2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
– Foto: Henrik Martinschledde

Charlotte Blümel: „Es kommt darauf an, wer mehr Biss zeigt“

FuPa Ostwestfalen hat mit der FSV Gütersloh-Abwehrspielerin gesprochen. Die 17-Jährige hofft auf die Fortsetzung ihrer internationalen Karriere.

Charlotte Blümel, Abwehrspielerin beim Zweitligisten FSV Gütersloh, ist zuversichtlich für das Heimspiel gegen Saarbrücken. Wir haben mit der 17-Jährigen unter anderem über ihre Karriere in der Nationalmannschaft und ihre persönlichen Ziele gesprochen:

Anfang der Woche erfolgte die Wahl von Megan Rapinoe zur Weltfußballerin des Jahres. Hätten Sie auch für sie gestimmt?

CHARLOTTE BLÜMEL: Ich habe natürlich die gesamte Weltmeisterschaft verfolgt und finde die Wahl deswegen sehr gut. Sie will den Frauenfußball voranbringen, aber sie steht für viel mehr als nur Fußball, weil sie sich auch politisch engagiert. Da steckt noch mehr dahinter. Man reduziert sie nicht nur auf Fußball, sondern sie repräsentiert darüber hinaus eine sehr starke Persönlichkeit.

Sie haben ja auch bereits eine internationale Karriere gestartet: Mit dem U17-Nationalteam waren Sie Vize-Europameisterin, und bei der WM in Uruguay sind Sie bis ins Viertelfinale gekommen. Wie soll das weitergehen?

BLÜMEL: Nächste Woche läuft ja die EM-Qualifikation der U19, momentan bin ich nicht dabei. Das ist schade, denn es hat mir großen Spaß gemacht, in diesem Team auf internationalem Niveau zu spielen und mich schon im Training mit den anderen messen zu können. Deswegen hoffe ich, dass ich bald mal wieder berufen werde. Aber das ist natürlich eine Trainerentscheidung.

Das Nadelöhr wird immer enger, und die Konkurrenz wird immer größer, je näher es in Richtung A-Nationalteam geht . . .

BLÜMEL: Das stimmt, deswegen bin ich auch froh, dass ich mich beim FSV Gütersloh so viel in der 2. Bundesliga zeigen und innerhalb der Mannschaft meine internationale Erfahrung weitergeben kann.

Was ist denn Ihr langfristiges Ziel im Fußball?

BLÜMEL: Ich will mich weiterentwickeln und mich auf hohem Niveau messen und in jedem Spiel meine Leistung abrufen. Natürlich möchte ich gerne auch mal in der 1. Bundesliga spielen.

Aber erst einmal steht das Abitur im Fokus?

BLÜMEL: Ja, und danach möchte ich auf jeden Fall nach Amerika gehen und dort für ein oder zwei Jahre Fußball mit dem Studium an der Uni verknüpfen.

Sie kommen aus Telgte und gehen auf ein Gymnasium in Münster. Kam für Sie nicht das FLVW-Internat in Kaiserau in Frage?

BLÜMEL: Das ist eine sehr individuelle Entscheidung, und für mich persönlich kam das nicht in Frage. Aber ich habe hohen Respekt davor, wie dort trainiert wird und ich glaube, dass man dort sehr gefördert wird. Ich finde das Prinzip des Internats richtig gut. Mir war es aber wichtig, weiter zu Hause zu wohnen und noch andere Erfahrungen als Fußball zu machen, und ich wollte damals auch nicht die Schule wechseln.


Um auf den FSV Gütersloh zu sprechen zu kommen: Das Team hat einen relativ schlechten Saisonstart hingelegt. Was war die Ursache dafür?

BLÜMEL: Die Ursache zu finden ist schwierig. Deswegen sind wir alle froh, dass es momentan wieder läuft. Wir hatten zu Beginn schwere Gegner, haben aber auch unser Potenzial, das man in der Vorbereitung schon gesehen hat, nicht gut eingebracht. Die Spiele gegen Wolfsburg und Potsdam haben wir deswegen auch verdient verloren.


Sie hätten als Grund für die 1:2-Auftaktniederlage gegen Wolfsburg anführen können, dass Sie überhaupt nicht eingesetzt worden sind . . .

BLÜMEL: Nein, so eine bin ich nicht. Ich war urlaubsbedingt eine Woche nicht da gewesen und hatte aus persönlichen Gründen eine Woche vorher auch das Pokalspiel nicht bestreiten können. Da hat der Trainer die Entscheidung getroffen, mich nicht fürs Aufgebot zu nominieren, und das war absolut nachvollziehbar. Zum Glück konnte ich mich gut wieder reinkämpfen, konnte mich zeigen und habe meine Chance dann genutzt.

In der vergangenen Saison war die Heimstärke die Grundlage dafür, dass der FSV den Klassenerhalt geschafft hat. Warum ist diese Heimstärke abhanden gekommen?

BLÜMEL: Ich glaube, man sollte stärker betonen, dass wir endlich eine Auswärtsstärke entwickelt haben. Letzte Saison waren wir auswärts sehr, sehr schwach – wir waren Vorletzter in dieser Tabelle. Das mal umzudrehen, auch mal in Cloppenburg einen Punkt mitzunehmen, wo wir bisher immer verloren haben, und auch auf Naturrasen erfolgreich zu spielen und einen Schritt nach vorne zu machen, ist sehr wertvoll. Und ich bin guter Dinge, dass unsere Heimstärke aus der letzten Saison nach dem holprigen Start jetzt doch wieder zum Tragen kommt.

Mit dem 1. FC Saarbrücken trifft der FSV am Samstag auf einen speziellen Gegner, und das in zweifacher Hinsicht. Zum einen ist er der künftige Gegner im Achtelfinale des DFB-Pokals. Ist das schon in den Köpfen?

BLÜMEL: Pokalspiele und Ligaspiele sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Wir gehen jetzt erstmal das Punktspiel an. Bis zum 16. November kann sich alles komplett wieder drehen, es herrschen ganz andere Bedingungen: Wir spielen auswärts, auf Rasen, und es ist K.o.-Runde. Trotzdem glaube ich, dass wir mit Saarbrücken einen machbaren Gegner gezogen haben. Die haben zwar ihre Stärken im Tempo nach vorne und im Zweikampfverhalten, aber wenn wir als Einheit auftreten – wie zum Beispiel in Hoffenheim – können wir dagegenhalten.

Der zweite spezielle Aspekt betrifft Sie wahrscheinlich ganz direkt: Mit der polnischen Nationalspielerin Julia Matuschewski kommt die letztjährige Torschützenkönigin der 2. Liga auf Sie zu. Und mit Jaqueline de Backer, die in der Saison 2017/2018 die Torjägerkrone der 2. Liga Süd gewann, hat Saarbrücken noch eine Tormaschine. Ist das eine Herausforderung für Sie?

BLÜMEL: Ich habe schon letzte Saison gegen beide spielen dürfen. Und mit Chiara Loos haben sie noch eine weitere superstarke Stürmerin. Das ist natürlich eine Herausforderung, aber ich persönlich freue mich auf solche Spiele. Da muss man alles rausholen und kann alles zeigen – das macht dann besonderen Spaß.

Ist der FSV am Samstag in der Favoritenrolle?

BLÜMEL: Das kann man nicht sagen. Die hatten auch einen etwas holprigen Start und haben in dieser Saison noch nicht allzu viele Tore geschossen. In diesem Spiel kommt es darauf an, wer mehr Biss zeigt und wer den Sieg mehr will.

Nach zahlreichen Umstellungen ist der FSV zuletzt in Andernach erstmals mit der gleichen Elf wie zuvor in Hoffenheim aufgelaufen. Haben Sie auch das Gefühl, dass sich jetzt eine Truppe gefunden hat?

BLÜMEL: Natürlich merkt man, dass Sicherheit entsteht, wenn man sich aufeinander eingespielt hat. Besonders in der Kette hinten ist das wichtig. Aber im Endeffekt ist es immer wieder eine neue Herausforderung. Nur weil es letzte Woche gut geklappt hat, muss es diese Woche nicht wieder gut klappen.

In der letzten Saison haben Sie mit Lena Lückel zusammen die Innenverteidigung gebildet, jetzt ist die Kapitänin nicht mehr da.

BLÜMEL: Lena kann man nicht auf Anhieb ersetzen. Es war richtig cool, neben ihr zu spielen. Ich habe unheimlich viel gelernt und in meiner Entwicklung profitiert. Da ist schon eine starke Spielerin „von uns gegangen“.

Sehen Sie sich in der Verantwortung, die Führungsrolle zu übernehmen? Oder ist das von einer 17-Jährigen zu viel verlangt?

BLÜMEL: Verantwortung muss jeder auf dem Platz übernehmen. Gerade von hinten heraus kann man das Spiel sehr gut steuern, deswegen muss ich den Mund aufmachen, auch wenn ich erst 17 Jahre alt bin. Das gegenseitige Coachen spielt bei uns im Team aber insgesamt eine große Rolle, jeder probiert dem anderen zu helfen.

Aufrufe: 027.9.2019, 13:30 Uhr
Wolfgang Temme / FuPaAutor