2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Manuel Baum hat zweieinhalb Jahre die FT Starnberg 09 trainiert. Er hat noch rechtzeitig den Absprung geschafft, bevor das Flaggschiff des Landkreisfußballs unterging. Heute ist der 38-Jährige Bundesligatrainer. FOTO: ANDREA JAKSCH
Manuel Baum hat zweieinhalb Jahre die FT Starnberg 09 trainiert. Er hat noch rechtzeitig den Absprung geschafft, bevor das Flaggschiff des Landkreisfußballs unterging. Heute ist der 38-Jährige Bundesligatrainer. FOTO: ANDREA JAKSCH

Wie viel Starnberg steckt noch in Manuel Baum?

Interview: Der Trainer hat es über die FT 09 und Unterhaching in die Bundesliga zum FC Augsburg geschafft – Vertrag läuft bis 2020

Manuel Baum begann seine Trainerlaufbahn bei der FT Starnberg 09. In der Saison 2009/2010 heuerte der heute 38-Jährige beim damaligen Bezirksoberligisten an. Nach der Beurlaubung von FCA-Cheftrainer Dirk Schuster im Dezember 2016 übernahm der gebürtige Landshuter die Profimannschaft des FC Augsburg und ist seitdem Bundesligatrainer.

Gerne denken Starnberger Fußballfans an Zeiten zurück, in denen die FT 09 für Furore sorgte. Unter Trainer Manuel Baum, 38, spielte das Team 2009 in der Bezirksoberliga, damals die siebthöchste Klasse. Der Fußballlehrer trainiert nun den FC Augsburg in der Bundesliga – während die FT Starnberg ihr Herrenteam abgemeldet hat. Der gebürtige Landshuter erklärt im Gespräch mit dem Starnberger Merkur, warum es seiner Meinung nach mit der FT bergab ging – und warum er sich eine Rückkehr in den Amateurfußball vorstellen kann.

Versetzen wir uns sieben Jahre zurück. Sie haben in Starnberg mit Co- Trainer Milan Lapuh gearbeitet. Haben Sie noch Kontakt?

Mit Milan habe ich noch ab und zu Kontakt. Wir tauschen uns aus, er war ja dann Trainer in Oberalting. In Augsburg ist mir im Stadion mal Felix Link über den Weg gelaufen, der jetzt beim MTV Berg spielt. Er arbeitet bei einem Fernsehsender. Ich verfolge den Amateurbereich weiterhin, vor allem in der Starnberger Ecke. Da kenne ich mich gut aus.

Ihre Zeit in Starnberg fällt bei öffentlichen Auftritten oft unter den Tisch. War die Station bei der FT dennoch wichtig für Sie?

Da habe ich absolut etwas mitnehmen können. Ich habe mit den Leuten aus der Führungsebene super zusammen gearbeitet, etwa mit Abteilungsleiter Olli Bock oder mit dem Vorsitzenden Alexander Specht. Und wir haben noch von der Arbeit von Rudi Hack profitiert, der vieles in Bewegung gebracht hat. Wir hatten eine Besonderheit im Verein: Die erste und zweite Mannschaft haben zusammen trainiert, es war ein großer Kader. Als Trainer konnte ich da viel mitgestalten.

Mittlerweile hat die FT im Erwachsenenbereich nur noch eine Altherrenmannschaft gemeldet.

Es ging dann sehr schnell bergab. Da leidet man mit – ich habe mich ja in Starnberg wohl gefühlt. Es war damals aber vorgezeichnet, dass es hart wird. Es war früher schon schwierig, Sponsoren zu finden und bei dem kleinen Budget gute Spieler zu holen, es kamen wenige Zuschauer. Aber im Nachwuchs hat die FT gute Leute, etwa die Jugendleiterin Katrin Rumland.

Damals fielen Spieler wegen beruflicher Fortbildungen aus, die Weihnachtsfeier des Vereins mussten Sie organisieren. Verglichen mit heute ist das eine andere Welt, oder?

Im Amateurbereich war es für mich als Trainer mehr oder weniger ein Hobby, in der Bundesliga ist es mein Hauptberuf. Man kann in den unteren Ligen aber extrem viel lernen. Wenn Spieler 30 Minuten vor dem Training absagen, ist der Plan über den Haufen geworfen. Da muss man spontan und sehr kreativ sein, braucht Flexibilität.

Auf der Bundesliga-Bühne stehen Sie deutlich mehr im Fokus. Jede Aussage wird seziert. Wie groß war die Umstellung?

Da habe ich mich als Lehrer relativ leicht getan – und ich bin im Fußball schon lange dabei, da bekommt man Routine. Aber als ich das erste Mal im Rampenlicht stand, habe ich mir schon Gedanken gemacht: Was zieht man an, wie will man gesehen werden? Das wird auch in der Fußballlehrer-Ausbildung geschult. Danach weiß man, worauf die Medien schauen und dass man über alles nachdenken muss, auch über Kleidung und Körpersprache.

Welchen Weg wollen Sie dabei verfolgen?

Das Wichtigste ist, dass man authentisch ist. Wenn jemand etwas spielt, merkt das jeder. Ich bin so, wie ich mich gebe.

Wäre es damals eine Option gewesen, länger in Starnberg zu bleiben – wenn das Angebot aus Unterhaching nicht gekommen wäre?

Klar, definitiv. Es war schön in Starnberg, ich habe mich nie um Angebote bemüht. Da war auch der Zufall ein Faktor. Wir hatten eine Siegesserie, dann gab es einen Zeitungsartikel über mich. Heiko Herrlich hat das damals gelesen und mich kontaktiert. Man braucht viel Glück.

Sie gelten als detailversessen. Gab es Dinge, die sich in Starnberg oder Unterhaching nicht umsetzen ließen?

Rückblickend muss ich sagen, dass ich das eine oder andere anders machen würde. Aber ich habe von den Spielern die Rückmeldung bekommen, dass es sehr viel Spaß macht. So, wie ich in Starnberg gearbeitet habe, ist es in Augsburg nur noch teilweise. Vorgefertigte Abläufe für die Offensive haben wir immer noch, aber trotzdem muss man den Spielern Freiheiten geben. Wenn sie zu viele Vorgaben bekommen, fühlen sie sich eingeengt.

Haben Sie da selbst eine Entwicklung durchgemacht? Jonas Hummels meinte, in Unterhaching gab es bei Ihnen für die Spieler wenig Autonomie.

Ja, das stimmt. Es ist ein wichtiger Schritt, ein gesundes Verhältnis zwischen Vorgaben und Autonomie hinzubekommen. Die Spieler sollen sich in einem gewissen Konstrukt selbst bewegen, Kreativität ist wichtig. Diese Mischung bekommen wir in Augsburg gut hin.

Zählen Sie sich selbst zu den so genannten Laptop-Trainern?

Mittlerweile gehören wir doch alle zur Laptop-Generation. Generell gibt es sehr viel mehr Theorie als früher. Man hat mehr Möglichkeiten, auf Daten zurückzugreifen. Aber man darf die Personalführung nicht aus den Augen verlieren. Sonst bringt die beste Theorie nichts.

Sind Sie nun ein Laptop- Trainer?

Ich persönlich finde den Begriff negativ behaftet. Man hat das Gefühl, da gäbe es außer Taktiktafel, Reißbrett und Videoschnittprogramm nichts. Aber das Know-How ist entscheidend – und da kann Technik helfen. Man muss auch mit der Zeit gehen.

Gab es mal Vorbehalte, weil Sie selbst nie in der Bundesliga gespielt haben?

Gar nicht. Man muss eine gewisse natürliche Autorität haben. Der Gegenüber muss das Gefühl haben: Da ist jemand mit Kompetenz. Ich bin mit Herzblut dabei – da ist es egal, wo man mal gespielt hat.

Wie ist der Umgang mit den anderen Bundesliga- Trainern?

Sehr kollegial. Im Spiel fetzt man sich manchmal, da vertritt ja jeder Trainer seinen Verein. Man kann von den Kollegen viel lernen, gerade was die unterschiedlichen Ansätze angeht. Man darf nur nie den Fehler machen und denken, man wäre der Wichtigste. Als Trainer bist du ein kleiner Mosaikstein im Verein.

Gibt es einen Trainer,der Sie besonders beeindruckt?

Jupp Heynckes ist so einer. Der beeindruckt durch seine Seniorität und mit dem Selbstverständnis, mit dem er seine Mannschaft führt. Aber man kann von jedem Trainer etwas lernen.

Als Trainer wurden Sie schon Deutscher Meister – mit dem Team der Walter-Klingenbeck-Realschule. Werden Sie auch mal in der Bundesliga Deutscher Meister?

(lacht) Von solchen Themen versuche ich mich zu lösen. Ich denke nicht darüber nach, was mal sein kann. Ich lebe im Moment und versuche, so gut zu arbeiten, wie es geht. Im Fußball bringt es nichts, langfristig zu planen.

Bei einem Angebot des FC Bayern eines Tages würden Sie aber sicher nicht nein sagen?

Da denke ich überhaupt nicht dran. Ich fühle mich in Augsburg sehr glücklich und weiß das zu schätzen.Ich kann mir das hier sehr gut langfristig vorstellen. Ich weiß nicht, ob es so gut wäre, in der ganzen Welt herumzureisen.

Generation Laptop-Trainer? Wie sein Kollege Julian Nagelsmann (r.) verkörpert Manuel Baum eine neue, bisweilen mit Skepses betrachtete Trainergeneration. FOTO: DPA
Generation Laptop-Trainer? Wie sein Kollege Julian Nagelsmann (r.) verkörpert Manuel Baum eine neue, bisweilen mit Skepses betrachtete Trainergeneration. FOTO: DPA

Können Sie sich die alte Kombination aus Lehrer und Trainer im Amateurfußball noch mal vorstellen?

Warum nicht? Es hat mir als Lehrer sehr gut gefallen, die Arbeit hat mir auch später geholfen. Ende des Schuljahres muss ich entscheiden, ob ich meinen Beamtenstatus aufgebe – seit drei Jahren ruht er. Ich hoffe immer noch auf das Kultusministerium. Mit dem Beruf als Erstliga-Trainer lässt sich schwer planen. Zuletzt hat es Markus Gisdol beim HSV erwischt. Es gibt jedes Jahr genügend Beispiele, wie gering die Halbwertszeit eines Trainers ist. Eine Verbeamtung gibt einem Sicherheit. Die Familie über die Runden zu bringen, ist mir das Wichtigste.

Hätten Sie gedacht, mal in der Bundesliga zu trainieren?

Nie. Für mich war die Regionalliga schon hoch, ganz weit weg.

Wie unterscheiden sich die Spieler aus dem Amateurbereich mit den Profis?

Klar sind die Spieler aus der Bundesliga um einiges besser. Aber vom Menschlichen gibt es nicht viele Unterschiede. Wenn ein Spieler in der Bezirksliga auf der Bank sitzt, ist er genauso wenig erfreut wie ein Spieler in der Bundesliga.

Erleben wir derzeit einen Wandel der Spielermentalität? Dembélé hat gestreikt, Aubameyang fehlte bei einer wichtigen Besprechung – beide wollten so einen Wechsel erzwingen.

Das ist schon ein Problem. Es ist auch grenzwertig, wenn man an ein normales Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in anderen Branchen denkt. Da könnte man sich das nicht erlauben. Aber bei uns in Augsburg gibt es das nicht.

Bei Ihrem Linksverteidiger Stafylidis gab es im Sommer aber Unruhe, nachdem sein Wechsel zum HSV geplatzt war.

Da muss man die Hintergründe beachten. Wir haben vor der Saison vereinbart, dass wir uns zusammensetzen, wenn was kommt. Am Ende des Tages kamen beide Parteien nicht zusammen. Augsburg kann sich nichts vorwerfen, Kosta (Stafylidis, d. Red.) auch nicht. Er hat danach bei uns Gas gegeben.

Er spielt nun aber auf Leihbasis bei Stoke City.

Das hat aber andere Gründe. Er war in der Vorrunde lange verletzt, und wir haben auf dieser Position Topspieler. In der Rückrunde soll er deshalb Spielpraxis sammeln, im Sommer kehrt er zurück.

Im Sommer dürfte Philipp Max die heißeste Personalie werden. Bei einem Wechsel steht eine Summe jenseits der 15 Millionen Euro im Raum – ein komisches Gefühl, mit solchen Summen umzugehen?

Er hat noch bis 2022 Vertrag. Den Rest macht unser Manager Stefan Reuter (lacht).

Das Interview führte Sebastian Raviol.

Aufrufe: 028.1.2018, 17:09 Uhr
Sebastian Raviol - Starnberger MerkurAutor