2024-03-28T15:56:44.387Z

Interview
Marius Schulze, Trainer und Motivator an der Seitenlinie bei den Frauen des FSV Union Fürstenwalde.
Marius Schulze, Trainer und Motivator an der Seitenlinie bei den Frauen des FSV Union Fürstenwalde. – Foto: Mitsch Rieckmann (2)

"Man wünscht sich wieder mehr Fair Play"

Marius Schulze vom FSV Union Fürstenwalde im Interview.

In unserer Interview-Serie geht es um Torjäger, katzenartigen Schnappern, verrückten Typen und bekannten Gesichtern. Heute: Marius Schulze vom FSV Union Fürstenwalde.
Wieso engagierst du dich beim FSV Union Fürstenwalde?
Ich bin eher per Zufall zurück zu meinen Wurzeln gekommen. 2012 hat unsere Tochter den Wusch geäußert mit dem Fußball spielen anzufangen. Ein weiterer Papa (Heiko Reichardt) mit eigener Tochter kam dazu. Damit waren die E-Juniorinnen gegründet.

Wie läuft es für dich persönlich und wie bei deiner Mannschaft in dieser Saison? Können die gesteckten Ziele noch erreicht werden?
Wir planen in dieser Saison den Umzug auf das Großfeld (Landesliga) für die nächste Spielzeit. Zur Zeit sind wir in der Tabelle (Kreisliga, verkleinertes Großfeld) unter den ersten drei Plätzen. Dort wollten wir hin, vielleicht sogar nach ganz oben. Leider haben wir das nicht mehr selbst in der Hand. Wir sind zufrieden. Vor der Saison konnten wir einen Großfeld-Trainer (Kevin Schübler) mit verpflichten, für unsere Damen-Mannschaft ein echter Zugewinn. Darüber hinaus kamen in der Sommerpause sowie aktuell in der Winterpause neue Spielerinnen in unser Team. Wie erwähnt, basteln wir an unserer Großfeld-Mannschaft. Darüber hinaus sind viele U17-Spielerinnen ins Frauen-Team aufgestiegen und haben sich sofort einen Stammplatz erkämpft. Nicht unerwähnt soll unser Stephan "Steffi" Pötsch bleiben. Er hilft seit Jahren in allen Mädchen-Teams aus, ein feiner Typ. Für die Frauen-Mannschaft unverzichtbar.
Weniger zufrieden sind wir mit anderen Dingen. Vor der Corona-Zwangspause gab es aus unserer Sicht viel zu häufig Spielverlegungsanträge von gegnerischen Mannschaften. Das kann so nicht sein, da wünscht man sich wieder mehr Fair Play. Spielplan ist Spielplan. Wir haben viele Mädels im Kader, die von auswärts anreisen um Fußball zu spielen. Da geht die Laune gen Null.
Des Weiteren habe ich eine gewisse Rohheit im Sport festgestellt. In beinah jeder Partie wird eine Spielerin umgemäht. Das war früher anders. Im letzten halben Jahr trägt auch die Kulisse viel Unruhe auf den Platz, das Ergebnis davon muss nun eine Spielerin von uns am eigenen Leib aushalten. Der bitterste Moment meiner Trainer-Karriere.
Eine große Bitte. Es wäre angenehm, wenn die Schiedsrichter-Kosten für Mädchen und Frauen endlich den Jungen/Herren angeglichen werden. Darüber hinaus sollte auch über eine Erhöhung des Aufwandes nachgedacht werden, in Zeiten von Mindestlohn ist es unzumutbar. Sonst wird sich bald keine(r) mehr der Aufgabe gewachsen sehen.

Was machst du/die Mannschaft während der Corona-Pause?
Unsere Mädels erhalten Trainingspläne. Das hatten wir mit unterschiedlicher Begeisterung schon beim ersten Mal im März bis Mai so gehandhabt. Derzeit dürfen sich die Mädels flexibel fit halten. Wir gehen davon aus, dass unser Team das in gewohnter Art und Weise durchzieht. Es wäre aktuell beinahe Winterpause, da geht man bekanntlich vom Gas.

Wie sollte für dich die Saison weiterlaufen, wenn weitergespielt werden kann?
Ehrlich gesagt würde ich es gut finden, wenn man wieder trainieren und gegeneinander spielen könnte. Egal wie viele Spiele es werden. Jedes Spiel mehr würde mich für unser Team freuen. Wir müssen vordergründig Freundschaftsspiele auf Großfeld bestreiten.

Welches war die schönste/beste Saison deiner Laufbahn?
Als Spieler war die Saison mit der SpG SSV Fürstenwalde/Preußen Bad Saarow (Ü35) schon ganz geil. Am Ende standen wir ganz oben, es gab immer was zu feiern. Toll. Ich erinnere mich immer noch gern an die Typen mit denen du jeden Sonntag gezockt hast. Wir haben als A-Junioren mal einen großen Pokal in Norddeutschland gewonnen. Bredstaedt? Halbstarke ohne Aufsicht, kann man sich ja ausmalen. (lacht) Beziehungsweise haben wir in der Freizeitliga "Gaselan" häufig mit United Westend was gewonnen, dort wurde immer beim Coach gefeiert, was vergleichbares habe ich nie wieder erlebt. Das war eine geile Band. In meiner Trainer-Karriere habe ich leider noch nix Hochkarätiges gewonnen. (lacht)

Gibt es ein oder mehrere Spiele, die du nie vergessen wirst?
Unvergessliche Spiele/Momente meiner Mädchen-Mannschaften gibt es natürlich sehr viele. Ich erinnere mich zum Beispiel an unser jährliches Holland-Turnier. Unsere Nummer sechs Nessa zimmerte eine Direktabnahme mit dem linken Schlappen in den Torwinkel, selbst der englischer Trainer meinte "ÄÄmäääähzing", hat der wohl, wie wir, auch noch nie gesehen.
Oder unser B-Juniorinnen Pokalspiel gegen den RSV Eintracht. Wir hatten mit Gini die beste Spielerin auf dem Platz. Keine Ahnung wie viele Bälle sie gehalten hat, aber sie hat uns "fast" im Alleingang die nächste Runde beschert. Unsere Perle Nadine und unsere Keeperin Maya haben uns gegen Victoria Seelow letzte Saison die drei Punkte beschert. Das ganze Team feierte und die Seitenlinie holte Nadine gleich mit ab. Unsere Nummer 15 Lilli hat gegen Südstern Senzig per Seitfallzieher unsere Farben zum Sieg geführt.
Einen Treffer von unserer Tochter in Senzig beim Nachtturnier. Schöner doppelter Doppelpass und humorlos ins Dreiangel gepfeffert. Der erste Treffer von Bea und unserem Turbo Lydi aus der jüngeren Vergangenheit, da kommt das komplette Team zusammen. Das genießt man von draußen, ich könnte ewig weiter machen.

Gibt es Plätze/Stadien, wo du immer wieder gerne spielst?
Na klar, unser Glücksplatz Nummer fünf im Friesen-Stadion. Hier tragen wir unsere Heimspiele aus. Aber die Fuchsberge beim SV Woltersdorf (Kunstrasen) und das Waldstadion von Südstern Senzig sowie das Rau-Stadion von Borussia Belzig sind ganz oben auf meiner Liste.

Bei welchem Verein hattest du deine schönste Zeit?
Es ist ja meine erste Trainer-Station, aber die schönste Zeit ist genau jetzt. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es ein Privileg ist, dieses Team führen zu dürfen. Es macht nach wie vor Spaß mit genau diesem Team und diesen Mädchen zu arbeiten. Es gibt noch so viel, was wir erreichen wollen. Wir kennen uns alle in- und auswendig, das macht uns unter anderem so gut.

Was war die beste Mannschaftsparty, die du je erlebt hast?
Ganz klar: die Meister-Party mit der Ü35. Du meine Güte. (lacht)

Wer ist/war dein Lieblingsgegenspieler?
Ich denke als Keeper ist das schwierig. Ich mochte alle, die mir keine Pille reingedroschen haben. Ist doch verständlich. Klar hat ja jede Mannschaft einen guten Knipser und wenn der keine Bude gegen einen machen konnte, war man ja auch etwas stolz.

Was war die größte Enttäuschung deiner Karriere?
Als Spieler weiß ich es ehrlich gesagt nicht mehr. Als Trainer das Spiel gegen Blau-Weiss Markendorf. Alle aus unserem Team wissen warum.

Wo hast du auswärts nie gerne gespielt?
Auch ganz klar. Als Trainer fallen mir spontan zwei Vereine ein. Zum einem Borussia Belzig und der SV Tauche. In Belzig konnten wir als Juniorinnen trotz guter Auftritte nie gewinnen. Das ärgert schon mächtig. Aber wir haben dort auch mit dem Trainer Olaf Schulz einen echten Sportsmann. In Tauche fühlt sich vieles merkwürdig an.

Hast du einen Lieblings-Schuh?
Mein Lieblings-Laufschuh ist der Gel Kayano beziehungsweise die 2000er Serie von Asics.

Bist du eher der Sommer- oder Winter-Trainingstyp?
Beides gleich, da gibt es keinen Unterschied.

Wer zahlt bei euch die meisten Strafen und warum?
Wir haben keinen Strafenkatalog im Team. Wir setzen auf Gemeinschaft.

Was sind deine Stärken/Schwächen auf dem Fußballplatz?
Es ist schwierig sich selbst zu reflektieren. Zu meinen Stärken zählen meiner Meinung nach, dass ich eine positive Ausstrahlung auf und neben dem Platz habe. Ich denke das ich mein Team gut pushen und coachen kann. Alle Mädels werden bei uns mit Respekt und Höflichkeit behandelt. Ich versuche viele neue Wege um den Mädchen- und Frauen-Fußball zu stärken. Vor allem würde ich mich freuen, wenn der Mädchen- und Frauen Bereich, nicht nur in unserem Verein, den Respekt und den Stellenwert bekommt, den er meiner Meinung nach verdient. Da ist Luft nach oben. Ich probiere darüber hinaus unser Team breit aufzustellen, dass wir einen ausreichend starken Kader für die kommende Landesliga-Saison haben. Zu meinen Schwächen zählt mit Sicherheit "das zu nett sein". Es ist schwierig, aber ich glaube, dass ich in den kommenden Jahren viel dazu lernen kann und muss, wenn wir auf Großfeld spielen. Diese Schwäche werde ich verbessern, abstellen müssen.



Wer ist/war der beste Kicker, mit dem du jemals zusammengespielt hast?
In meiner Jugendzeit gab es sicherlich den einen oder anderen Spieler der herausstach. In meiner Trainer Karriere ist es zu 100 Prozent unsere Kapitänin. Wir haben wirklich gute Mädels die viele Dinge tun können, aber haben nur eine Lilli.

Was läuft bei euch in der Kabine für Musik?
Die Mädels hören echt alles. Stimmgewaltig und textsicher. Gerade nach Siegen gibt es Klassiker. Weit vorne sind Isa und Jasmin, die hängen alle ab.

Welche ist die schönste und welche die schlechteste Sportanlage?
Ganz klar: die Anlage von Union Fürstenwalde. Als wir 2012 als Trainer angefangen haben sahen unser Stadion, das Umfeld, die Infrastruktur und die Trainingsbedingungen noch ganz anders aus. Heute, acht Jahre später, hat sich vieles gewandelt und verbessert. Ein Blick ins Friesen-Stadion lohnt auf jeden Fall. Unter anderem gibt es jetzt ein Jugend-Stadion, die Ausstaffierung der Mannschaften mit Bekleidung (Spiel- und Training) sowie die Trainingsmaterialien. Das sucht in der Region meiner Meinung nach seinesgleichen. In der Umgebung gibt es eine Reihe von schlechten Anlagen, häufig weil das Geld an der Basis/in den ländlichen Regionen fehlt. Echt traurig, weil oft genau da was tolles passiert. Wir haben vor Jahren mit den Juniorinnen in Stahnsdorf gespielt, wirklich grausig. Ich hoffe das sich der Zustand des Sozialgebäudes dort erheblich gebessert hat.

Welche Note gibst du eurer Sportanlage und euren Umkleiden?
Ich würde sagen eine sehr solide zwei.

Spielst du lieber auf Kunst- oder Naturrasen?
Beides hat Vor- und Nachteile.

Was nervt dich am Amateurfußball?
Am meisten, wie oben beschrieben, dass nicht konsequent gespielt werden kann. Die Spielverlegungen, nicht witterungsbedingt, nerven gewaltig. Ich habe eine Zeit lang bei der Gaselan-Liga mitgespielt, da gab es eine einfache Regelung, bei Nichtantritt 0:6 verloren. Dann löst sich meiner Meinung nach das Problem von selbst beziehungsweise sollte auch dann das Sportgericht tätig werden. Es gab schon Vorfälle, dass am Freitag-Abend vom Gegner das Spiel abgesagt wurde, da ist man dann heilfroh. (Sarkasmus) Ich denke es ist an der Zeit, auch mal darüber nachzudenken, wie sich der überrumpelte Gegner fühlt, also wir. Wir haben in dieser Saison drei der ersten vier Spiele verlegen müssen. Auf Wusch des Gegners. Nach der Corona-Krise kann man wieder spielen und dann sowas. Wirklich prima, wir hätten das nicht machen müssen. Aber das Sportgericht freut sich sicherlich, über derart leicht verhandelbare Fälle.

Wer führt die härtesten Zweikämpfe in eurem Kader?
Wir haben ein Trio. Ohne Wenn und Aber Nessa, Lilli und Isabelle.

Wer ist das größte Feierbiest in eurem Kader?
Schwierig. Da gibt es mehrere aussichtsreiche Kandidaten, aber ich denke, das Evgeniia die Nase vorn hat.

Wie sieht bei euch ein idealer Mannschaftsabend aus?
Alle Ladys wieder an Bord und zurück auf dem Platz. Im besten Fall die Meisterschaft mit ner Malsche feiern.

Wann hast du zum ersten Mal FuPa entdeckt und in wie bist du draufgekommen?
Das kenne ich schon ein paar Jahre. Ich bin glücklich mit meinem Team ein Teil davon zu sein. Eine schöne Sache, weil man eine geile Plattform mit Live-Spielen, Highlights, Statistiken, Tore und Tabellen geschaffen hat. Auch die News und Transferbörse sind gut. Wahrlich wie für die Profis. Wäre halt schön, wenn jeder Verein mitmachen könnte, nur gemeinsam eine Macht. Das wäre für alle ein Win-win-Situation.

Wen würdest du gerne in einem Interview bei FuPa sehen? Welche Frage würdest du ihnen stellen?
Auch da gibt es eine lange Liste. Schön wären unter anderem René Geyer (Trainer U15-Juniorinnen Union Fürstenwalde) oder aber auch René Paar (Trainer F1/F2 Union Fürstenwalde). Beide sind sehr lange im Trainergeschäft und haben eine starke Verbindung zum Verein, da beide lange Jahre die Mädchen und Frauen beim FSV Union betreut und trainiert haben. Frage: Wie kann man nachhaltig den Mädchenbereich aufbauen?
Wir haben auch viele tolle Leute kennengelernt und als Freunde/Familie wahr genommen. Da wären Britta Mecklenburg (Frauen-Trainerin Südstern Senzig) und auch Thomas Faber (Arzt Viktoria Jüterbog). Ganz ehrlich beide hatten wir als Juniorinnen, es war immer eine tolle Geschichte an der Seitenlinie. das fehlt heute manchmal merklich. Frage: Wie kann man nachhaltig den Mädchenbereich aufbauen?
Es ist ja so. Frauen- und Mädchen-Fußball machen bei uns immer noch ein sehr kleinen Teil aus. Fußball beschränkt sich in vielen Vereinen und Regionen leider immer noch auf den männlichen Nachwuchs. Das Potenzial Mädchen/Frauen wird viel zu wenig Beachtung geschenkt. Bitte nicht falsch verstehen, aber eine Jungs-Mannschaft gründen ist jetzt nicht das schwierigste Unterfangen, eine Mannschaft mit Mädchen schon eher.

Danke für die aufschlussreichen Worte und alles Gute dir, deiner Mannschaft und deiner Familie.
Vielen Dank für die Möglichkeit des Interviews. Vielen Dank an meine Familie für das entgegengebrachte Verständnis. Das Ehrenamt klaut wirklich viel (Familien-)zeit.

Zum Profil: Marius Schulze

Zum Verein: FSV Union Fürstenwalde

Aufrufe: 016.12.2020, 06:00 Uhr
Mitsch RieckmannAutor