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Herr Augenthaler, Jogi Löw bleibt nun doch Bundestrainer bis mindestens zur EM 2021. Die richtige Entscheidung?
Es steht mir nicht zu, das zu beurteilen. (macht eine Pause - und ergänzt dann doch) Jogi Löw hatte sehr erfolgreiche Jahre, aber zuletzt schien etwas der Wurm drin zu sein. (überlegt) Ich denke mal, die Verantwortlichen haben sich zu diesem Thema ausführlich Gedanken gemacht und dann eben so entschieden.
Sind Sie - im Gegensatz zu vielen Deutschen - noch Fan der Nationalelf?
Ja, sicherlich.
Schauen Sie auch Testspiele und Nations League?
Ja, schon - vor allem in der Corona-Zeit. (schmunzelt)
Die Nationalmannschaft, zu Ihren Zeiten der Stolz der kompletten Bundesrepublik, ist mehr und mehr zu einer Nebensächlichkeit verkommen. Mit welcher Gefühlslage nehmen sie diesen Absturz wahr?
Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Um was es beispielsweise bei der Nations League genau geht, kapieren viele Leute schlicht und einfach nicht. Dieser Wettbewerb ist - vielleicht genauso wie die Champions League - zu aufgebauscht. Aber gut. Es ist so, wie es ist. Damit muss man umgehen können.
Was sie können?
Ja.
Der Interessenschwund rund um "Die Mannschaft" hängt wohl vor allem mit den enttäuschenden Ergebnissen zuletzt zusammen.
Das ist mir zu einfach. Aus meiner Sicht bewertet man das 0:6 gegen Spanien über. Wir haben gegen die Ukraine gewonnen, die wiederum die Spanier besiegt hatten. Wir haben keine schlechte Truppe. Ansätze sind durchaus erkennbar. Geht man aber ins Detail und sucht bewusst nach Fehlern, findet man in jedem Spiel welche. Dass fernab dessen Stimmen nach den ausgebooteten Müller, Boateng und Hummels laut werden, damit konnte man fast rechnen.
Würden Sie denn diese drei Spieler wieder einladen?
Es wäre keine Schande, sie wieder zu nominieren, weil deren Leistungen stimmen. Einen Fehler einzugestehen ist eine Stärke. Aber es ist letztlich nicht eine Entscheidung, die ich treffen muss.
Wir haben ja - auch ohne Müller, Boateng und Hummels - nach wie vor einige Weltklasse-Spieler in unseren Reihen...
Man sieht es bei erfolgreichen Teams, dass man eine Achse braucht. Erfahrene Leute, die das Spiel bestimmen, die die rechte Hand sind vom Trainer, sind maßgeblich. Unsere Nationalmannschaft ist derzeit sehr jung. Ich sehe in der Verteidigung deshalb keinen, der das Spiel lenken und führen kann. Bleiben dann noch die Ergebnisse aus, macht sich Unsicherheit breit. Klar haben wir noch andere Weltklasse-Spieler. Aber eine gute Mannschaft braucht eine gute Mischung - und die stimmt aktuell wohl nicht.
Wie war das bei Ihnen?
Ich habe diesen Rhythmus lange genug mitgemacht. Irgendwann macht der Kopf nicht mehr mit - und dann wollen auch die Beine nicht mehr. Das sieht man derzeit bei den Bayern. Vor ein paar Wochen haben sie ihre Gegenspieler noch locker-leicht abgelaufen. Jetzt kommen sie zu spät, und müssen in den Zweikampf. Und dann ist die Verletzungsgefahr logischerweise größer.
Weitere Nebenkriegsschauplätze sind die auslaufenden Verträge von David Alaba und Jerome Boateng. Wie beurteilen Sie beide Situationen?
Bei Alaba hat der Verein gut reagiert. Diese Feilscherei - Wahnsinn. Wobei diese nicht vom Spieler ausgeht, sondern vom Berater. Deshalb hat Bayern richtig gehandelt, als sie das Angebot zurückgezogen haben. Jetzt liegt's am Spieler.
War das zu ihrer aktiven Zeit anders - oder sind solche Dinge damals einfach nicht so nach außen gedrungen?
Beides (schmunzelt).
Sind beide Verteidiger dem einstigen Weltklasse-Libero zufolge unersetzbar?
Mit Ausnahme von Pele, Maradona und vielleicht noch Beckenbauer ist jeder Spieler ersetzt - selbst der Augenthaler (lacht).
Im zweiten Teil des Exportschlager-Interviews erinnert sich der ehemalige Weltklasse-Libero an die siegreiche WM 1990 und ihre dramatische Vorgeschichte. Außerdem blickt "Auge" auf seine Zeit beim SV Donaustauf und auf seinen Heimatverein, den FC Vilshofen.