2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Früher war alles besser - beispielsweise wurde auf den geliebten Sandplätzen gespielt.
Früher war alles besser - beispielsweise wurde auf den geliebten Sandplätzen gespielt. – Foto: Thomas Rinke

Früher war alles besser! Oder doch nicht?

Gedanken rund um die geflügelten Fußballer Worte "Früher war alles besser"

Die einen lieben die vielen Legenden rund um den Amateurfußball, sorgen sie doch für Identität, einen Wiedererkennungswert sowie für den ein oder anderen Lacher. Die anderen hassen regelrecht die Geschichte, die besonders dann zum Vorschein kommen, wenn der Abend im Vereinsheim besonders feucht-fröhlich und die Stunde weit fortgeschritten ist, sind sie doch die ewig alte Leiher. Fest steht aber: Egal, ob Landes-, Bezirks- oder Kreisliga - Fußball auf diesem Niveau ist ihn nicht nur wegen den Geschehnissen auf dem Platz so liebenswert, sondern auch wegen den Randerscheinungen außerhalb der 90 Minuten. Ein Klassiker in diesem Zusammenhang sind die geflügelten Worte "Früher war alles besser". Doch ist dem tatsächlich so? Wie viel Wahrheit steckt hinter dieser Phrase?

Klar ist, eine endgültige Antwort auf diese Fragen wird es nicht geben. Zu schwierig ist es einfach, das "früher" sowie das "besser" genau zu definieren. Obwohl es sich bei der Aussage "Früher war alles besser" also um eine subjektive Wahrnehmung verschiedener Generationen handelt, gibt es mindestens zwei Herangehensweisen an den Kern dieser Aussage.

Da sind zum einen die empirisch nachweisbaren Fakten, die ohne Wenn und Aber beweisen, dass früher tatsächlich alles besser war. Der demographische Wandel war noch in weiter, weiter Ferne. Weil es auch noch keine Smartphones und Konsolen gab, traf sich die deutlich größere Anzahl an Kindern und Jugendlichen auf den Bolzplätzen. Ohne WhatsApp & Co. wurde mehr miteinander statt übereinander gesprochen. Fußball war insgesamt alternativlos. In der Folge stellte jedes noch so kleine Dorf eine, wenn nicht sogar zwei Seniorenmannschaften. Spielgemeinschaften waren selbst im Juniorenbereich Besonderheiten.


Vereine werden gewechselt wie die Unterhose



Auch die Spieler an sich waren noch deutlich einfacher gestrickt - wobei dies ausschließlich positiv aufzufassen ist. Die Berichterstattung rund um den Fußball begrenzte sich auf die kurzen Vor- und Nachberichte in der Tageszeitung sowie auf die mit glühender Vorfreude entgegengefieberten Durchsage der Ergebnisse im Lokalradio. Namentliche Erwähnungen kamen einem Feiertag gleich, Zeitungsschnipsel wurden deshalb fein säuberlich ausgeschnitten und archiviert. Freilich, die mediale Weiterentwicklung und die Entstehung von Onlineportalen wie eben FuPa sorgten dafür, dass der Unterhaltungsfaktor rund um den Amateurfußball und somit auch dessen Wertigkeit gestiegen ist. Die größere Medienaufmerksamkeit hat aber auch negative Folgen - Überheblichkeit selbst von A-Klassen-Spielern, überbordende Selbstverliebtheit nach entsprechenden Veröffentlichungen und auch vermehrte Spielerwechsel.

Denn im Gegensatz zu früher ist es inzwischen gang und gäbe, den Verein zu wechseln wie die sprichwörtliche Unterhose. Kann ein mittelmäßig begabter Spieler gerade laufen und fälscht in einem Spiel zweimal den Ball in das gegnerische Tor mit irgendeinem Körperteil ab, hat er sofort bestens dotierte Angebote vorliegen. Dreistellige Monatsgagen sind selbst in den untersten Klassen keine Ausnahme mehr. Freilich, hierbei handelt es sich um eine überspitzte Darstellung des Alltäglichen. Doch mit der Vereinstreue ist es, so ehrlich muss man sein, selbst auf Kreisebene nicht mehr weit her. Und warum haben die inzwischen ins Rentenalter gekommenen Vereinslegenden überhaupt zurecht ihren Status erlangt? Eben weil sie ihrem Club immer treu geblieben sind und über Jahre Leistung gezeigt haben, eben weil sie damals noch selteneren und deshalb privilegierten Lockrufen höherklassigerer Teams widerstanden haben.



Zum anderen gibt es aber natürlich auch die "Früher war alles besser"-Sager, deren Geschichten sogleich ins Reich der Fabeln und Märchen verabschiedet werden können. Dazu zählt allen voran die Mär der scheinbar unendlichen Kondition als Folge von beinharten Trainingseinheiten, nach denen sich die Spieler damals regelrecht sehnten. Dazu gehören auch Sagen von technischen Halbgöttern und nimmermüden Defensiv-Zerstörern, von epochalen Siegesserien und heroischen Kämpfen, von Sandplatz-Schlachten und grenzenloser Trinkfestigkeit nach Erfolgen. Im Gegensatz zur heutigen Fülle an Foto- und Videomaterial haben aber diese Erzählungen durchaus ihre Berechtigung, solange sie nicht widerlegt werden können - also für immer.

Dass sich der Fußball, selbst an der Basis, deutlich weiterentwickelt hat, ist hingegen keine neue Erkenntnis. Konnten die Gründungsväter vieler Vereine in den 50er- und 60er-Jahren nicht mal das Wort "Viererkette" buchstabieren, verteidigen inzwischen selbst in der A-Klasse viele Mannschaft raumorientiert. Die Zeiten des "Liberos", der "Mittelläufer" und "Manndecker" sind größtenteils vorbei. Neben dem technisch-taktischen Fortschritt hat sich auch das Körperbewusstsein zum Besseren gewandelt. Aus "Laufen bis zum Kotzen" sind mittlerweile Intervall-Training und Konditionseinheiten mit dem passenden Puls geworden.

Wie bereits eingangs erwähnt, lässt sich die Frage, ob früher wirklich alles besser war, leider nicht komplett beantworten. Weil vieles nicht beweisbar ist oder einiges im Bereich der Subjektivität einzuordnen ist. Nichtsdestotrotz geben wir die Suche nach Antworten gerne an Euch weiter: War früher alles besser?

Aufrufe: 03.8.2020, 06:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor