2024-05-02T16:12:49.858Z

Analyse
Tobias Nitbaur (rechts) ist mit dem FC Donauried noch im Spielbetrieb, nachdem der FC Schwenningen und SC Blindheim-Gremheim ihre Kräfte in einem neuen Verrein gebündelt haben.   F.: Karl Aumiller
Tobias Nitbaur (rechts) ist mit dem FC Donauried noch im Spielbetrieb, nachdem der FC Schwenningen und SC Blindheim-Gremheim ihre Kräfte in einem neuen Verrein gebündelt haben. F.: Karl Aumiller

Die Luft im Fußball wird dünner

Als erster Verein im Landkreis Dillingen meldete sich der FSV Zöschlingsweiler 1993 aus der Punktrunde ab +++ Weitere folgten, zuletzt der SV Bachhagel +++ Wo sich die aktiven Kicker rar machen, helfen vielfach Spielgemeinschaften

Einige Dutzend Anhänger waren es dann doch, dich sich alle zwei Wochen zu den A-Klassen-Heimspielen des SV Bachhagel aufmachten. Sie „dürfen“ sich den Weg zum Sportplatz jetzt sparen, ihr Verein hat nach der vergangenen Saison seine erste Fußball-Mannschaft abgemeldet. Wie schon einige Klubs zuvor. Hauptgrund: Spielermangel.

Die Zeiten von Wirtschaftswunder und Baby-Boom sind längst passé. Diese beiden Phänomene hatten auch dem Fußballsport des Landkreises Dillingen mächtig Beine gemacht. Dem sportlichen Stillstand während des Zweiten Weltkriegs folgte von den späten 40er-Jahren an nicht nur die Wiederbelebung zahlreicher Vereine, sondern auch etliche Neugründungen. Inzwischen ist der Trend gekippt, und auch König Fußball geht etwas die Luft aus. Mannschaften treten nicht mehr zur Punktrunde an, Spielgemeinschaften werden gegründet. Wobei einzuräumen ist: Wer hier jammert, tut dies immer noch auf hohem Niveau. Mit knapp 16.000 Mitglieder stellen die Kicker den weitaus größten Teil der rund 37.000 im BLSV-Kreis Dillingen organisierten Sportler.

Dessen Vorsitzender Alfons Strasser sieht das Hauptproblem im demografischen Wandel samt der geburtenschwachen Jahrgänge: „Wenn es in einem Ort fünf Geburten pro Jahr gibt, braucht man nicht viel über Fußball-Mannschaften nachdenken.“ Auch die Bindung zum Verein „ist nicht mehr wie früher“, sagt der BLSV-Kreischef und sieht seine Vereine zudem in wachsender Konkurrenz zu vielfältigen Freizeitangeboten. Als ehemaliger Lehrer wünscht sich Strasser mehr Rektoren und Lehrer, die auf die Vereine zugehen und gemeinsame Sportangebote für Kinder machen.

Aus der Sicht eines Vereinsfunktionärs beklagt Michael Lang vom SV Holzheim eine zunehmende „Söldnermentalität“ bei Kickern selbst in unteren Klassen: „Einige Vereine bezahlen ihren Spielern etwas, andere nicht.“ Probleme bereiten nach Langs Ansicht auch der Schulstress durch das G8 sowie, dass viele Spieler zum Studium die Region verlassen.

Was macht einen funktionierenden Verein aus? Einige Antworten zu dieser Frage lauten: das Engagement seiner Mitglieder, die Persönlichkeit des Vorsitzenden, kreative Ideen oder außersportliche Aktivitäten. Fußball-Spielleiter Franz Bohmann: „Die Jugendarbeit ist sehr wichtig für die Zukunft eines Vereins. Dazu ein funktionierender Vorstand: gute Beispiele sind hier Roggden oder Villenbach, um nur zwei zu nennen.“

Bis in die 80er-Jahre wurden Vereine „geboren“, etwa der FC Medlingen, SV Wortelstetten, SSV Finningen, SC Mörslingen oder Türk Gücü Lauingen. Der Hochphase hielt bis zum Mauerfall an, den ersten Rückzug seiner Fußballer aus dem Punktspielbetrieb meldete 1993 der FSV Zöschlingsweiler. 2001 folgte der FC Zöschingen – und war damit nicht der letzte Klub, der keine „Erste“ mehr stellen konnte. Der Zustand der „Verblichenen“ reicht von „weiter Jugendarbeit betreiben und hoffen“ bis „das Spielfeld ist jetzt eine Wiese.“ Einige Vereine sind zudem in anderen Sportarten recht vital, etwa der FC Ballhausen und der TSV Ellerbach mit seinen Bogenschützen.

Ballhausen zog im September 2013 erstmals sein Team zurück, wagte 2014 einen Neustart und landete gar den „historischen“ 1:0-Sieg gegen Lokalrivalen Altenberg – nur um den 2015 vorläufig endgültig nicht mehr aufzulaufen. Der TSV Ellerbach war bis 1997 selbstständig, tat sich dann für zwei Spielzeiten mit dem TSV Eppisburg zusammen und machte bis 2014 alleine weiter. In Eppisburg wie Ellerbach rollt der Fußball nicht mehr. Ein buntes Element des Sportbetriebs war in den 70ern und frühen 80er-Jahren Italia Lauingen als Abteilung des FC Lauingen.

Ein Rettungsanker ist vielfach die Spielgemeinschaft ehemaliger Lokalrivalen, etwa beim 2004 gegründeten FC Donauried. Statt im Derby gegeneinander, kämpfen der FC Schwenningen und SC Blindheim-Gremheim nun miteinander. Die SG TSV Unterringingen/SV Amerdingen kickt sogar Landkreis-übergreifend. Oder der „FC PUZ“ als Zusammenschluss des TSV Pfaffenhofen mit dem im April 2017 aufgelösten SC Untere Zusam (TSV Lauterbach, TSV Buttenwiesen) zum FC Pfaffenhofen-Untere Zusam. Bohmann: „Aus drei Vereinen mit sechs Mannschaften ist eine SG mit nur noch zwei geworden.“

Aufrufe: 027.9.2017, 15:56 Uhr
Donau-Zeitung / Günther HödlAutor