2024-04-23T13:35:06.289Z

Vereinsnachrichten

Urteil mit Beigeschmack

Schriftliche Begründung zum Stammspieler-Schiedsspruch - Kommt neue Spielordnung?

Eigentlich sollte das Urteil des Fußball-Schiedsgerichts zur Stammspieler-Affäre beim FSV Salmrohr für klare Verhältnisse und Richtlinien sorgen. Doch in einigen Punkten bleiben offene Fragen, die zur Verunsicherung bei Vereinen und Verbänden führen.

Zum weiterführenden Bericht „Das ist ein handfester Skandal!“ »»»


Koblenz.
Seit vergangener Woche liegt das schriftliche Urteil des ständigen Schiedsgerichts im Fußballverband Rheinland (FVR) zur Salmrohrer Stammspieler-Affäre vor – inklusive mehrseitiger Begründung . Wie berichtet hatte Anfang der vorigen Woche das Gericht in letztmöglicher Instanz zwei Urteile von Kreis- und Bezirksspruchkammern aufgehoben und ein Fußball-Kreisliga-Spiel aus der Vorsaison zwischen der zweiten Mannschaft des FSV Salmrohr und dem SV Monzelfeld (Antragssteller beim Gericht) zugunsten des SV Monzelfeld gewertet. In der Folge wurde deswegen der Abstieg einer dritten, indirekt beteiligten Partei, der SG Binsfeld/Landscheid/Niederkail, ungültig und die Kreisliga A Mosel musste – nach Saisonstart – um eine Mannschaft aufgestockt werden.

Die beteiligten, vor allem die Kreise und der jetzt abgeurteilte Fußballverband, hatten vor allem auf Klarheit durch die Gerichtsentscheidung gehofft: Wie müssen Kreis oder Verband entscheiden, wenn ein Verein eigentlich einem übergeordneten Verband angehört und dort eine in wesentlichen Punkten andere Spielordnung gilt? Immerhin ist diese Frage durch das Gericht tatsächlich geklärt, auch wenn man beim Verband dem nur mit Kopfschütteln begegnet.

Laut Urteil gilt für Mannschaften, die in einer Liga des Fußballverbandes Rheinland spielen (also Kreisliga, Bezirksliga oder Rheinlandliga), ausschließlich die Spielordnung dieses Verbands. Eine Spielordnung eines in der Verbandsstruktur höher angesiedelten Verbands – in diesem Fall die des Fußballregionalverbands Südwest, dem der FSV Salmrohr aufgrund seiner Oberliga-Teilnahme angehört – ist laut Urteil nicht übergeordnet. Der FVR lege alle (das Wort „alle“ ist im Urteil hervorgehoben) Vorraussetzungen und Regularien für die von ihm veranstalteten Spiele verbindlich fest.

Heißt im Klartext: Bestimmungen und Entscheidungen aus dem Regionalverband sind im FV Rheinland nicht von Bedeutung. Das führt zu Problemen und großen Missverständnissen mit möglicherweise drastischen Folgen – wie man am Fall Salmrohr nun sieht.

Norbert Weise, Rechtswart des Fußballverbands Rheinland und in dieser Funktion quasi auch Verlierer des Rechtsstreits, sagt: „Es geht um den Grundsatz der Verbandsautonomie. Wir als Fußballverband müssen den erlaubten Einsatz von Stammspielern regeln. Das tun wir auch sehr detailliert. Aber ob ein Spieler wirklich Stammspieler in einer höheren Klasse in einem anderen Verband ist, dass können wir doch nicht entscheiden. Das ist in diesem Fall Aufgabe des Regionalverbands.“ Und der habe entschieden, dass es sich bei den beiden vom FSV Salmrohr II eingesetzten Spieler im Monzelfeld-Spiel eben nicht um Stammspieler der Obelrigamannschaft handelte.

Ein Verein kann sich also nicht mehr auf die Aussagen beispielsweise des Oberliga-Spielleiters zu einer Stammspieler-Eigenschaft verlassen, denn im anderen Verband ist sie laut Urteil gar nichts wert.

Der SV Monzelfeld als Gewinner sieht die Sache von anderem Standpunkt. Vorsitzender Christian Schell sagte im Gespräch mit unserer Zeitung vergangene Woche: „Der FSV Salmrohr war der einzige Verein im Spielkreis Mosel, der durch die andere Spielordnung diese Spieler hätte einsetzen dürfen. Das war eine Wettbewerbsverzerrung. Jetzt herrscht endlich Klarheit.“

Ohne es auszusprechen, lässt unterdessen Norbert Weise durchblicken, was er von dem Urteil hält: offenbar nichts.

„Wir als Verband haben dieses Urteil hinzunehmen“, sagt er weiter.

Die Rechtsgremien im Fußballverband Rheinland würden nun darüber beraten, wie sie mit dem Urteil umgingen. Als mögliche Konsequenz stehe eine Änderung der Spielordnung im Raum. „Wir müssen überlegen, ob wir unsere Spielordnung an die der anderen Verbände im Südwesten anpassen, um eine einheitliche Regelung und Entscheidungssicherheit zu gewährleisten“, sagt Norbert Weise.

Vielleicht werden die Punkte, um die nun monatelang gestritten wurde, also bald aus der Spielordnung gestrichen ...


Hintergrund

Zum Urteil: In der Sache hat das ständige Schiedsgericht im Fußballverband Rheinland einem Antrag des SV Monzelfeld entsprochen und zwei Urteile vorangegangener Instanzen im FVR aufgehoben. Der SV Monzelfeld hatte den Antrag gegen den Fußballverband gestellt, dessen Spruchkammern zuvor gegen den SV Monzelfeld entschieden hatten und eine Spielwertung des A-Liga-Spiels SV Monzelfeld gegen FSV Salmrohr II vom 1. Mai 2016 zugunsten des SV Monzelfeld abgewiesen. Monzelfeld argumentierte, ein bzw. zwei Stammspieler der ersten Salmrohrer Mannschaft hätten unerlaubt an diesem Spiel teilgenommen. Die Kammern sahen keine Stammspieler-Eigenschaft, da sie die Spielordnung des höher gestellten Regionalverbands Südwest als geltende Ordnung anerkannten. Auch der FSV Salmrohr hatte sich zuvor beim Oberliga-Spielleiter versichert, dass die Spieler keine Stammspieler der ersten Mannschaft waren und in der unteren Mannschaft eingesetzt werden durften.

Die Unterschiede: In der Regionalverbands-Ordnung zählen Einsätze in Pokalspielen oder Einsätze in Mannschaften vor einem Vereinswechsel in der gleichen Saison nicht bei der Berechnung der Stammspieler-Eigenschaft. Ein Spieler ist dann Stammspieler einer oberen Mannschaft, wenn er in mehr als der Hälfte der Meisterschaftsspiele (!) dieser Mannschaft eingesetzt wurde.

Im Fußballverband Rheinland aber sind Einsätze in Pokalwettbewerben bei der Berechnung der 50-Prozent-Regel auch zu berücksichtigen. Und auch Einsätze eines Spielers bei einem anderen Verein werden bei einem Vereinswechsel (beispielsweise im Winter) mit zum neuen Verein übertragen, heißt es in der Spielordnung des FV Rheinland.

Die Entscheidung im Wesentlichen: Die Spielordnung des Regionalverbands Südwest ist der Spielordnung des Fußballverbands Rheinland nicht übergeordnet. Die FVR-Ordnung steht eigenständig und kommt für die zweite Mannschaft ohne Rücksicht auf anderslautende Bestimmungen in der Südwest-Ordnung zur Geltung. Daher gilt die Stammspieler-Regelung der FVR, zwei Spieler hätte Salmrohr II nicht einsetzen dürfen. Das Spiel wird zugunsten des SV Monzelfeld gewertet.

Anschuldigung gegen Richter: Der FSV Salmrohr beschuldigt das Gericht, bei der Urteilsfindung einen wesentlichen Fehler begangen zu haben. Eine Berechnung der Anzahl von absolvierten Pflichtspielen des Vereins und eines betroffenen Spielers sei falsch. Die Folge: Bei korrekter Berechnung wäre der Spieler eben kein Stammspieler der ersten Mannschaft gewesen. Aus verschiedenen Gründen werde der Verein das Urteil jedoch auch zivilrechtlich nicht anfechten.

Mehr dazu in unserem weiterführenden Artikel: „Das ist ein handfester Skandal!” »»»



Aufrufe: 029.8.2016, 10:01 Uhr
volksfreund.de/Sven EisenkrämerAutor