2024-04-24T13:20:38.835Z

Analyse
Viktoria-Kapitän Mike Wunderlich Fotos: Dahmen
Viktoria-Kapitän Mike Wunderlich Fotos: Dahmen

Eroberer vor den Ruhepolen

Der FC Viktoria Köln blickt erneut auf eine durchwachsene Saison zurück - eine Einzelkritik

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Köln. Einmal mehr blickt Fußball-Regionalligist FC Viktoria Köln auf ein wechselhaftes Jahr zurück: Den Aufstieg verspielten die Höhenberger erneut frühzeitig, immerhin zogen sie aber in die zweite Runde des DFB-Pokals ein und siegten im Mittelrheinpokal-Finale gegen den ewigen Rivalen Fortuna Köln nach Elfmeterschießen. Eine Einzelkritik der Spieler, die am häufigsten zum Einsatz kamen:

Nico Pellatz (Torwart/29 Jahre/32 Liga-Einsätze): Viktorias Schlussmann absolvierte trotz einiger Verletzungen eine überzeugende Saison, lediglich beim 0:6 im DFB-Pokal gegen Bayer 04 Leverkusen wirkte der gebürtige Berliner etwas wacklig. Kaum zu glauben, dass sein ehemaliger Trainer Tomasz Kaczmarek vor der Saison einen offenen Zweikampf mit Ersatztorwart Alexander Monath proklamiert hatte.

Alexander Monath (Torwart/22/5): Konnte sich kaum beweisen, weil Pellatz schlicht der bessere Keeper ist. Wenn Monath dann doch einmal zum Einsatz kam, war ihm seine mangelnde Wettkampfpraxis deutlich anzumerken — zum Beispiel beim 1:2 gegen Wiedenbrück Ende April.

Daniel Reiche (Innenverteidiger/28/32): Startete aufgrund einer Zerrung erst am sechsten Spieltag in die Saison. Begann ungewohnt fahrig und unkonzentriert, steigerte sich jedoch und entwickelte sich fortan zu Viktorias Lebensversicherung in der Abwehr-Zentrale — wie eigentlich immer in den vergangenen Jahren.

Markus Brzenska (Innenverteidiger/32/24): Den Ex-Profi von Borussia Dortmund hatte eigentlich niemand so recht auf dem Zettel, als es um die Verteilung der Stammplätze ging. Brzenska avancierte jedoch zum Ruhepol, offenbarte eine überragende Zweikampfstärke und konnte auch seine Schnelligkeitsdefizite mit Routine übertünchen.

Tobias Haitz (Innenverteidiger/24/15): Kam mit erheblichen Vorschusslorbeeren vor der Saison vom holländischen Ehrendivisionär NEC Nijmegen nach Höhenberg, gelangte aber am Duo Reiche/Brzenska kaum vorbei. Wurde vom Sportlichen Leiter Stephan Küsters als „Führungsspieler” geadelt, zeigte diese Tugend jedoch nur ansatzweise und wird gehen.

Michael Lejan (Außenverteidiger/33/30): Dem Belgier entwischten im Herbst seiner Karriere zwar ein ums andere Mal seine flinken und jungen Gegenspieler, eines war dem Linksverteidiger aber nie abzusprechen: die Einstellung. Wird sich mit Zugang Sascha Eichmeier demnächst ein Duell um einen Stammplatz liefern.

Roberto Guirino (Außenverteidiger/24/5): Der Neuzugang muss sich nach nur einem Jahr schon wieder nach einem neuen Klub umsehen, weil er andauernd verletzt war. Immerhin erwischte er beim Sieg gegen Union Berlin in der ersten Runde des DFB-Pokals im August einen Sahnetag und war maßgeblich am 2:1-Erfolg gegen die Köpenicker beteiligt.

Patrick Koronkiewicz (Außenverteidiger/25/19): Ist vermutlich der schnellste Spieler im gesamten Team, konnte diese Geschwindigkeit aber kaum einmal auf den Platz bringen, weil er zu selten eingesetzt wurde. Wirkte mutlos und kam erst am Saisonende besser auf die Beine. Wird seinen Vertrag dennoch verlängern.

Dennis Malura (Außenverteidiger/31/26): Auch ein ehemaliger Profi, der nach nur einem Jahr schon wieder gehen wird. Wurde Koronkiewicz in der Regel zwar vorgezogen; abgesehen von einem Traumtor in der Partie bei der SSVg Velbert absolvierte Malura aber allenfalls eine solide Spielzeit.

Claus Costa (Verteidiger/31/22): Absoluter Führungsspieler, der jedoch nicht so abgeklärt agierte wie in der Saison zuvor. Schoss einige Böcke im Abwehrzentrum, bleibt dem Verein aber als Co-Trainer erhalten, weil er ein überragendes Standing im Team und viel Ahnung vom Fußball hat.

Edwin Schwarz (Mittelfeld/21/23): Der gebürtige Bayer entpuppte sich als wertvollster Neuzugang, spielte auf der Position im defensiven Mittelfeld abgeklärt und trotz seines jungen Alters mit viel Umsicht. Hat seinen Kontrakt um ein Jahr verlängert.

Lukas Nottbeck (Mittelfeld/27/28): Ist zwar immer noch nicht der Nottbeck, der vor einigen Jahren Fortuna Köln als Kapitän auf das Feld führte und einst bei jedem Gegner angesichts seiner Physis Panik auslöste — deutete in diesem Jahr aber immerhin an, dass er auf dem Weg zu alter Stärke ist. Stets motiviert und ein wichtiger Balleroberer der Kölner.

Tim Jerat (Mittelfeld/34/18): Ein Seuchenjahr für den Neuzugang, der das Herz in Viktorias Mittelfeld bilden sollte. War ewig verletzt und brachte es deshalb nur auf 18 Einsätze in der Liga. Ob Jerat noch einmal zu alter Form zurückfinden wird, ist eine durchaus spannende Frage.

Mike Wunderlich (Mittelfeld/30/25): Der Kapitän war auch viel zu häufig verletzt, brachte es trotzdem auf elf Tore und zwölf Vorlagen. Mit ihm steht und fällt nach wie vor das Kölner Offensivspiel — es wird Zeit, dass der ewige Viktorianer Entlastung bekommt.

René Klingenburg (Mittelfeld/22/29): Verpasste aufgrund eines Wadenbeinbruchs den Saisonstart und wandelte auf der rechten Außenbahn eher stotternd durch das Fußball-Jahr. Offenbarte erst zum Ende hin Präsenz und kann deutlich besser spielen.

Connor Krempicki (Mittelfeld/21/17): Ein Instinktfußballer, der dem Gegner den Ball durch die Hosenträger zaubern kann. Weil es jedoch an Tugenden wie „Einstellung” und „Wille” mangelte, wird der begnadete Techniker die Viktoria ebenfalls verlassen.

Jules Reimerink (Angriff/26/36): An Reimerink scheiden sich die Geister: Kann eigentlich alles, galt vor der Saison als Überfußballer der Regionalliga, agierte aber viel zu häufig phlegmatisch und zuweilen auch etwas teilnahmslos. Der Holländer muss gehen, weil er den ihm zugedachten Unterschied einfach nicht ausmachen konnte.

Florian Heister (Angriff/19/5): Kann noch A-Jugend spielen, durfte aufgrund seines riesigen Potenzials aber immerhin fünfmal Regionalliga-Luft schnuppern. Brach sich im April den Mittelfuß, trotzdem dürfte dem Flügelflitzer eine große Zukunft bevorstehen.

Jules Schwadorf (Angriff/23/19): Jeder Trainer gerät bei Schwadorf in ein Wechselbad der Gefühle: Geniale Momente wechseln sich viel zu oft mit erheblichen taktischen Defiziten ab. Der Ex-Profi ist ein hervorragender Fußballer, aber viel zu verletzungsanfällig und egoistisch. Wird den Klub verlassen.

Fatih Candan (Angriff/26/11): Kam im Winter aus der Türkei zurück nach Höhenberg. Fasste überhaupt keinen Tritt, weil er unfassbare körperliche Defizite aufwies und diese nicht aufholen konnte. Wird aufgrund seiner individuellen Stärke aber wohl wieder ein wichtiger Faktor.

David Jansen (Angriff/28/16): Auch ein Winter-Transfer. Der von RW Oberhausen verpflichtete Sturmtank erwies sich jedoch als Glücksgriff, traf sechsmal in der Liga und stellt sein Ego stets hinten an. Ein absoluter Teamplayer.

Sven Kreyer (Angriff/25/22): Die Verpflichtung von Jansen und Candan bedeuteten den endgültigen Rückschlag für den sensiblen Torjäger, der das Toreschießen offenbar verlernt hat.

Sebastian van Santen (Angriff/20/6): Ein junger Man mit viel Potenzial und großer Abgebrühtheit vor dem gegnerischen Tor. War viel verletzt und hatte Angst davor, nicht an Viktorias Top-Stürmern vorbeizukommen. Spielt künftig bei Fortuna Düsseldorf II.

Aufrufe: 013.6.2016, 08:00 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Oliver LöerAutor