2024-05-02T16:12:49.858Z

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Auch der Fußball vereint sie: Martina und Friedrich Linder   | Foto: Nagengast
Auch der Fußball vereint sie: Martina und Friedrich Linder | Foto: Nagengast

Fußball ist unser Leben

Menschen und Sport: Trainer, Vorsitzender, Platzwart - Martina und Friedrich Linder haben den TuS Binzen geprägt.

Friedrich Linder gehört zu den Gründungsmitgliedern des TuS Binzen, seit 1969 ist er in einer ehrenamtlichen Funktion für seinen Verein tätig. Ein Leben ohne den Fußball - für ihn und seine Frau nicht möglich.
Als Friedrich Linder der Fußballabteilung des TuS Binzen als Gründungsmitglied beigetreten ist, war Konrad Adenauer noch Bundeskanzler. Das war 1956. Es ist wohl nicht übertrieben, zu sagen: Linder kennt und lebt seinen Verein wie kaum ein Zweiter. Irgendwie ist es immer "sein" Klub geblieben. Groß war die Begeisterung bei dem damals 17-jährigen Fritz, dass endlich auch in Binzen "richtig gekickt" werden konnte. Und er wäre nicht der allseits "Spezi" genannte Tausendsassa, wenn er nicht von Beginn an engagiert Verantwortung im Verein, insbesondere für den Nachwuchs, übernommen hätte. Und: Das ist bis heute so geblieben: Zusammen mit seiner Frau Martina ist er in diesen Bereichen noch heute für den TuS tätig.

"Ich bin nach der Vereinsgründung der A-Jugend beigetreten und war anschließend in der zweiten Mannschaft aktiv, wo man mich gleich zum Spielführer gewählt hat", erinnert sich Friedrich Linder. "Weil sich damals für die A-Jugend niemand fand, hat man mich gebeten, das Training zu übernehmen." Für einen 18-Jährigen, dem einige Jahre zur damaligen Volljährigkeit (21) fehlten, Vertrauensbeweis wie Herausforderung. Auf jeden Fall der Einstieg in das, was Friedrich Linders Lebenswerk werden sollte.

Die Vereinsarbeit und Erfüllung der ihm anvertrauten Aufgaben wurden mehr und mehr zu seinem Anliegen, das er dem "Selber-Spielen" vorzog. "Ich habe nie in der ersten Mannschaft gespielt", macht er keinen Hehl daraus.

"Wird man in einem Verein groß, hängt man an ihm." Friedrich Linder, TuS Binzen

So widmete Friedrich Linder sein ganzes Engagement dem Binzener Fußballnachwuchs. 1969 zum Jugendleiter gewählt, trug er dieses Amt bis 1980 und noch einmal von 1983 bis 1985 als treibender Motor - stets tatkräftig und organisationstüchtig. So initiierte er mit der Fußballjugend 1973 zum Beispiel auch die erste Altpapiersammlung im damaligen Bezirk Oberrhein. Als 1984 die Gründung des Jugendförderkreises erfolgte, geschah dies ebenfalls unter der Ägide von Friedrich Linder.

Sportlich erlebte die TuS -Jugendabteilung in diesem Zeitraum einen enormen Aufschwung: "Bei meiner Amtsübernahme spielten lediglich eine A- und eine C-Jugend im Verein, doch als ich das Amt nach zwölf Jahren abgab, waren wir bis zur E-Jugend komplett vertreten. Und alle, außer der C-Jugend, spielten in der Bezirksstaffel", blickt Linder, der das Training der A-Jugend als Jugendleiter stets selbst leitete, stolz zurück.

"Damit es den Jungen Spaß macht und zur Förderung der Kameradschaft", organisierte er internationale Jugendfußballtreffen mit Turnierspielen gegen Teams aus Paris und Frankfurt. Eine besondere Fußballfreundschaft verband die Jugendabteilung mit der SG Praunheim, dessen Frauenabteilung keine geringere ist als der heutige deutsche Frauenserienmeister 1. FFC Frankfurt. Darüber hinaus unternahm er mit seinen Jungs Mannschaftsausflüge, die unter anderem nach Paris, Wien, Frankfurt und Berlin führten. Mit gemischten Gefühlen denkt er an einen Besuch in Ostberlin, an "die Angst der Buben vor den dort patrouillierenden Vopos" zurück.

Irgendwann wollte Linder es ruhiger angehen lassen, konnte aber nicht. Es gab ja noch die vereinseigene Theatergruppe. Die Leitung und Regie übernahm er am 1. Januar 1986. Bei einer Theateraufführung anlässlich der Jahresfeier 1998 machte er seiner Martina einen Heiratsantrag. Die Hochzeit in Wollbach sei eingroßartiges Erlebnis gewesen. Kein Wunder: Sämtliche Juniorenspieler waren im Fußballtrikot erschienen, ebenso die ehemalige Frauenmannschaft. "Statt der 140 geladenen Gäste kamen 250, und nur ein einziger Kuchen blieb übrig", weiß Martina Linder noch. "Es war ein wahres Volksfest", fügt "Spezi" hinzu. Woher sein Spitzname kommt? "Als wir einmal als Jungen vom Basler Morgenstreich kamen, wurden wir von einem frühzeitig im Stall arbeitenden Bauern gefragt: Wer seid ihr denn? Die Binzener Spezialclique, gab mein Kumpel zur Antwort. Seither nennt man mich Spezi."

Theater war schön und gut, doch irgendwann reichte es ihm nicht mehr. Von 1987 an trainierte er erneut für zwei Jahre die E-Jugendlichen, ehe er mit Martina zusammen auch noch die 1987 neu gegründete Mädchenabteilung für einige Jahre als Übungsleiter übernahm.

"Von den Mitgliedern und der Gemeinde Hilfe erfahren." Friedrich Linder, TuS Binzen

Als es im Jahre 1995 personelle Turbulenzen gab - der TuS stand ohne ersten Vorsitzenden da -, war eine erfahrene und kompetente Person zur Rettung gefragt; Friedrich Linder sollte es richten. "Einige Vereinsmitglieder, allen voran der damalige Bürgermeister Ulrich May, haben mich überredet, zu übernehmen. Und ich habe von der Gemeinde, aber auch von den TuS-Mitgliedern, viel Hilfe und Unterstützung erfahren, um den Verein wieder aufzubauen", sagt Linder rückblickend. Er blieb 15 Jahre an der Spitze, brachte den TuS, den heute Volker Scherer führt, in ruhiges Fahrwasser. Aktuell spielen die Männer in der Kreisliga B.

Nicht unwesentlich beteiligt war seine sportbegeisterte Frau Martina aus Wollbach - eine Fußballspielerin mit Leib und Seele. "Eigentlich hätte ich einen Bub geben sollen", berichtet sie schmunzelnd, "bei den damaligen örtlichen Grümpelturnieren habe ich als einzige Frau bei den Männern mitgekickt." Vermutlich deshalb sei Trainer Gerhard "Teddy" Böhringer von der zu Beginn der Achtziger Jahre äußerst erfolgreichen Binzener Frauenelf, die mehrmals südbadischer Meister und Pokalsieger wurde und im Gründungsjahr der ersten Bundesliga antrat, auf sie aufmerksam geworden.

"Ich habe als einzige Frau bei den Männern mitgekickt." Martina Linder, TuS Binzen

Martina Linder erinnert sich noch mit Herzblut an das Spiel gegen den FC Bayern München vor rund 1700 Zuschauern: "Da haben wir vorher die Spielfeldbande gestrichen, die Linien gestreut und unsere verschmutzte Wäsche hinterher selbst gewaschen." Weil der seinerzeitige Kader nur aus 24 Spielerinnen bestand, schnürte die damals 25-jährige Mittelfeldspielerin noch einmal die Fußballschuhe. Obwohl sie eigentlich wegen eines Kreuzbandrisses - damals fast immer das Karriereende - nicht mehr spielen wollte. "Ein halbes Jahr" hängte sie noch dran, "mehr war nicht drin". Die schönen Erlebnisse, die ihr der Fußball vermittelte, möchte sie nicht missen. "Durch Spiele gegen Saarbrücken, Hamburg-Harburg oder Ulm sind viele Freundschaften zustande gekommen. Das hätte ich sonst nicht erlebt." Martina Linder kümmerte sich danach um die E-Jugend und war auch in anderen Funktionen weiterhin für den Verein tätig.

Heute trainieren Martina Linder und ihr Mann Fritz, der mit gut 60 Jahren Vater geworden ist, die männlichen C-Junioren, in der ihr Sohn Jan als talentierter Angriffsspieler kickt. Beide stehen nach wie vor in Diensten des Vereins als Zeug- und Platzwart. "Dazu brauchen wir nicht gewählt werden, das machen wir ohnehin", betonen sie. Wie sagt Spezi Linder? "Wenn man in einem Verein groß geworden ist, hängt man an ihm. Ich mach' das auch heute noch für die Jungen. Wenn ich auf den Kickplatz komme und die Kleinen "Solli Spezi" rufen, gibt mir das was."

Kein Wunder bei so viel Engagement, dass er inzwischen Ehrenvorsitzender des TuS ist und mit der goldenen Verbandsehrennadel sowie der Verdienstnadel des DFB ausgezeichnet wurde. Martina Linder ist TuS-Ehrenmitglied. Die Wände in der Wohnung der Linders zieren viele Ehrenurkunden. Und vor dem Hauseingang sieht man sie stehen: die gefüllten Ballnetze. Das Ehrenamt ist noch nicht zu Ende für die Linders.



Aufrufe: 023.1.2015, 00:00 Uhr
Reinhold Nagengast (BZ)Autor