2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Spricht Klartext in Sachen Jugendfußball: Marie-Luise Schelhas
Spricht Klartext in Sachen Jugendfußball: Marie-Luise Schelhas – Foto: Salecker

“Der DFB sollte nicht zu sehr einschränken”

Die Kreisjugend-Ausschuss-Vorsitzende Marie-Luise Schelhas im Interview über Kleinfeldfußball-Turniere – das Nachwuchs-Modell von morgen

LAUBENHEIM. Vier Felder à vier Tore. Drei Bambinis spielen gegen drei andere. Insgesamt wuseln an diesem sonnig-heißen Tag in Laubenheim etwa 50 Kinder, verteilt auf zehn Teams, über den Kunstrasenplatz. Es ist das vorerst letzte von drei Pilotprojekt-Turnieren vor der Sommerpause im Fußballkreis Mainz-Bingen. „Funino“ heißt die Spielform, die bei Turnieren auf der Anlage des Kooperationspartners Mainz 05, dann in Frei-Weinheim und schließlich in Laubenheim getestet wurde. Der Turnier-Modus – simpel: Wer ein Spiel gewinnt, rückt ein Feld hoch. Wer verliert, ein Feld runter.

Und schon ganz bald dürfte das Kleinfeld-Spiel Methode machen, das klassische Sieben gegen Sieben an den Fußball-Wochenenden ablösen. Am Freitag, 21. Juni, stimmt das DFB-Präsidium über die Umsetzung eines dementsprechenden Konzepts für den Nachwuchsfußball ab. Was heißt: Schon ab Herbst könnten Kleinfeld-Festivals wie in Laubenheim auch im Fußballkreis Mainz-Bingen zum gängigen Bild werden. Marie-Luise Schelhas hat das Funino-Pilotprojekt mitorganisiert. Die Kreisjugend-Ausschuss-Vorsitzende sieht das Kleinfeld-Konzept für den Nachwuchsfußball als alternativlos.

Auf solche Tore spielen die Nachwuchskicker. F: Salecker

Frau Schelhas, wie fällt Ihr Fazit nach dem dritten der drei Pilotprojekt-Turniere aus?

Ich bin total überzeugt davon, dass die Zukunft des Kinderfußballs in dieser Art zu spielen liegt. Es waren drei wunderschöne Pilotprojekte.

Woran machen Sie fest, dass auch die Kinder das so sehen?

Der Spaß steht im Vordergrund, das ist das Wichtigste. Und ich hatte an allen drei Turniertagen das Gefühl, dass die Kinder großen Spaß hatten. Alleine wenn ich frage, wer alles ein Tor geschossen hat, gehen so viele Hände hoch, es geht ein Jubelgeschrei los und die strahlen alle. Das ist bei anderen Turnierformen nicht der Fall.

50 Kinder, 10 Teams, fünf Felder, 20 Tore. Kann ein solches Event jeder Verein überhaupt organisatorisch leisten?

Wenn Vereine sich entscheiden, ein solches Kleinfeld-Festival zu veranstalten, werden wir sie dabei betreuen und als Fußballkreis mit unterstützen. Von jetzt auf gleich können wir die Vereine damit nicht alleine lassen. Wer das einmal gemacht hat, der sieht aber: So viel Aufwand ist das gar nicht.

Wie viele Helfer, Betreuer und Schiedsrichter braucht man für ein Turnier einer solchen Größenordnung?

Schiedsrichter brauchen wir überhaupt keine. Für die Teams aus vier oder fünf Spielern wird jeweils ein Betreuer benötigt. Und auch der Aufbau ist nicht die Welt. Wir sind mittlerweile eingespielt, da dauert das nur noch 20 Minuten.

Funktionieren der Spiel- und Turniermodus – Gewinner rücken hoch, Verlierer runter – reibungslos?

Klar, das ist für alle neu, deswegen haben wir Trainer und Betreuer vor den Turnieren immer gebrieft. Man muss aber sagen: Die Kids setzen das Spiel fast schneller um als die Trainer. Da gibt es gar keine Probleme.

Sie sind ein Fan des Kleinfeldfußballs. Das sind aber noch lange nicht alle. Wie viel Überzeugungsarbeit ist in den nächsten Monaten noch gefragt?

Da ist ganz viel Überzeugungsarbeit gefragt. Wenn wir das positiv rüberbringen, können wir nach und nach aber Trainer und Eltern überzeugen. Solche Festivals wie in Laubenheim tragen natürlich einen großen Teil dazu bei. Zu Beginn der neuen Saison setzen wir dann auch unsere Workshops fort, in denen wir Trainern und Betreuern das Konzept erklären.

Woran machen Sie denn fest, dass Sie Leute von dem Konzept überzeugt haben?

Wenn wie heute ein Vater zu mir kommt und sagt: „Bitte veranstaltet diese Kleinfeld-Festivals weiter, mein Sohn hatte noch nie so viel Einsatzzeit wie heute“ – dann hat sich unsere Arbeit hier schon gelohnt.

Nur muss man davon ausgehen, dass die, die zu den Turnieren kommen, der Idee eher zugeneigt sind. Wie nimmt man aber die anderen mit?

Die nimmt man auf den Jugendleiter-Sitzungen im Kreis mit. Wenn dort die Jugendleiter das positive Feedback ihrer Trainer, die die Turniere schon kennen, weitergeben, dann multipliziert sich die Begeisterung.

Ein Kritikpunkt ist finanzieller Natur, manche Vereine sorgen sich zum Beispiel um die Finanzierung der neuen Tore...

Diese Tore, die wir hier haben, kosten etwa 100 Euro. Es gibt aber auch andere, da kostet das Paar 58 Euro. Außerdem können die teilnehmenden Vereine ihre Tore ja auch mitbringen. Das bleibt nicht alles am ausrichtenden Verein hängen. Man kann sich gegenseitig helfen.

Einen offiziellen Gewinner der Turniere gab es nicht, das Gewinnen steht nicht im Vordergrund. Für einige Trainer oder Eltern ist aber genau das wichtig...

Ja, klar, wir werden immer Eltern oder Trainer haben, die wir davon nicht überzeugen können. Das ist aber wie mit allem im Leben: 80 Prozent kriegst du, die sagen, wir wollen in der Altersgruppe weniger erfolgsorientiert denken. Aber die, die das tun, wird es auch immer geben.

Wie sollte das künftige Modell aussehen, das der DFB demnächst für den Kinderfußball festzurren will?

Der DFB sollte Raum für Variationen lassen, damit wir hier vor Ort testen können, was für die Kids das Beste ist. Ich hoffe, zum Beispiel, dass wir Spielraum bekommen, was Spielfeldgrößen oder Teamgrößen anbelangt, und man bei den ganz Kleinen vielleicht nur Zwei gegen Zwei spielen könnte. Davon gehe ich aber aus, dass der DFB uns nicht allzu sehr einschränken wird.

Wie lange sollte es diesen Spielraum geben, sprich wann die Testphase für den Kleinfeldfußball abgeschlossen sein?

Das kann ich im Moment schlecht einschätzen. Wie gesagt: Von heute auf morgen wird es nicht gehen. Wir versuchen, von Saison zu Saison immer mehr Trainer und Vereine davon zu überzeugen. Und wenn wir jedes Jahr 20 Prozent mehr Vereine davon überzeugen können, dann ist es vielleicht in drei, vier Jahren so weit, dass man sagt: Wir spielen nur noch diese Spielform. Das würde ich mir wünschen.

Das Interview führte Nils Salecker.

Aufrufe: 020.6.2019, 08:00 Uhr
Nils Salecker.Autor