2024-05-10T08:19:16.237Z

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Ines Appelmann ist die erfolgreichste Schiedsrichterin im SWFV. Die Pädagogin macht sich aber auch in der Ausbildung des Referee-Nachwuchses verdient.	Foto: Mario Luge
Ines Appelmann ist die erfolgreichste Schiedsrichterin im SWFV. Die Pädagogin macht sich aber auch in der Ausbildung des Referee-Nachwuchses verdient. Foto: Mario Luge

Alarmierender Trend

Seit 2015 lassen sich immer weniger Fußballer zu Schiedsrichtern ausbilden – eine Analyse

Alzey. Vielleicht hat Heinz Krollmann den Stein der Weisen entdeckt. Die Vereine müssen zu geringe Strafen zahlen, wenn sie ihr vom Südwestdeutschen Fußballverband auferlegtes Schiedsrichter-Soll nicht erfüllen, sagt der neue Schiedsrichter-Obmann aus dem Kreis Mainz-Bingen. Die Kosten, einen Unparteiischen im Club zu finanzieren, lägen höher als die Strafen, die der Verband aufruft. Klar, dass dann der eine oder andere Verein den Weg dieses geringeren Aufwands geht.

Wie die Ausbildungsstatistik des Südwestdeutschen Fußballverbands zeigt, hat das fatale Folgen. Seit 2015 geht die Zahl der Fußballer(innen), die eine Schiedsrichter-Ausbildung mitmachen, rapide zurück. Es braucht keines Hellsehers, um vorherzusagen, dass der SWFV in Sachen Spielleiter(innen) auf ein großes Problem zusteuert.

Nur Mainz 05 wird seiner exponierten Rolle gerecht

Die Ursachen sind vielfältig, wie sich aus detaillierteren Statistiken und Gesprächen mit den drei Kreisobleuten Krollmann, Kalli Appelmann (Alzey-Worms) und Torsten Bauer (Bad Kreuznach) ergibt. So fällt beispielsweise auf, dass von den führenden Vereinen des SWFV lediglich Mainz 05 und Schott Mainz fleißig Schiedsrichterlehrgänge beschicken. Andere Klubs, wie etwa der 1. FC Kaiserslautern, Alemannia Waldalgesheim oder Hassia Bingen, sind in der Liste abgeschlagen hinten. Wie es besser geht, zeigen kleine Vereine wie Karadeniz Bad Kreuznach, SV Studernheim oder die TG Westhofen.

Obwohl die Mainz-Binger Schiedsrichtervereinigung in den zurückliegenden sechs Jahren verbandsweit die meisten Schiedsrichteraspiranten ausbildete, sieht Heinz Krollmann für sein Zuständigkeitsgebiet noch Luft nach oben. Das lässt hoffen, zumal Aktivitäten dort von Nachhaltigkeit geprägt scheint. Über 60 Prozent der Ausbildungsabsolventen pfeifen auch noch sechs Jahre nach ihrer Prüfung aktiv. Eine ähnlich hohe Quote weist die Vereinigung in Bad Kreuznach auf. Deren Obmann, Torsten Bauer, freut die Quote, denn sie zeige: „Sie ist ein Beleg dafür, dass wir die neuen Schiedsrichter hier im Kreis gut betreuen“. Dennoch wäre es vielleicht eine Analyse wert, warum knapp 40 Prozent der Ausgebildeten dem Schiedsrichterwesen spätestens nach sechs Jahren den Rücken gekehrt haben.

Noch extremer ist die Dropout-Quote in der Alzey-Wormser Vereinigung. Von 116 Referees, die seit 2015 ihre Lizenz erwarben, sind heute nur noch 56 aktiv. Mehr als die Hälfte hat aufgehört, was den zuständigen Obmann Kalli Appelmann nicht wundert. Denn was die nackten Zahlen nicht verraten: Die Alzey-Wormser Schiedsrichter boten zwei Ausbildungen bei schulischen Projektwochen an. So generierten sie zwar einerseits eine hohe Zahl an Azubis. Andererseits machten die Wenigsten mit dem Motiv mit, im Anschluss eine Schiedsrichter-Karriere einzuschlagen. Viele verabschiedeten sich deshalb nach dem Projekt. Andere legten die Pfeife im Lauf der Zeit zur Seite. Vereinzelte aber seien dabei geblieben: „Dies rechtfertigte den Aufwand, den wir betrieben“, reflektiert der Alzeyer.

Schulprojekte könnten Teil der Lösung sein

Diese Auffassung teilt Heinz Krollmann. Er plant, auch an Ingelheimer und Binger Schulen solche Projekte zu initiieren. Und zwar mit Hilfe von Fifa-Schiedsrichterin Ines Appelmann, die nicht nur die erfolgreichste Unparteiische im Südwestdeutschen Fußballverband ist, sondern auch am Gymnasium in Nieder-Olm unterrichtet. Dort habe sie ebenfalls schon ein Schulprojekt organisiert, das großen Anklang gefunden habe, so Krollmann. In solchen Schulkooperationen sieht der Gensinger ein wichtiges Standbein für die Zukunft des Schiedsrichter-Wesens im Fußball.

Eine ebenfalls sehr interessante Beobachtung hat der als Obmann langjährig erfahrene Kalli Appelmann in seinem Kreis gemacht: Die Alzeyer-Wormser Fußballer sind so gut wie nicht für zentrale Schiedsrichter-Ausbildungen des SWFV zu begeistern. Sie mieden Lehrgänge in Edenkoben, als auch die derzeit aktuellen Online-Veranstaltungen, so Appelmanns Eindruck.

Die Alzey-Wormser Vereinigung reagierte mit der Offerte an die Vereine, dezentrale Ausbildungen anzubieten. So verbündeten sich der TSV Gau-Odernheim und der TV Dautenheim, um einigen Mitgliedern den Weg ins Schiedsrichterwesen zu ebnen. Mitmachen konnten auch Fußballer(innen) von anderen Clubs. Appelmann betrachtet diese Aktion als sehr gelungen. Sie müsse jedoch von Vereinen ausgehen: „Solche Initiativen unterstützen wir als Vereinigung sehr gerne“, sagt der Alzeyer, der aber zugleich feststellt: Großes Interesse zeigten die Clubs an dieser Offerte bislang nicht.

Das aber wird sich mutmaßlich in den nächsten Jahren ändern. Wenn die Vereine wollen, dass ihre Spiele von qualifizierten Schiedsrichtern geleitet werden, müssen sie aktiv werden. SWFV und Schiedsrichtervereinigungen können den Mangel alleine nicht beheben.

Aufrufe: 026.2.2021, 14:30 Uhr
Claus RosenbergAutor