtsrats, der sich bei künftigen Transfers ein Vetorecht gesichert hat. "Wir werden keinen ausgedienten Profi holen", sagt Helmut Locher. Im Optimalfall soll ein Führungsspieler verpflichtet werden, der direkt Verantwortung übernimmt, aber auch in die Altersstruktur und das Gehaltsgefüge der Mannschaft passt. Auch eine interne Lösung für die Innenverteidigung sei denkbar. Locher: "Wir wollen Verstärkung, aber nicht um jeden Preis."

Für die kommende Saison möchten die Ravensburg daher noch keine allzu hohen Ziele ausgeben. "Ich weiß noch gar nicht, wie ich die Liga einschätzen soll", sagt Steffen Wohlfarth. "Da werde ich sicher nicht sagen, dass ich unbedingt aufsteigen möchte." Seit Montagabend ist klar, dass die Oberliga am Wochenende vom 22./23. August starten soll. Für den FV beginnt der Spielbetrieb sogar noch früher. Bereits am 1. August (eventuell auch erst am 5. August) soll dass WFV-Pokal-Viertelfinale gegen den SSV Ulm nachgeholt werden – möglicherweise sogar vor Zuschauern. Die neue Corona-Verordnung Sport erlaubt ab August bis zu 500 Besucher. Auch wenn der FV die Fans gerne bei diesem bedeutenden Spiel dabei hätte, ist noch nicht sicher, ob diese ins Stadion dürfen. Noch sei zu unklar, wie die Einhaltung der Hygiene- und Sicherheitsvorschriften eingehalten werden können, erklärt Manager Hummel. Sein Aufsichtsratkollege Helmut Locher sagt jedoch: "Das ist ein Aufwand, den wir uns leisten sollten."

Aufrufe: 030.6.2020, 18:52 Uhr
Schwäbische Zeitung / Martin DeckAutor