2024-04-24T13:20:38.835Z

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War jahrelang die sichere Säule im Abwehrzentrum des FV Ravensburg: Sebastian Mähr (rechts). ArchivFoto: Rolf Schultes
War jahrelang die sichere Säule im Abwehrzentrum des FV Ravensburg: Sebastian Mähr (rechts). ArchivFoto: Rolf Schultes
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Das Herz sagt Ja, der Körper Nein

Nach zahlreichen Verletzungen hört Sebastian Mähr vom Fußball-Oberligisten FV Ravensburg auf. So erklärt er seine Entscheidung.

Ravensburg / sz - Lange hat Sebastian Mähr mit sich gerungen. Soll er noch einmal den ganzen Aufwand betreiben, um fit zu sein für den Fußball-Oberligisten FV Ravensburg? Oder soll er es nach 16 Jahren im Verein und zuletzt vielen langwierigen Verletzungen nicht einfach bleiben lassen? "Die Entscheidung ist mir alles andere als leicht gefallen", sagt der 29-Jährige. Doch am Ende hat der Körper über das Herz entschieden – die Karriere des Innenverteidigers ist vorbei.

Aus der Verteidigung des FV Ravensburg war Mähr viele Jahre nicht wegzudenken. In den vergangenen beiden Spielzeiten kam er allerdings nur auf acht Einsätze in der Oberliga und vier Partien mit der U23 in der Landesliga – 2019/20 war es sogar nur ein 27-minütiger Kurzeinsatz beim 6:1-Sieg gegen den FC Nöttingen. Wenige Tage später wurde die Saison wegen des Coronavirus unterbrochen und letztlich mit dem 30. Juni vorzeitig beendet. "Sportlich hätte ich mir meinen Abschluss natürlich schöner gewünscht", sagt Mähr. "Aber ich muss ehrlich zu mir selbst sein: So gut wie in der Corona-Pause ging es mir körperlich seit Jahren nicht." Zuletzt machten dem fast zwei Meter großen Verteidiger das Sprunggelenk und der Rücken zu schaffen. "Ich habe einen Riesenaufwand betrieben mit Krafttraining und Physiotherapie, nur um überhaupt auf dem Platz trainieren zu können", meint Mähr. "Es gab zuletzt kaum ein Training ohne Schmerzen."

In der Corona-Zwangspause hatte der 29-Jährige viel Zeit, um über die Zukunft nachzudenken. "Wenn es nach dem Herzen geht, würde ich noch fünf Jahre weiterspielen. Der Kopf sagt aber, dass es die vernünftigere Entscheidung ist, den Körper nicht an die Wand zu fahren." Schließlich wolle er auch in 20 Jahren noch Sport treiben können. Die Verantwortlichen des FV sind zwar enttäuscht, dass seine Karriere so abrupt endet. Verstehen können Trainer Steffen Wohlfarth, Manager Fabian Hummel und der Aufsichtsrat um Helmut Locher die Entscheidung aber. Bitter für die Ravensburger ist allerdings, dass damit nach Sebastian Reiner der zweite Ur-Ravensburger gesundsbedingt aufhören muss. "Das sind FV-Urgesteine, die wir auf jeden Fall im Verein halten möchten. Sie gehören zur Identität des FV", sagt Hummel. Wohlfarth meint: "Der Abschied der beiden ist gar nicht in Worte zu fassen. Das ist für uns schon sehr brutal." Reiner und Mähr sollen in irgendeiner Form im Verein gehalten werden. "Ich fände es schön, wenn Basti Mähr Jugendtrainer werden würde", sagt Wohlfarth.

Ob es so weit kommen wird, weiß Mähr noch nicht. Ganz loslassen kann und will er aber nicht – dazu hat er mit dem FV zu viel erlebt: Aufstieg als A-Jugendlicher mit der U23 in die Landesliga, Aufstieg mit der ersten Mannschaft 2013 in die Oberliga, Verbandspokalsieg 2016, DFB-Pokal gegen den FC Augsburg. "Seit der C-Jugend habe ich mit vielen zusammengespielt, da sind Freundschaften entstanden", sagt Mähr. Der immer wieder genannte starke 1991er-Jahrgang mit Mähr, Reiner, Jona Boneberger, Thomas Zimmermann und Jascha Fiesel bildete jahrelang das Grundgerüst der FV-Mannschaft. "Ich bin zufrieden, ich hatte hier eine wunderschöne Zeit", sagt Mähr.

Dabei stand durchaus mal ein Vereinswechsel im Raum. Der FC Augsburg II hatte starkes Interesse, auch der TSV 1860 München hatte angefragt. "Es hätte mich schon mal gereizt zu sehen, wie weit es fußballerisch gehen kann", meint Mähr. Nach langen Gesprächen mit dem damaligen Sportlichen Leiter Peter Mörth – und auch wegen der besseren beruflichen Perspektive – blieb der Innenverteidiger aber in Ravensburg. "Das bereue ich überhaupt nicht", versichert Mähr. Die Ravensburger wollen Mähr und Reiner noch "gebührend verabschieden", wie es Locher ausdrückt. "So ein Karriereende ohne Spiel ist doch nicht schön." Ob und wann es aber ein Abschiedsspiel geben könnte, steht noch nicht fest. "Ich will jetzt erst mal die freien Wochenenden genießen, Zeit mit der Freundin und der Familie verbringen, in den Urlaub fahren und Tennis spielen", sagt Mähr.

Trainer Steffen Wohlfarth, seit Kurzem auch Sportlicher Leiter der Oberligamannschaft, muss nun zwei Innenverteidiger suchen – denn Bartosz Broniszewski ist zum SC Pfullendorf gegangen. "Wir sind dran, ich hoffe, bald einen neuen Verteidiger hier zu haben", gibt sich der FV-Trainer zuversichtlich. Aus dem bisherigen Kader können auch Manuel Geiselhart und Moritz Jeggle in der Innenverteidigung spielen. "Wir haben interne Alternativen", sagt Wohlfarth. Mähr als Führungsspieler "mit super Ansprachen auf dem Platz und in der Kabine" (Wohlfarth) wird dem Verein dennoch sehr fehlen.

Aufrufe: 012.7.2020, 16:44 Uhr
Schwäbische ZeitungAutor